Banker dürfen in der Corona-Krise mit vollen Händen Geld verteilen – während den Versicherern eine gesalzene Rechnung droht. Die neue Rollenverteilung hat Folgen fürs Image.

Ob die Coronavirus-Pandemie die Wirtschaft so hart trifft wie die Finanzkrise vor zwölf Jahren, ist noch nicht ausgemacht. Ein grosser Unterschied zeigt sich jedoch bereits heute: Im Gegensatz zu 2008 sind die Banker nicht die Buhmänner, sondern die Helfer in der Not.

Vom Bundesrat zur Weitergabe von 20 Milliarden Franken an Notkrediten für krisengeschüttelte Unternehmen auserkoren und von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) mit unlimitierter Liquidität gedeckt, folgen im Lockdown alle Augen den Geldhäusern. Auch Chefbanker spüren den Aufwind: Da scheint es passend, dass die «Schweizer Illustrierte» seine jüngste Homestory dem Credit-Suisse-CEO Thomas Gottstein widmete.

Pandemie, nicht Epidemie

Im Gegensatz dazu muss die Versicherungsbranche zurückstehen, ja gar Kratzer an ihrem Image hinnehmen – die Aufregung um Epidemieversicherungen, die nun die Pandemie partout nicht abdecken, kann als Vorgeschmack auf all die unangenehmen Schadensdiskussionen gelten, die der Assekuranz in den nächsten Monaten noch ins Haus stehen.

Dabei stand es um den Ruf der Schweizer Versicherer bisher wohl um einiges besser als um jenen der Banken. Obwohl die Verwerfungen von 2008 etwa den Rückversicherer Swiss Re hart trafen, vermochte die Branche in der Regel mit Solidität aufzutrumpfen. Dank grosszügiger Gewinnweitergabe galten die Versicherer bei den Investoren als Dividendenperlen – und wenn Sparprogramme unumgänglich schienen wie bei der Zurich, wurden diese in hohem Tempo abgespult.

Im Gärtchen der Banken

Auch punkto Innovation und neuer Firmenkultur zeigten sich die Versicherer zuletzt mindestens so agil wie die Banken. Schweizer Allversicherer bauen an digitalen Ökosystemen und sind etwa beim Thema Wohnen direkt ins Gärtchen der Banken vorgestossen. Dies, während im Finanzierungsgeschäft bereits jede dritte Neuhypothek auf die Bücher eines Versicherers oder einer Pensionskasse geht.

Und obwohl auch Schweizer Assekuranz-CEO lohnmässig nicht darben müssen, stehen stets die Banken im Visier des Bonusdebatte. Auch bei anderen Exzesse des Finanzwesens – Kickbacks, Börsentricksereien, Verschwendungssucht und Übergriffe am Arbeitsplatz – haben allen voran Banker für Schlagzeilen gesorgt.

Nur schnell muss es gehen

Jetzt wendet sich das Blatt. Während Banker bei nicht wenigen KMU als Rappenspalter verschrien waren und generell gemieden wurden – laut SNB fallen 40 Prozent der nicht genutzten Bank-Kreditlimiten auf Kleinbetriebe – können sie jetzt das Geld völlig gefahrlos mit vollen Händen verteilen. Denn der Bund stellt sich als Solidarbürge hinter die Unternehmen und haftet für Kredite bis zu 500'000 Franken zu 100 Prozent. Bei Krediten über 500'000 Franken bürgt der Bund noch für 85 Prozent der Summe.

Damit ist das Swiss Banking auch international gesehen in einer einzigartigen Lage. In Deutschland wird bereits Kritik laut, die Banken würden sich in schlechten Zeiten «wegducken» und Kreditlinien für Firmen in Not eher kappen als sicherstellen, wie die Zeitung «Der Tagesspiegel» berichtete.

Der Druck kommt jetzt von einem anderen Ort: Die Institute sind gehalten, die Kredite innerhalb von 30 Minuten zu sprechen, was gewaltige Anforderungen an die Prozesse und Compliance stellt. Die Grossbank UBS etwa teilte mit, 300 zusätzliche Banker zur Unterstützung des Schweizer Firmenkundengeschäfts abkommandiert zu haben, und hat nach eigenen Angaben 100 neue Roboter aufgebaut, die bei der Bewältigung der Anfragen unterstützen.

Unter verschärfter Beobachtung

Während die Banken also «Gratisgeld» verteilen, zeichnet sich ab, dass die Versicherer einen Teil der Rechnung der Corona-Krise berappen müssen. Bereits stehen sie unter verschärfter Beobachtung der Aufsicht: Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) hat Presseberichten zufolge Gespräche mit Firmen wie Zurich, Swiss Life und Swiss Re aufgenommen, um zu erörtern, wie das Geschäft und die Risiko-Kapitalpuffer der Konzerne einem drohenden Anstieg von Ansprüchen standhalten können. Während die Banken Erleichterungen bei den Eigenkapital-Anforderungen zugesprochen bekamen, ist das Regime des Swiss Solvency Test SST für die Versicherer unverändert.

Die eindringliche Ermahnung der Finma vom vergangenen Donnerstag, bei der Dividendenpolitik Vorsicht walten zulassen, war mindestens so sehr an die Banken gerichtete wie an die Dividendenperlen der Assekuranz.

Anstrengungen zu mehr Kulanz

Auch Anstrengungen zu mehr Kulanz drohen in der Gemengenlage von sich überschlagenden Ereignissen unterzugehen. So haben sich die Versicherer, die zu den führenden Immobilienbesitzern des Landes zählen, teils zu Stundungen von Mieten bereit erklärt.

Der grösste Schweizer Allversicherer Axa, der wegen der Epidemie-Policen mit in die Schlagzeilen geriet, schnürt laut einer Sprecherin an einem Massnahmenpaket, um KMU- und Privatkunden sowie Vertriebspartner in der Situation rund ums Coronavirus zu unterstützen und einen gesellschaftlichen Beitrag zur Bewältigung der Krise zu leisten.

Man kann mit gutem Recht der Meinung sein, dass ein Schaulaufen zwischen Banken und Versicherern in der aktuellen Notlage keinen Platz hat. Doch die Gunst der Stunde – sie schlägt für einmal fürs Banking.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.66%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.5%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.25%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.15%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.44%
pixel