Was lange zum Vorteil gedieh, wird jetzt zur Hypothek. Die Credit Suisse muss sich fortan weniger auf den zweiten Teil ihres Namens besinnen. Kein einfaches Unterfangen für den Schweizer CEO Thomas Gottstein. 

Für einmal gab es diese Woche Blumen aus London für die Schweizer Banken, zumindest für die Credit Suisse (CS). Die sonst dem Schweizer Finanzplatz eher kritisch gesinnten Angelsachsen quittierten die Absetzung von CS-Präsidenten António Horta-Osório mit erstaunlich viel Lob und offenbarten dabei auch, dass sie dem gesamten Vermächtnis des portugiesischen Bankers mit einigem Vorbehalt begegnen. Horta-Osório war vor der CS zehn Jahre lang CEO des britischen Geldhauses Lloyds, wo er den Turnaround schaffte, aber auch rund 15'000 Arbeitsplätze strich. Das ist im Vereinigten Königreich unvergessen.

Das Lob aus London ist per se einmal erfreulich, es setzt aber die zweitgrösste Schweizer Bank nun gehörig unter Druck, namentlich deren CEO Thomas Gottstein. Denn an ihm liegt es nun, das Unternehmen – im Sog aller noch ungelösten Probleme – wieder auf Erfolgskurs zu trimmen. Das wird nicht einfach sein, gerade weil die «neue» CS nun sowohl an der Spitze der Konzernleitung (Gottstein) als auch des Verwaltungsrats (Axel Lehmann) zwei Schweizer hat, die im Ausland nicht sonderlich bekannt sind.

Bald eine Hypothek?

Mit anderen Worten: was Anfang dieser Woche noch als Vorteil galt, könnte sich schon bald zu einer Hypothek wandeln. Denn allein mit Swissness – und mag sie noch so begehrenswert sein – ist mittelfristig kein Staat zu machen. Gefragt ist internationales Auftreten. In der Vergangenheit hatte es die CS in dieser Hinsicht gut: Mit den letzten drei CEOs (Oswald Grübel, lebte und arbeitete lange in London), Brady Dougan (war ein typischer Wall-Street-Banker) sowie Tidjan Thiam (ein Kosmopolit sondergleichen) war die CS auf dem internationalen Parkett bestens bedient.

Doch wie steht es jetzt? Zunächst einmal muss Gottstein klarstellen, dass er nicht Teil der Probleme ist, welche die CS derzeit bekundet, sondern der CEO, der sie zu lösen vermag. Zum andern muss er seine schweizerische, bodenständige und bisweilen angenehm bescheidene Art, die ihm in der Vergangenheit sehr zum Vorteil gereichte, etwas zurückstellen. Stattdessen hat er nun die internationale Dimension des CS-Konzerns verkörpern.

International mehr Geltung

Nur so wird es der Bank gelingen, die potenzielle Investorenschaft zu überzeugen, so dass der seit gefühlter Ewigkeit vor sich hin dümpelnde Aktienkurs wieder einmal steigt.

Wie aus dem Innern der CS zu vernehmen ist, hat diese Vorgabe nun oberste Priorität. Es wird also nicht darum gehen, einen Ersatz für Gottstein zu suchen oder die Ernennung Lehmanns zum CS-Präsidenten zu hinterfragen, sondern der zweitgrössten Schweizer Bank in der internationalen Bankenlandschaft deutlich mehr Geltung zu verschaffen.

Modus Vivendi entwickeln

Der CEO wird zu diesem Zweck mit den obersten Vertretern der wichtigsten Institutionen und Leitmedien aus der Finanzwelt (Financial Times, Wall Street Journal, Reuters und Bloomberg) einen Modus Vivendi entwickeln müssen, so dass ihm nicht ständig eine Breitseite der angelsächsischen Journaille droht, sobald ein neues Problem am Horizont auftaucht; vielmehr soll sich ein Diskurs einstellen, in welchem Gottstein sozusagen als «Elder Statesman» wahrgenommen wird.

Im Prinzip so souverän, wie dies andere Banken-CEOs geschafft haben, denkt man etwa an Lloyd Blankfein oder an Jamie Dimon. Letzterer konnte es sich sogar leisten, unlängst über die Kommunistische Partei Chinas zu spassen, ohne dafür gröbere Konsequenzen gewärtigen zu müssen.

Unter diesen Prämissen rückt für die Credit Suisse ironischerweise die Swissness vorderhand etwas in den Hintergrund, gerade weil die bedeutsamen Investorinnen und Investoren im internationalen Kontext aufzuspüren sind, und wo sich die CS in den nächsten zwei Jahren vor allem bewähren muss – als respektiertes Geldhaus in der Hochfinanz.

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