Der britische Botschafter in der Schweiz und Liechtenstein, James Squire, hat sein neues Amt im Januar angetreten. Im Vorfeld der Veranstaltung UK-Swiss Financial Services Exchange am Donnerstag in Zürich erklärte er finews.ch, wann Grossbritannien und die Schweiz ein Abkommen zwischen ihren Finanzdienstleistungsbranchen abschliessen wollen und welche Gemeinsamkeiten die beiden Finanzzentren aufweisen.

Herr Squire, das Vereinigte Königreich und die Schweiz sind Rivalen, wenn es um die Förderung ihrer Finanzindustrien geht. Warum sollten sie zusammenarbeiten?

Die Stärke des britischen und des schweizerischen Finanzdienstleistungssektors ist in erster Linie auf unser Engagement für Innovation zurückzuführen. Im Global Innovation Index werden das Vereinigte Königreich und die Schweiz immer wieder als zwei der innovativsten Länder der Welt eingestuft. Eine der besten Möglichkeiten, neue Wege zu beschreiten, ist der Austausch von Ideen und die Zusammenarbeit.

Aus diesem Grund haben wir im November eine Absichtserklärung unterzeichnet, um die Beziehungen zwischen den weltweit führenden Forschungs- und Innovationsgemeinschaften des Vereinigten Königreichs und der Schweiz zu vertiefen. Wir arbeiten ständig daran, diesen Austausch zu erleichtern und unser Engagement für einen freien und reibungslosen Handel mit unseren gleichgesinnten Partnern zu erfüllen.

Wer würde am meisten von einem Handelsabkommen profitieren?

Sowohl das Vereinigte Königreich als auch die Schweiz haben ein Konsultationsverfahren mit Unternehmen und Handelsverbänden durchgeführt. Mit einem verbesserten Freihandelsabkommens sollen Handel sowie Investitionen für beide Volkswirtschaften mit ihren Unternehmen und Konsumenten erleichtert werden. Deshalb liegt es in unserem Interesse zusammenzuarbeiten, um alle Herausforderungen zu verstehen und neue Möglichkeiten zu erkunden.

Morgen findet in Zürich die britisch-schweizerische Finanzdienstleistungsbörse statt, bei der sich britische Fintechs unter anderem den Investoren präsentieren werden. Wäre eine Veranstaltung in umgekehrter Richtung auch sinnvoll - also ein Treffen zwischen Schweizer Fintechs und britischen Investoren?

Die UK-Swiss Financial Services Exchange ist eine Gelegenheit, neue Wege zu beschreiten und Verbindungen zu knüpfen, von denen die Partner in beiden Märkten profitieren werden. Wir haben eine wirklich starke Gruppe von Unternehmen ausgewählt, die ihren Schweizer Kunden viel zu bieten haben, und wir freuen uns auf einen wirklich fruchtbaren und sinnvollen Austausch.

Dank dem Brexit-Abkommen mit Nordirland kommen wir als ein vereintes Land voran

Umgekehrt veranstaltet CityUK diese Woche einen runden Tisch zur Fintech-Innovation. Darüber hinaus findet das nächste Treffen des bilateralen Handels- und Investitionsrates nächste Woche statt. Und schliesslich wird die UK FinTech Week nächsten Monat in London wieder stattfinden. Wir ermutigen Schweizer Unternehmen aktiv dazu, diese Möglichkeiten und das Potenzial des Vereinigten Königreichs als innovatives globales Finanzzentrum zu nutzen.

Wie wirkt sich der nordirische Brexit-Deal mit der EU auf die Verhandlungen des Vereinigten Königreichs mit der Schweiz aus? Ist der Druck auf das Vereinigte Königreich nun geringer, ein Abkommen mit der Schweiz zu schliessen?

Das vom Premierminister letzte Woche angekündigte Abkommen war äusserst wichtig, um die Grenze in der Irischen See zu beseitigen und den problemlosen Transport von für Nordirland bestimmten Waren ohne lästige Zollbürokratie zu ermöglichen. Es schafft einen stabilen Rahmen für die Zukunft und bietet uns die Grundlage, um gemeinsam als ein geeintes Land voranzukommen.

Wir haben eine Reihe von bedeutenden und ehrgeizigen Abkommen mit der Schweiz auf den Weg gebracht, auf die wir sehr gespannt sind. Zugleich sind wir ständig auf der Suche nach neuen Möglichkeiten, um die Verbindungen zwischen unseren beiden Ländern weiter auszubauen.

Ende Juni 2020 unterzeichneten der damalige britische Finanzminister Rishi Sunak und Bundesrat Ueli Maurer eine Absichtserklärung mit dem Ziel, bis Ende letzten Jahres ein Abkommen über den Finanzsektor der beiden Länder abzuschliessen. Warum die Verzögerung? Wann können wir mit einer Einigung rechnen? 

Wir freuen uns besonders über das neue, ehrgeizige Freihandelsabkommen, das derzeit diskutiert wird, und über die Vertiefung unserer Zusammenarbeit im Bereich der Finanzdienstleistungen durch ein Abkommen über die gegenseitige Anerkennung (Mutual Recognition Agreement, MRA).

Das Abkommen wird die Kosten für Unternehmen beim gegenseitigen Zugang zu den Märkten verringern

Das MRA ist höchst innovativ, da es die Zusammenarbeit in Regulierungsfragen fördert. Zudem erleichtert es grenzüberschreitende Geschäfte auf der Grundlage einer Bewertung der durch die Regulierung der jeweils anderen Seite erzielten Ergebnisse.

Es ist ein wirklich ehrgeiziges Abkommen ohne einen vergleichbaren Präzedenzfall und mit einem ambitiösen Zeitplan. Wir gehen davon aus, dass wir die Verhandlungen bis zum Spätsommer 2023 abschliessen werden.

Worauf zielt dieses Abkommen über die gegenseitige Anerkennung konkret ab und welche Bereiche wird es betreffen?

Wir streben eines der umfassendsten Abkommen seiner Art im Bereich der Finanzdienstleistungen an. Es wird die Kosten und Hindernisse für britische und schweizerische Unternehmen beim Zugang zu den Märkten der jeweils anderen Seite verringern.

Das Abkommen wird voraussichtlich ein breites Spektrum von Bereichen abdecken, darunter Versicherungen, Wertpapierdienstleistungen, Vermögensverwaltung und Kapitalmarktinfrastruktur.

Dies ist Ihre erste Ernennung als Botschafter eines Landes. Bevor Sie vor 14 Jahren in das Auswärtige Amt eintraten, arbeiteten Sie als Fondsmanager bei Schroders. Können Sie Ihre derzeitige Aufgabe beschreiben und mir sagen, warum Sie in die Diplomatie gewechselt haben?

Sowohl in der Diplomatie als auch im Fondsmanagement geht es darum, zunächst zu verstehen, was in der Welt geschieht und was die Entwicklungen vorantreibt, um dann zu versuchen, diese zu beeinflussen. Durch meine Arbeit im Finanzdienstleistungssektor habe ich ein gutes Verständnis für Unternehmensstrategien und die Denkweise von Führungskräften in der Privatwirtschaft bei Investitionsentscheidungen erlangt.

Die Förderung der britischen Wirtschaft ist ein wichtiger Teil meiner Rolle als Botschafter, aber ich bin auch für das gesamte Engagement der britischen Regierung in der Schweiz verantwortlich.

So kann es sein, dass ich morgens im Rahmen eines Umweltprojekts einen Baum pflanze, mich nachmittags mit einem Bundesrat treffe, um über wichtige internationale politische Themen zu sprechen, und am Abend ein Geschäftsessen für britische und schweizerische Unternehmen ausrichte. Es ist eine vielschichtige Aufgabe, das Vereinigte Königreich in der Schweiz zu vertreten und nach Möglichkeiten zu suchen, enger mit unseren Schweizer Freunden und Partnern zusammenzuarbeiten.


James Squire trat sein Amt als Botschafter Seiner Majestät in der Schweizerischen Eidgenossenschaft und nicht residierender Botschafter für das Fürstentum Liechtenstein im Januar 2023 an. Seit seinem Eintritt in den diplomatischen Dienst im Jahr 2008 arbeitete Squire auch in einer Reihe anderer aussenpolitischer und unternehmerischer Funktionen, unter anderem in der Vertretung des Vereinigten Königreichs bei den Vereinten Nationen in New York. Bevor er zum Auswärtigen Amt kam, war er als Fondsmanager bei Schroders tätig und ist Chartered Financial Analyst Charterholder. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.



Finews.ch ist Medienpartner für die UK-Swiss Financial Services Exchange



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