Die Veröffentlichung von gestohlenen Bankdaten der Credit Suisse durch ein Enthüllungs-Netzwerk wirft Fragen auf – nicht zuletzt zur Pauschalität des Angriffs gegen die Schweizer Bank, findet finews.ch.

Gemäss den Medienberichten zu den «Suisse Secrets» hat die Bank jahrzehntelang Kriminellen und Korrupten Zugang zu Bankdienstleistungen gewährt, obwohl sie wissen konnte und musste, dass diese Kunden ihre Gelder entweder unrechtmässig erworben hatten oder sie ihrem Fiskus vorenthalten wollten.

Mehr Bauchgefühl als echte Kontrolle

Dass in der Vergangenheit solche Fälle vorgekommen sind, wird in den Berichten nachgewiesen – und ist hinlänglich bekannt. Die «Due Diligence» von früher hatte grosse Lücken, respektive war wohl mehr eine Frage von Bauchgefühl und Opportunität als echte Kontrolle. Seither aber hat sich einiges geändert. Dieser Veränderung wird der Bericht nicht gerecht.

Zudem: Es gibt in der Diskussion darüber, wer ein Bankkonto besitzen darf und wer nicht, eine Analogie zur Thematik der Aktienanlagen der Schweizerischen Nationalbank (SNB). In den «Suisse Leaks»-Berichten werden viele Namen von Kontoinhabern genannt, die nur eines gemeinsam haben – dass sie nicht Schweizer sind. Der König von Jordanien hat mit Rodoljub Radulovic nichts zu tun ausser dass beide als Beispiele für die unmoralische Geschäftspraktiken der CS herhalten müssen.

Analogie zur SNB

Aber: Radulovic ist ein verurteilter Krimineller. Er hat keine Anrecht auf ein Konto in der Schweiz. König Abdullah hingegen ist das offizielle Staatsoberhaupt eines Landes, zu dem die Schweiz sehr gute Beziehungen pflegt und das in einer unruhigen Weltgegend für Stabilität sorgt. Warum er kein Konto bei einer Schweizer Bank besitzen darf, wird in den Berichten nicht erläutert.

Bei der SNB fordert hierzulande vornehmlich die Grüne Partei eine Verschärfung der Anlagekriterien für das Bilanzvermögen. Bislang darf die Nationalbank keine Aktien kaufen von Firmen, welche besonders umweltschädliche Aktivitäten pflegen oder geächtete Waffen herstellen. Gemäss Forderungen sollen diese Kriterien aus politischen und moralischen Gründen viel strikter werden.

Moral und Legalität

Sowohl bei Bankbeziehungen und Investitionen der SNB geht es also um Fragen der Moral und der Legalität. Eine Bank darf per Gesetz gewisse Bankbeziehungen nicht eingehen; diese Vorschriften sind heute strikter als früher. Wenn die CS solche Beziehungen eingegangen ist und nicht aufgelöst hat, wird sie mit der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht in Konflikt geraten (und ist es schon).

Für Beziehungen mit allen anderen Kunden, die eben nicht kriminell, sanktioniert oder geächtet sind, kommt die Moral ins Spiel. Während für die meisten von uns der König von Jordanien nicht zu den Schurken dieser Welt zählt, scheint er dies zumindest für einige zu sein.

Schweiz ist offen für demokratische Vorstösse

Auch der Datendieb hat offenkundig moralische Gründe für seinen Diebstahl angegeben. Er oder sie schreibt, dass das Bankgeheimnis die Korruption befördere und anderen, vor allem ärmeren Staaten das Steuersubstrat entziehe.

Abgesehen davon, dass das Bankgeheimnis auch ganz nützliche Aspekte aufweist und schon einem tiefgreifenden Wandel unterzogen wurde, gilt es festzuhalten, dass die Schweiz, im Gegensatz zu den allermeisten Ländern, für politische und moralische Vorstösse jeglicher Art offen ist. Manchmal werden diese dann angenommen, manchmal nicht. Die Frage der Moral ist dehnbar und subjektiv.

Bislang deutet nichts in den neuen Berichten darauf hin, dass die CS sich zumindest in jüngster Zeit etwas zu Schulden kommen lassen hat. Die Bankbeziehungen zu denjenigen Kunden, die offenkundig in unlautere Aktivitäten verwickelt waren, wurden – wie es scheint – beendet. Was von den Vorwürfen bleibt, sobald sich der erste Sturm gelegt hat, wird sich weisen.

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