Sollen Investoren Geld verdienen, wenn sie die Armut bekämpfen? Und was bewirkt Mikrofinanz effektiv? BlueOrchard-Verwaltungsratspräsident Peter Fanconi bezieht im Interview mit finews.ch Stellung.


finews.ch führte das Interview anlässlich einer Reise durch Georgien, zu welcher BlueOrchard eingeladen hatte. Georgien ist einer der wichtigsten Märkte für das Schweizer Mikrofinanzunternehmen. Den ersten Teil des Interviews lesen Sie hier.

Peter Fanconi, BlueOrchard arbeitet im Bereich Mikrofinanz mit der Weltbank und anderen Entwicklungsbanken zusammen. Wie sieht das aus?

Kredite und insbesondere die für die Betroffenen viel sinnvolleren Mikrokredite werden inzwischen als tauglicheres Instrument der Entwicklungshilfe angesehen als das jahrzehntelang gepflegte Giesskannenprinzip, das Zuschüsse und Subventionen verteilt hatte.

Entwicklungsbanken haben ein übergeordnetes Interesse, mit ihren Initiativen auch privates und institutionelles Kapital anzuziehen. BlueOrchard agiert als Schnittstelle und ermöglicht es einerseits privates Geld zu mobilisieren, anderseits geeignete Projekte zu identifizieren, zu investieren und den Impact zu überwachen.

Die International Finance Corporation (IFC) hat kürzlich für die Messbarkeit und das Monitoring von Impact Investing neue Prinzipien und Massstäbe festgelegt. BlueOrchard arbeitet nach denselben Prinzipien und hat bei deren Erarbeitung mitgewirkt.

Die Entwicklungsbank garantiert teilweise für Verluste in Fonds von BlueOrchard. Ist das nicht fragwürdig, dass Steuergelder als Garantie für die Investments von Privaten verwendet werden?

Man muss die Absicht der Entwicklungsbank dahinter verstehen. Sie ist in erster Linie daran interessiert, dass mehr privates Geld in die Bekämpfung der Armut fliesst. Die Weltbank nennt die Summe von 2,5 Billionen Dollar, die jährlich an Investitionen fehlen, um die Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals, SDG) zu erreichen. Mit Ausfallgarantien motiviert die Entwicklungsbank den privaten Sektor zu höheren Investitionen, indem sie mögliche Risiken abdeckt.

Oder eben Steuergelder verwendet...

Richtig, am Ende des Tages sind es auch Steuergelder, die – jedoch in Form von Krediten — zur effektiven Bekämpfung von Armut und der Auswirkungen des Klimawandels sowie konsequenterweise zur Eindämmung von Migrationen verwendet werden. Ich bin davon überzeugt, dass dies eine sehr sinnvolle Art der Verwendung von Steuergeldern ist. Das sieht auch die Weltbank so.

Tatsächlich hat die traditionelle Entwicklungshilfe über Jahrzehnte Hunderte von Milliarden an Steuergeldern ausgegeben und dabei teilweise ernüchternde Resultate erzielt. Afrika gilt dabei als das Beispiel für eine fehlgeleitete Entwicklungspolitik, landete doch der Grossteil der Milliarden in den Taschen von korrupten Eliten. Ein weiterer Effekt der regelmässigen Entwicklungshilfe ist, dass Abhängigkeiten geschaffen und Eigeninitiativen erdrückt werden. 

Es gibt die übergeordnete Diskussion im Bereich Impact Investing und Philanthropie, dass die neue Rolle der Finanzindustrie in diesem Bereich dazu dient, ihre ohnehin schon reiche Kundschaft noch reicher zu machen.

Zunächst: Mikrofinanz-Anlageprodukte sind nicht darauf ausgelegt, ihre Investoren reich zu machen. Zudem bin ich davon überzeugt, dass eine nicht-kommerzielle Entwicklungshilfe wieder zu den Konzepten zurückführen würde, die in der Vergangenheit mehrheitlich gescheitert sind.

Es muss in der Bekämpfung von Armut und Klimawandel von Interesse sein, mehr privates Kapital zu mobilisieren. Ich meine damit nicht nur Philanthropen, sondern vor allem Pensionskassen, Versicherungen und Banken.

Investoren, vertreten auch durch die Generation der Millennials, wollen wissen, wo ihr Geld investiert wird, was es bewirkt und sie wollen eine Rendite erwirtschaften.

Kritiker sagen, es sei ein Armutszeugnis, dass in einer Welt mit so viel Reichtum finanzielle Anreize für Vermögende gesetzt werden müssen, ihr Geld auf diese Weise umzuverteilen.

Diese Kritik ist berechtigt – insbesondere mit Blick auf die steigende Ungleichheit. BlueOrchard bewegt sich genau in diesem Umfeld. In Afrika beispielsweise wird das soziale Gefälle in den nächsten 20 Jahren massiv weiter ansteigen. Dies wird namentlich für Europa Konsequenzen haben, die man sich derzeit noch nicht ausmalen kann.

Sie sprechen die Migration an...

Ja. Klimawandel, demografische Entwicklung und zunehmende Ungleichheit werden in Afrika dazu führen, dass potentiell mehrere hundert Millionen Menschen mit keinerlei Aussicht auf ein wirtschaftliches Fortkommen, Bildung oder Gesundheitsversorgung ihre Heimat in den nächsten 20 Jahren verlassen wollen. Investitionen in Infrastruktur, Bildung, Gesundheitswesen mittels Kredite oder Direktinvestitionen können solche Auswirkungen und entsprechend auch die direkten Folgen dämpfen.

Wie geht BlueOrchard in Afrika vor?

Neben der klassischen Mikrofinanztätigkeit fokussieren wir auf den Aufbau von Infrastrukturprojekten im Bereich nachhaltiger Energien und Abfallentsorgung und im Bildungssektor auf private Schulen. Eine bessere Ausbildung zu ermöglichen, ist aus meiner Sicht der wirkungsvollste Hebel, um die Probleme in Afrika an der Basis anzugehen.

Unser Problem dabei ist: Sogar wir haben Schwierigkeiten, für vorhandenes privates Kapital geeignete Projekte zu finden, da viele afrikanische Länder politisch zu instabil sind und die regulatorischen Rahmenbedingungen nicht gegeben sind. Das ist für viele Investoren der Knackpunkt.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.3%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.79%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.91%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.36%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.63%
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