Milliardär Lu Zhengyao war für Ex-Credit-Suisse-Chef Tidjane Thiam der ideale Kunde für die Expansion nach China. Nun ist Lus Kaffeeketten-Imperium zum Ziel von Razzien geworden – und die Grossbank sieht sich mit Kreditausfällen konfrontiert.

Tidjane Thiam, der vormalige CEO der Credit Suisse (CS), hatte in Asien Grosses vor – und Lu Zhengyao war sein «Posterkunde», wie er in der Öffentlichkeit gerne erklärte. Den Gründer der Kaffeehaus-Kette Luckin Coffee – dem chinesischen Pendant zum amerikanischen Anbieter Starbuck’s – habe er in Peking zig Mal zum Essen getroffen, berichtete Thiam an einer Konferenz. Der Milliardär sei ein «Traumkunde» fürs Institut.

Tatsächlich knüpften die Schweizer Grossbank und der chinesische Milliardär über Jahre hinweg enge Bande, die sowohl das Private Banking wie auch die Investmentbank der CS involvierten. Das entspricht dem Anspruch der selbsternannten «Unternehmerbank», die Firmeneigner mit einem ganzen Strauss an Diensten bedienen will.

Imaginäre Umsätze eingebucht

Die Nähe rächt sich jetzt: Luckin Coffee ist in einen riesigen Betrugsskandal verwickelt, und das Engagement beim Konzern droht für die CS zum Kostengrab zu werden, wie die Agentur «Bloomberg» berichtete.

Lu ist in die Betrügereien bei seiner Firma scheinbar selber nicht involviert. Doch das hilft ihm und seinen Geschäftspartnern jetzt wenig: Einzelne Manager hatten die Bücher getürkt und imaginäre Umsätze in der Höhe von 310 Millionen Dollar eingebucht. Das entspricht fast 40 Prozent des Jahresumsatzes.

Mittlerweile haben bereits zwei chinesische Regulatoren Razzien bei Luckin Coffee durchgeführt, um den Machenschaften auf den Grund zu gehen. An der US-Techbörse Nasdaq, wo das Unternehmen letztes Jahr ein flamboyantes Debüt ablieferte, notierte die Aktie zuletzt nur noch zu einem Zehntel ihre Werts zum Jahresbeginn. Anfang April wurde der Handel ausgesetzt.

Rückstellungen für Kreditausfälle verfünffacht

Obwohl westliche Banken wie Morgan Stanley und Barclays Luckin Coffee ebenfalls hofierten, hat der tiefe Fall für die CS besonders schmerzhafte Folgen. Die Rückstellungen für Kreditausfälle in der Region Asien-Pazifik haben sich für die Bank verfünffacht, wie die Quartalszahlen zeigen. Laut der Agentur geht ein Grossteil dieser Ausfälle auf das Konto von Lu und seinem Unternehmen. Darunter sind laut Medienberichten auch mit Luckin-Aktien gedeckte Lombardkredite an den Milliardär persönlich von rund 100 Millionen Dollar.

Die CS war zudem die Lead-Bank beim letztjährigen Börsengang in New York und orchestrierte für Luckin Coffee Anleihen im Umfang mehrerer Hundert Millionen Dollar. Dem Bericht zufolge dürfen die Schweizer nun den 500-Millionen-Dollar-IPO des Gesundheits-Startup Wedoctor in Hongkong nicht begleiten. Bei der Bank hat man interne Untersuchungen zum Fall ausgelöst, bei denen es offenbar auch um die Geschäftspraktiken mit chinesischen Firmenkunden geht.

Thomas Gottstein sucht die Scherben zusammen

Der einst so begeisterte Thiam wollte zur Affäre gegenüber «Bloomberg» nicht mehr Stellung nehmen. Vergangenen Februar war er im Zuge des internen «Spygate»-Skandals bei der CS als Chef ausgeschieden. Sein Nachfolger Thomas Gottstein sucht nun die Scherben zusammen. Wie er gegenüber der Agentur ausführte, sei es noch zu früh, um in der Angelegenheit zu entscheiden. An der Strategie in Asien – eine Erbe von Vorgänger Thiam – werde jedenfalls festgehalten.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.64%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.63%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.17%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.06%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.5%
pixel