Sind die digitalen Dollars ausreichend mit richtigen Dollars gedeckt? Das ist derzeit das grosse Fragezeichen, etwa beim Stablecoin Tether. Nun hat die US-Notenbank einen bemerkenswerten Bericht generell zu Stablecoins publiziert.

Die US-Zentralbank Federal Reserve (Fed) hat sich in einem Forschungspapier zu Kryptowährungen geäussert, die an den amerikanischen Dollar gebunden sind – sogenannte Stablecoins.

In dem Bericht «Stablecoins: Growth Potential and Impact on Banking» von Gordon Liao und John Caramichael, der ausdrücklich als Diskussionsgrundlage dienen soll, sind zahlreiche positive Aspekte der Stablecoins genannt. So sprechen die Autoren für digitale Dollars bereits von einem Durchbruch, wenn es um Innovationen für die Zahlungssysteme von morgen geht.

Brücke zur Traditionswelt

Wachstumspotential sieht die Fed aber nicht nur beim Zahlungsverkehr, sondern auch beim Liquiditäts-Management oder bei sogenannten Defi-Anwendungen, also beim Anlegen oder Verleihen von solchen elektronischen Dollar-Token.

Auch beim traditionellen Banking finden die US-Notenbanker in Bezug auf Stablecoins Nützliches. So könnten etablierte Finanzinstitute in die Herausgabe von solchen E-Dollar eingebunden werden, aber gleichzeitig würde die angestammte Form der Kreditvergaben eigentlich nicht tangiert. Es dürfte daher über Stablecoins sogar eine Art Brückenfunktion von der digitalen Welt zum Traditionsbanking entstehen, weil die nationalen Währungen über Stablecoins direkt an das Fiat-Finanzsystem angebunden sind.

Wachstum von 500 Prozent

Falls es obendrein zu einer Krise an den Krypto-Märkten käme, könnten die digitalen Dollar sogar als «sicherer Hafen» dienen, was die Autoren ebenfalls äusserst positiv werten.

Genau an dieser Stelle äussert sich die Fed allerdings auch kritisch: Das Volumen von Dollar-Stablecoins sei im September 2021 bereits auf rund 130 Milliarden Dollar gestiegen — immerhin ein Wachstum von rund 500 Prozent in nur einem Jahr. Das sind Beträge, die im Finanzsystem nicht mehr ignoriert werden könnten.

USDC, Tether & Co. würden zudem auf verschiedenen Blockchains dezentral sowie zentral über die unterschiedlichsten Plattformen gehandelt, und je nach Angebot und Nachfrage könnten sich in Stresssituationen durchaus enorme Schwierigkeiten ergeben, den Wert zum Dollar aufrechtzuerhalten.

Antizyklische Nachfrage als Problem

Anhand von früheren Krypto-Krisen zeigen Liao und Caramichael auf, wie stark die Abweichungen vom tatsächlichen Wert des Dollar bei den bekanntesten Stablecoins Tether, USD-Coin oder Binance USD gewesen sind. Das Problem sei eigentlich die antizyklische Nachfrage. Mit einer passenden Regulierung könnten jedoch die grössten Hürden in Griff bekommen werden, schreiben die Autoren weiter.

Doch um all die Risiken einigermassen steuern zu können, so das Fazit, müssten die digitalen Dollar auch ausreichend mit richtigen Dollar gedeckt sein. Und genau das ist derzeit das grosse Fragezeichen etwa beim Stablecoin Tether – weil niemand so genau weiss, ob die 100-prozentige Bedeckung mit richtigen Dollar auch tatsächlich gegeben ist.