Schaffen es die italienischen Banken nicht, ihre Kapitaldecke zu stärken, werden sie über kurz oder lang in Liquiditätsnöte geraten. Dies wäre dann wohl der Anfang einer neuen Finanzkrise in Europa.

Der jugendlich wirkende Florentiner wollte den behäbigen italienischen Staat reformieren, die alte Garde italienischer Politiker «verschrotten» und das Belpaese nach jahrelanger wirtschaftlicher Misere wieder vorwärtsbringen – geschafft hat der 43-jährige Ministerpräsident Matteo Renzi jedoch wenig.

Mit rund 60 Prozent Stimmen gegen sein Referendum bekommt er nun die Quittung für seine Politik der vergangenen drei Jahre – und tritt ab.

Phase der Unsicherheit spitzt sich zu

Die Finanzmärkte haben auf den Abstimmungsausgang verhalten reagiert. Die Niederlage Renzis war erwartet worden. Doch für die italienischen Banken ist sein Rücktritt ein schlechtes Omen. Denn nun spitzt sich in Italien die Phase der politischen Unsicherheit weiter zu. Wird eine Interims-Regierung installiert, oder kommt es zu Neuwahlen?

Komiker und Anführer der eurokritischen Fünf-Sterne-Bewegung Beppe Grillo schreit bereits lauthals nach Neuwahlen. Und die rechtspopulistische Lega Nord wittert ebenfalls ihre Chance. Selbst Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi, Gründer der konservativen Forza Italia, jubelt nach dem «No» der Italiener und schmiedet Pläne für ein Comeback.

Unsicherheit ist Gift für Investoren. Dabei bräuchten vor allem die italienischen Grossbanken dringend frisches Kapital, um ihre Bilanzen zu stärken, und um ihre Widerstandsfähigkeit im Krisenfall zu erhöhen – Stichwort Too-big-to-fail. 

Italienische Banken brauchen dringend Kapital

Allen voran die angeschlagene und als systemrelevant eingestufte Monte dei Paschi di Siena. Die älteste Bank der Welt plant eine Kapitalerhöhung in der Höhe von insgesamt fünf Milliarden Euro.

Wäre die Reform angenommen worden, hätten Investoren aus Katar neues Kapital von gegen zwei Milliarden Euro in die Monte die Paschi eingeworfen, berichtete kürzlich die «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig). Doch nun dürfte dieser Deal platzen. 

Auch Unicredit, die grösste Bank Italiens und ebenfalls systemrelevant, braucht frische Milliarden, und zwar 13. Diese will sie sich unter anderem über Verkäufe beschaffen. So laufen zwischen der französischen Amundi-Gruppe und Unicredit nun offizielle Verkaufsgespräche über den zur italienischen Grossbank gehörenden Vermögensverwalter Pioneer, wie am Montag bekannt wurde.

Gewehr bei Fuss

Schaffen es die italienischen Banken nicht, ihre Kapitaldecke zu stärken, werden sie über kurz oder lang in Liquiditätsnöte geraten. Dies wäre dann wohl der Anfang einer neuen Finanzkrise in Europa mit Auswirkungen auf das europäische Bankensystem.

Ein solches Horrorszenario schlagen zwar die meisten Politiker und Ökonomen in den Wind und letztlich hoffen alle auf die Europäische Zentralbank (EZB), die Gewehr bei Fuss steht und alles daran setzen wird, eine neuerliche Finanzkrise mit Billig-Milliarden abzuwenden beziehungsweise hinauszuschieben.

Das «No» der Italiener gegen Renzis Verfassungsreform ist für Europa kein Weltuntergang. Aber die Strapazierfähigkeit der EU, des Euro und des Finanzsystems werden erneut auf eine harte Probe gestellt. Bei bei weiteren unerwarteten Ereignissen droht ein Riss.

Flammt die Finanzkrise erneut auf?

Denn wie auch schon erlebt, entflammen Finanzkrisen nicht zwingend im Brandherd selber, sondern durch ein unerwartetes Ereignis an einem Nebenschauplatz. Und davon gibt es beileibe genug. 

So ist unklar, welchen finanzpolitischen Kurs der designierte US-Präsident Donald Trump einschlagen wird. Der Ausgang der bevorstehenden Wahlen in Frankreich könnte die eine oder andere Negativüberraschung bereithalten, und letztlich droht in China eine riesige Kreditblase.

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