Weshalb Thomas Süssli kaum in den Finanzsektor zurückkehren wird
Wird Thomas Süssli nach seinem schon vor längerem bekanntgewordenen Rücktritt als Chef der Armee (CdA) per Ende Jahr in die Finanzbranche zurückkehren? Immerhin hat Süssli seine zivile Karriere in diesem Bereich verbracht: Global Head Collateral Trading IT bei der UBS, Mitgründer des Startups IFBS für Finanz-Software, Head of Processing Management bei Vontobel, Head Investment Advisory International bei der Credit Suisse und zuletzt CEO Vontobel Financial Products Singapur.
Wer am Montag dem vom Freundeskreis Grossmünster organisierten Gesprächs (natürlich im Grossmünster) lauschte, in dem sich der Korpskommandant mit Grossmünsterpfarrer Christian Walti gemäss dem Plakataushang «über Gott und die Welt» unterhielt, kommt zum Schluss: eher nicht.
«Bin etwas unführbar geworden»
Natürlich betonte Süssli im Dialog (in dem die weltlichen Themen dominierten), dass er sich bis Ende Jahr voll auf seine Aufgaben als CdA konzentriere werde und noch nichts Konkretes vor Augen habe. Aber er liess sich doch entlocken, er könne es sich nicht richtig vorstellen, in den Schoss eines grösseren Unternehmens zurückzukehren und beispielsweise Zielvereinbarungsgespräche zu führen. «Verraten Sie meinem Vorgesetzten aber nicht, dass ich etwas unführbar geworden bin», hielt Süssli halbernst fest.
In Frage kommen für ihn hingegen eine beratende Tätigkeit insbesondere im Führungsbereich (der ihm verständlicherweise besonders am Herzen liegt), die Übernahme eines Verwaltungsratsmandat oder eine Funktion in der Politik – wobei der heute (noch) parteilose Süssli offenliess, in welchem Rahmen er in der Politik aktiv werden könnte.
Ambivalentes Verhältnis zu strukturierten Produkten
Immerhin verschloss er die Tür zur Bankenwelt damit nicht ganz, sind doch Fachwissen und Erfahrung zur Menschenführung, gute Verwaltungsräte und standhafte Politiker dort durchaus auch gefragt.
Im Gespräch wurde indes sichtbar, dass sich Süssli zwar während seiner Karriere intensiv mit Finanzmarktthemen im engeren Sinn befasst hat, ihm offenbar aber doch das innere Feuer mitunter etwas fehlte. «Ich war ein sehr guter Verkäufer von strukturierten Produkten, habe aber selber nie ein solches für mich gekauft», bekannte er.
Gespräch, Genius loci und Flötenspiel
Aber auch über Gott wurde gesprochen: Süssli glaubt zwar an ein höheres Wesen, ist indes bereits im jugendlichen Alter aus der Kirche ausgetreten – dass sich sein Austritt seinerzeit nicht in der Mitgliederstatistik der evangelisch-reformierten Kirche, sondern in derjenigen der Konkurrenz niederschlug, mag für Hausherr Walti ein kleiner Trost gewesen sein.
Apropos Grossmünster: Die Akustik für das Zwiegespräch war zuweilen (insbesondere auch für ältere Zuhörer) etwas «anspruchsvoll» – doch schon allein der Genius loci und das umrahmende Querflötenspiel der Solistin Helene Schulthess hätten für den Verzicht auf die sonnigen Abendstunden, der mit dem Besuch der Veranstaltung zwangsläufig verbunden war, reichlich entschädigt.