Genfer Vermögensverwalter sucht seinen Platz in Zürich
Die Akquisition, über die finews.ch vergangene Woche berichtet hat, sorgte nicht zuletzt wegen der verblüffenden Namensähnlichkeit für Aufmerksamkeit: Amadeus Capital kauft Amasus Investment. Dahinter verbirgt sich allerdings eine interessante Geschichte über Nachfolgelösungen für unabhängige Vermögensverwalter, langjährige Verbindungen und einen Genfer Vermögensverwalter, der sich für sein nächstes Wachstumskapitel rüstet.
Die von der Finma bereits bewilligte Transaktion führt das gesamte Kundenportfolio von Amasus unter der Marke Amadeus weiter. Das kombinierte Unternehmen verwaltet rund 2,3 Milliarden Franken und beschäftigt 26 Mitarbeitende, die etwa 130 Kundinnen und Kunden betreuen. Für CEO Tim Brockmann, dessen Vater das Unternehmen in seiner ursprünglichen Form bereits 1983 gründete, ist der Schritt nach Zürich zugleich symbolisch und strategisch.
Drei Jahrzehnte Vertrautheit
«Wir wollten diesen Schritt mit Partnern gehen, die wir seit über 30 Jahren kennen», sagte Brockmann im Gespräch mit finews.ch. «Wenn es einmal irgendwo drückt, hilft es, wenn man sich gut genug kennt, um damit umgehen zu können.»
Amadeus entstand einst aus Experta Administration. Das Unternehmen ging später teilweise an Deloitte und Dexia. 1990 erhielt es seinen heutigen Namen und betreute fortan das Vermögen eines kleinen Kreises von Familien. Brockmann, ursprünglich Jurist und später bei J.P. Morgan tätig, übernahm im Jahr 2000 die Leitung, nachdem sein Vater erkrankte.
Eine Prise Private Banking
Die Begegnung mit Laurent Timonier, dem heutigen stellvertretenden CEO, datiert auf das Jahr 2005. Timonier hatte zwei Jahrzehnte im Private Banking von Paribas, CCF und HSBC Guyerzeller hinter sich, bevor er seine eigene Firma, Nucleo Capital, gründete. Über mehr als ein Jahrzehnt hatten die beiden eng zusammengearbeitet, bevor sie 2018 fusionierten.
«Wir waren 13 Jahre verlobt, bevor wir geheiratet haben», sagt Timonier schmunzelnd. «Als wir uns zusammenschlossen, war es ein natürlicher Schritt – wir kannten unsere jeweiligen Stärken bereits sehr gut.»
Kulinarische Bilder
Auch philosophisch passte die Partnerschaft. «Mein Team sagt oft, ich stehe lieber in der Küche, während Laurent im Speisesaal brilliert», kommentiert Brockmann. «So teilen wir uns auf.»
Auf die Frage, wie sich das Unternehmen im Raum zwischen Multi Family Offices, Wealth- und Asset-Managern definiere, wollen sich die beiden Führungskräfte kein gängiges Etikett ankleben. Für Timonier ist Amadeus «ein etwas einzigartiges Geschöpf» in der Schweiz.
Ein breiteres Fähigkeitenspektrum
«Wir entstanden als geschlossenes Single Family Office, bevor es diesen Begriff überhaupt gab», erklärt er. «Von Anfang an verbanden wir Vermögensverwaltung und Asset Management. Die meisten Multi Family Offices managen keine Anlagen selbst. Wir schon.»
Brockmann führt das kulinarische Bild weiter: «Wir kochen, wir probieren es selbst – und erst wenn es uns überzeugt, servieren wir es auch den Kunden», sagt er. «Und wenn wir die nötige Expertise nicht im Haus haben, bieten wir es gar nicht erst an.»
Vom Family Office zum Vermögensverwalter
In den vergangenen Jahren hat sich Amadeus schrittweise von seinem traditionellen Family-Office-Kern gelöst. Aus einer eng umrissenen Plattform für wenige Familien ist ein unabhängiger Vermögensverwalter mit institutionellen Prozessen, skalierbarer Technologie und klarer Wachstumsambition geworden.
Der Anlageansatz von Amadeus basiert auf einem globalen Marktportfolio, das aus dem gesamten Spektrum börsenkotierter Unternehmen konstruiert wird. «Wir glauben nicht an Markt-Timing. Wir glauben nicht an Stock-Picking», betont Brockmann. Das Kernportfolio strebt eine global breit abgestützte Allokation an – ohne die dominante US- und Tech-Gewichtung grosser Weltindizes – und wird über ausgewählte Exchange Trade Funds repliziert.
Die Kernstrategie
Dieses Fundament ergänzen verschiedene «Satelliten»-Strategien, darunter Optionsprämienstrategien, Merger Arbitrage, Convertible Arbitrage, kurzfristiges Trading sowie diversifizierende Hedge-Funds-Ansätze.
«Alle diese Strategien haben wir zunächst für die Gründerfamilien getestet», sagt Timonier. «Diese Interessenparallelität ist ein entscheidender Unterschied.»
Nachfolge im Zentrum der Transaktion
Der Erwerb von Amasus war im Kern ein Nachfolgethema: Zwei der drei Partner des Zürcher Unternehmens steuern auf den Ruhestand zu, der dritte wollte seine Kundschaft langfristig in guten Händen wissen.
«Für die bisherigen Partner war eine tragfähige Zukunftslösung zentral», erklärt Brockmann. «Für uns war es eine Möglichkeit, unsere Skalierbarkeit mit einem vertrauten Partner zu erproben.»
Die Plattform als Hebel
Amadeus hat über die Jahre eine Technologie- und Risikomanagement-Plattform aufgebaut, welche die administrative Last reduziert, Margen schützt und mehr Zeit für die Kundenbetreuung schafft. Bislang wurde sie jedoch eher zaghaft skaliert. Mit der Integration von Amasus lässt sich nun testen, wie sich das Geschäftsmodell bei Akquisitionen bewährt.
«Wenn das gut funktioniert, entsteht ein Fahrplan für die Zukunft», sagt Brockmann. «Und Amasus bringt etwas ein, das wir bislang weniger hatten: Erfahrung darin, Private Banker anzuziehen und erfolgreich zu integrieren.»
Zürich als Tor zu neuen Kundensegmenten
Geografisch eröffnet Zürich neue Chancen. «Wir glauben, von dort aus stärker mit einer osteuropäisch geprägten Kundschaft in Kontakt zu kommen», erklärt Timonier. «Das ergänzt unsere bereits starke Basis bei westeuropäischen Familien.»
Beide Vertreter von Amadeus sehen die Branche auf dem Weg von Boutique-Ansätzen hin zu einer Stabilität institutionellen Charakters. Die Bedeutung von Technologie, Transparenz und Risikostandards sei für Wealth-Manager spürbar gestiegen.
Junge Mathematiker und Ingenieure
Amadeus setzt auf die eigene Plattform, weiterentwickelt von jungen Mathematikern und Ingenieuren. «Dieses junge Berufsprofil ist entscheidend für unsere Zukunft», so Brockmann. «Wir wollen ein Unternehmen bauen, das ihnen entspricht, denn sie werden uns eines Tages ersetzen.»
Brockmann spricht auch offen über strukturelle Herausforderungen vieler unabhängiger Vermögensverwalter: «Viele Häuser sind letztlich eine Ansammlung von Bankern, die eine Plattform teilen», sagt er. «So entsteht kaum Unternehmenswert. Es ist wie in einer Anwaltskanzlei: Wenn der Anwalt geht, geht mit ihm auch der betriebswirtschaftliche Wert.»
Eine Kultur der Disziplin
Amadeus will dieses Muster durch Prozesse, Skalierbarkeit und langfristige Governance durchbrechen. «Wir wollen nicht einfach wachsen, unseren Anteil kassieren und weiterziehen», betont Timonier. «Wir wollen ein Ökosystem schaffen, das auch für die nächste Generation Bestand hat.»
Wachstum soll sowohl intern als auch extern erfolgen – doch interne Mandatsgewinne brauchen Zeit, insbesondere bei grossen Familien.
«Ein Balanceakt»
«Vom ersten Kontakt bis zur Unterschrift vergehen im Schnitt 18 Monate», sagt Timonier. «Würden wir uns nur darauf verlassen, kämen wir nicht vom Fleck.»
Mit der ausgebauten Technologieplattform und der Amasus-Integration im Rücken ist Amadeus offen für weitere personelle Verstärkungen und selektive Zukäufe. Doch Geschwindigkeit bleibt zweitrangig. «Es ist ein Balanceakt», sagt Brockmann. «Wir wollen wachsen – aber ohne das zu verlieren, was uns ausmacht.»
















