Die neuesten Enthüllungen über die Credit Suisse rücken den ganzen Finanzplatz in ein schiefes Licht. Wenn von den Suisse Secrets etwas kleben bleibt, käme das für die Banken zu einem höchst heiklen Zeitpunkt.

Für die Credit Suisse (CS), die sich mit ihrem neuen Dreijahresplan bis 2024 einem Kulturwandel verschrieben hat, ist das Timing der «Suisse Secrets»-Enthüllungen katastrophal. Die Bank, der man nach der Bespitzelung von Mitarbeitenden und dem Mosambik-Affäre mit gutem Grund vorwerfen kann, moralisch abgewirtschaftet zu haben, soll über Jahre Gelder von Potentaten und Kriminellen entgegengenommen haben.

Auch wenn die Grossbank in einer Reaktion auf die «Leaks» darauf verwies, dass der grösste Teil der vorgeworfenen Beziehungen weit in der Vergangenheit liegt, muss sie damit rechnen, dass weltweiten Medienberichte eine Eigendynamik entwickeln – und dass sich daraus handfeste regulatorische und juristischen Risiken entwickeln.

Finma in Kontakt mit der CS

So bestätigte die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) gegenüber finews.ch, dass sie in diesem Kontext mit dem Institut in Kontakt steht. Die Behörde verweist ferner darauf, dass die Einhaltung der Geldwäscherei-Bestimmungen einen «Schwerpunkt der Aufsichtstätigkeit» bildet. Im Jahr 2018 hatte die Finma die CS bereits wegen Mängeln in der Geldwäscherei-Bekämpfung sanktioniert.

Derweil bezichtigt die Bundesanwaltschaft das Institut im laufenden Drogenring-Prozess vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona, einen mutmasslichen Drogenhändler bedient zu haben und operativ mangelhaft zur Abwehr von Geldwäsche aufgestellt gewesen zu sein. Die CS bestreitet diese Vorwürfe. Doch der Tessiner Prozess und die Wortmeldung der Finma zeigen, dass Gelder mit möglicherweise kriminellem Hintergrund zwangsläufig Sanktionen nach sich ziehen.

Wie es auf Anfrage bei der Bundesanwaltschaft (BA) heisst, hat diese ebenfalls Kenntnis genommen von der Medienberichterstattung im Zusammenhang «Suisse Secrets». «Die BA prüft die Informationslage laufend», sagt eine Sprecherin.

Wie die Falciani-Listen?

Dass sich das Enthüllungs-Netzwerk OCCRP nach eigenen Aussagen auf detaillierte Akten zu 18'000 Konten bei der CS stützt, verleiht den «Suisse Secrets» unweigerlich eine Dimension, die auch den gesamten Schweizer Bankenplatz angeht. Gegen dessen vermutete Praktiken richtet sich ja auch ein guter Teil der Vorwürfe. Weil es sich bei den Kundendaten zumindest den Aussagen der CS zufolge zumeist um alte Ware handelt, muss sich noch zeigen, ob das Leck so viel Sprengkraft entwickelt wie seinerzeit die «Falciani-Listen».

Hervé Falciani, der einst als Informatiker bei der Auslandsbank HSBC Schweiz in Genf arbeitete, hatte mit seinem Datendiebstahl dort eine Reihe von Steuerverfahren gegen Schweizer Banken ausgelöst. In den Jahren 2006 und 2007 hatte er Daten von rund 15'000 Kunden entwendet und ausländischen Stellen angeboten – namentlich in Frankreich, Grossbritannien und Deutschland. In den Händen ausländischer Regierungen wurden die Listen zur Basis diverser Verfahren, die teils immer noch nicht abgeschlossen sind.

Daten der «Panama Papers» verkauft

Nicht zu vergessen ist, dass auch Datensätze aus Journalisten-Netzwerken zuweilen zum Verkauf stehen. So hat das deutsche Bundeskriminalamt 2017 den riesigen Datensatz der «Panama Papers» erworben. Dabei handelt es sich um Finanz- und Steuerdaten, die das Recherche-Netzwerk ICIJ im Jahr zuvor aus einem Leck bei der Wirtschaftskanzlei Mossack Fonseca in Panama geschöpft hatte.

Damals zerrten die Enthüller auch die Namen diverser Schweizer Banken ans Licht, die bei der Kanzlei in Panama Firmengründungen für ihre Kundschaft in Auftrag gegeben hatten. Den «Papers» zufolge wurden unter anderem 918 dieser Vehikel über eine CS-Tochter auf den Kanalinseln erstellt.

Wie sich weiter zeigt, kommt dass das neuerliche Leck auch für den Finanzplatz zur Unzeit. So berichtete auch finews.ch, dass das amerikanische Justizministerium (Departement of Justice DoJ) ankündigte, auf Abkommen über die Straffreiheit von Firmen zurückzukommen.

Gefürchtetes US-Ministerium kommt auf Abkommen zurück

Solche Einigungen bestehen auch mit über 100 Schweizer Banken; sie wurden im Rahmen diverser Programmen im US-Steuerstreit getroffen. Vorerst will sich das DoJ Firmen mit Niederlassungen in den USA vorknöpfen – doch eine Ausweitung des Vorgehens darf nicht von der Hand gewiesen werden.

Unglückliches Timing ist es ebenfalls, dass die internationale Organisation zur Bekämpfung von Geldwäscherei, die Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF), just dieses Jahr ein nächstes Länderexamen durchführt. Es drohen wieder graue Listen für jene Staaten, welche den Empfehlungen der FATF ungenügend nachkommen.

Auch hier wird sich zeigen, welche Wirkung die neuesten Enthüllungen um die CS bei der Beurteilung des Swiss Banking entwickeln.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.36%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.81%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.84%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.35%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.64%
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