Ein Bankensystem, das mit digitalen Assets nicht kompatibel ist, sei nicht zukunftsfähig, sagt Marianne Wildi, CEO der Hypi Lenzburg im Interview mit finews.ch. Sie will mehr als die digitalste Bank der Schweiz führen.


Frau Wildi, aus dem eher spontanen Entscheid der Hypothekarbank Lenzburg vor gut zwei Jahren, Schweizer Blockchain- und Krypto-Unternehmen Firmenkonti anzubieten, ist nun eine veritable Krypto-Strategie geworden.

Das ist Ihre Interpretation, ich sehe das anders. Firmenkonten anzubieten hat per se nichts mit Kryptowährungen oder Digital Assets zu tun. Auch Firmen, die im Krypto- und Blockchainbereich tätig sind, sind KMU-Kunden. Wir fällten damals den Entscheid, solchen Firmen die Eröffnung von Geschäftskonti zu ermöglichen, weil wir nicht nachvollziehen konnten, worin für Banken mit einer ausgereiften technologischen Infrastruktur das Problem liegen sollte, über die Herkunft der Gelder im Unklaren zu sein.

Immerhin: Sie hatten damals noch keine Krypto-Strategie, aber der Schritt schuf der Hypi Lenzburg viele Berührungspunkte, aus denen die nun lancierte Digital Asset Plattform als Bestandteil des Finstar-Kernbankensystems entstanden ist.

Ja, wir konnten seit Sommer 2018 extrem viel Knowhow in diesem Bereich dazu gewinnen und das Krypto-Geschäft und die Technologie kennenlernen. Eben weil wir Geschäftskonti für Krypto-Firmen angeboten haben.

«Das ist bisher einmalig»

Wir haben dadurch viele Geschäftsmodelle in diesem Bereich kennengelernt. Da die Hypi Lenzburg eine dezidierte Open-Banking-Strategie verfolgt, haben wir uns laufend gefragt: Wie kann sich die Hypi Lenzburg in diesem Geschäft positionieren? Und ein wichtiges Puzzleteil dazu liefert unsere Finstar-Plattform...

... über die jetzt die Verwahrung von digitalen Vermögenswerten sowie die Tokenisierung von Assets möglich ist. Die Seba Bank kann das auch – und nutzt als Kernbankensystem Finstar. Worin liegt der Nutzen nun für die Hypi?

Die Hypi Lenzburg ermöglichen mit Finstar nun auch Krypto-Dienstleistungen für andere Banken. Dabei können aufgrund der offenen Schnittstellenarchitektur verschiedene Module an Finstar angebunden werden. Taurus als unser Technologiepartner bietet eine Multibank-Infrastruktur – das ist bisher einmalig.

Das bedeutet, dass die Hypi Lenzburg sich mit Finstar noch stärker als IT- und Infrastruktur-Betreiberin positionieren will?

Ja, es ging uns nun darum, das Kernbankensystem Finstar Krypto-kompatibel zu gestalten. Damit wird die Verschmelzung der klassischen und der digitalen Finanzwelt real. Ich bin der Meinung, dass ein Kernbankensystem, das mit digitalen Assets nicht kompatibel ist, auch nicht zukunftsfähig ist.

Wie stehen die Pläne, dass die Hypi Lenzburg selber ein Krypto-Offering lanciert?

Wir haben nichts Konkretes geplant, doch es ist Einiges vorstellbar: Beispielsweise Finanzierungen über Token anzubieten. Das würde einem immer noch traditionellen Kreditinstitut wie dem unseren gut anstehen.

«Das machen wir nicht, dafür gibt es etablierte Anbieter»

Was wir kaum anbieten werden, sind beispielsweise Brokerage-Services für Bitcoin oder andere Währungen. Da gibt es andere, etablierte Player. Wir wollen mit den bisher getätigten Schritten auch herausfinden, welche Bedürfnisse ein Hypi-Kunde im Krypto-Bereich hat.

Sie könnten die Aktie der Hypi Lenzburg tokenisieren...

(lacht) Das habe ich mir auch schon überlegt: Ein Hypi-Token, der die doch etwas schwere Aktie fragmentieren würde. Doch darüber müsste der Verwaltungsrat entscheiden.

Die Tokenisierung von Assets ist heute technologisch kein Problem mehr, und auch die regulatorischen Rahmenbedingungen stehen. Doch gibt es für Token keinen liquiden Markt. Es herrscht teilweise Ernüchterung.

Das ist richtig. Die dafür notwendige Infrastruktur aufzustellen, ist der nächste Schritt. Und ich hoffe, dass dieser in unserem Ökosystem stattfindet...

Das klingt nach einem bereits ausgereiften Projekt.

Ich kann zu diesem Zeitpunkt nicht mehr dazu sagen.

finews.ch hatte 2016 die Hypi Lenzburg zur digitalsten Bank der Schweiz gekürt. Der Titel blieb haften, aber haben Sie als CEO immer noch diesen Anspruch?

Ich würde sagen, der Anspruch hat sich weiterentwickelt: Wir wollen die Ökosystem-fähigste Bank der Schweiz sein.

Was bedeutet das?

Mit unserer Open-Banking-Strategie wollen wir möglichst flexibel auf Entwicklungen und Innovationen reagieren können, die sich in immer kürzeren Zyklen ergeben.

«Unser Verwaltungsrat ist der Entwicklung voraus»

Gleichzeitig sind wir davon überzeugt, dass im Banking die Wertschöpfungsketten aufgebrochen werden, wobei auch Branchen-Outsider eine entscheidende Rolle spielen. Wenn wir uns als Hypi Lenzburg öffnen, können wir diese neue Wertschöpfungskette flexibel mitgestalten. Dazu dient ein Ökoystem.

Haben Sie keine Mühe, Ihren Verwaltungsrat davon zu überzeugen, das traditionelle Banking experimentierfreudiger zu gestalten?

Nein. Auch der Verwaltungsrat führt regelmässig Workshops zu Themen wie «Kulturwandel», «Transformation» oder «Innovation» durch – wie wir es mit den Mitarbeitern tun. Der Branchenmix in unserem Verwaltungsrat ist sehr gut – schon allein dadurch ist praktisch jeder mit dem Begriff «Ökosystem» und seiner Bedeutung bekannt. Insofern ist der Verwaltungsrat in manchen Belangen den Entwicklungen bei der Hypi Lenzburg voraus.


Marianne Wildi lenkt seit über zehn Jahren die Geschicke der Hypothekarbank Lenzburg, besser bekannt als die «Hypi». Angestellt ist sie dort schon über 30 Jahre. Sie begann als Programmiererin und war später hauptverantwortlich dafür, dass die Bank ihre eigene IT-Plattform entwickelte.

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