KI-Experte fordert: Schluss mit Silo-Denken im Banking

Er gilt aus ausgewiesener KI-Experte: Saket Saith. Seit  Oktober 2022 prägt er als Group Chief Technology & Data Officer die digitale Ausrichtung von Rakbank in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Der ausgewiesene Technologieexperte bringt mehr als zwei Jahrzehnte Erfahrung in Banken und IT-Unternehmen mit. Vor seinem Wechsel nach Ras Al-Khaimah war er Chief Technology Officer für das Retailgeschäft bei Barclays und zuvor in leitenden Funktionen bei DBS Bank in Singapur tätig, wo er die Architektur und Entwicklung digitaler Plattformen verantwortete.

Middle East Banking and Innovation Summit (MEBIS) sprach er ... 

… über die Entwicklung der richtigen digitalen Banklösung und Anwendung:  «Es ist eine End-to-End-Reise. In welchen Szenarien könnte der Kunde Unterstützung benötigen? Wir sind eine digitale Bank mit einem menschlichen Touch. Im Retail Banking spricht man von der O-to-O-Integration – also vom Online- in die Offline-Welt. Wie übersetzt man das? Digitales Banking ist eine Denkweise. Wir können nicht in einem traditionellen Bankensilo sitzen und erwarten, dass der Kunde mit seinen Wünschen zu uns kommt – wir müssen vorausdenken, was er erwarten wird.»

… darüber, wo er das digitale Banking in fünf Jahren sieht: «Wir sehen uns selbst als Problemlöser. Wir können bei der Sicherheit keine Kompromisse eingehen, aber die Komplexität steigt exponentiell. Wir wollen Technologie nutzen, gleichzeitig aber die Auswirkungen auf den Kunden so gering wie möglich halten.»

«Ich bin seit 30 Jahren im Bankwesen tätig, und ich muss sagen, das ist immer noch die härteste Nuss.»

… über das Wachstum einzelner Retail-Kunden: «Das ist ein Bereich, in dem man ständig neu denken muss. Ein Kunde ist heute vielleicht Angestellter, betreibt aber nebenbei ein Online-Geschäft als Freelancer. Das bedeutet, aus einem privaten Girokonto wird ein Geschäftskonto. Dann wächst man vielleicht um 20 Prozent im Jahr und wird ein Unternehmen. Vielleicht wird der Kunde eines Tages sogar ein Unicorn. Das ist ein fortlaufender Prozess, bei dem wir als Bank verstehen müssen, wie wir den Kunden in jeder Phase seiner Entwicklung mit passenden Dienstleistungen begleiten können. Ich bin seit 30 Jahren im Bankwesen tätig, und ich muss sagen, das ist immer noch die härteste Nuss. Künstliche Intelligenz kann hier enorm helfen – etwa durch Automatisierung und schnellere Datenerhebung und -auswertung.»

… über das Firmenkundengeschäft: «Wir streben in diesem Bereich einen grösseren Marktanteil an; wir sind in diesem Segment noch nicht führend. Wir schauen genau hin, was unsere Firmenkunden wirklich brauchen. Dabei geht es nicht nur um milliardenschwere Konzerne, sondern auch um KMU, Mikrounternehmen und Solo-Selbstständige. Wir müssen unsere SME-Kunden beim Wachstum unterstützen «Das Tempo des Wandels nimmt täglich zu. Ich kann es mir nicht leisten, Veränderungen nur einmal im Monat zu bewerten.und auch virtuelle Kontodienste, Handelsfinanzierung, Supply-Chain-Finance usw. anbieten können. Ein kleines KMU braucht Letzteres vielleicht noch nicht – aber je grösser es wird, desto relevanter wird es.»

«Das Tempo des Wandels nimmt täglich zu. Ich kann es mir nicht leisten, Veränderungen nur einmal im Monat zu bewerten.»

… über die Vorteile von Künstlicher Intelligenz für Banken:  «KI wird jeden Aspekt des Bankwesens beeinflussen. Für mich ist sie der bedeutendste Wandel meines bisherigen Lebens. Es geht nicht nur um den Menschen, sondern um die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine. Selbst bei Aufgaben, die heute von Menschen erledigt werden, kann man mit KI systematisch unterstützen – etwa bei der Recherche oder Informationsbeschaffung. Es ist, als hätte man einen jungen Praktikanten, aber dann kommt GenAI dazu und hilft – und wird immer besser. Als Mensch kann man so immer mehr Arbeit abgeben. Ich sehe keinen grossen Arbeitsplatzverlust. Als die Geldautomaten kamen, hiess es, die Schalterbeamten würden verschwinden. Und? Es gibt sie immer noch. Auch Filialen gibt es noch. Agentische KI wird den grossen Wandel bringen – denn sie handelt als eigenständiger Agent und braucht nicht mehr unbedingt den Menschen als Auslöser. In manchen Bereichen möchten wir diese Auslöser noch menschlich belassen. In anderen könnten wir auf agentische KI setzen – abhängig von bestimmten Bedingungen. Das wird in den nächsten 12 bis 18 Monaten realistischer werden.»

… über Rücken- und Gegenwinde der nächsten 3 bis 5 Jahre:  «Das Tempo des Wandels nimmt täglich zu. Ich kann es mir nicht leisten, Veränderungen nur einmal im Monat zu bewerten. Man muss aber sehr selektiv sein, was man testen möchte – denn keine Organisation hat unbegrenzte Ressourcen für Experimente. Technologie ist ein People-Business. Man braucht die richtigen Fähigkeiten und das richtige Mindset im Unternehmen. Es geht nicht mehr darum, Tagesprobleme zu lösen, sondern darum, ein Rahmenwerk zu schaffen. Die Zeit, in der man alleine im Silo entwickeln konnte, ist vorbei. Partnerschaften werden entscheidend. Und das Ökosystem, das diese Beziehungen ermöglicht, ist enorm wichtig. Es muss eine Win-Win-Win-Situation sein – für uns als Bank, für den Geschäftspartner und natürlich für den Kunden.»