Michel Degen, der neue Chef des Credit Suisse Asset Management in der Schweiz, Europa, Nahost und Afrika, will bis im Juni 5 Prozent der Stellen abbauen – und spricht im Interview mit finews.ch dennoch von einem sehr guten Start ins Jahr.

Herr Degen, Ende März werden Sie Doppelchef. Sie übernehmen neben dem Asset Management in der Schweiz, Europa, Nahost und Afrika auch die Leitung der neuen Schweizer Vermögensverwaltungs-Einheit Credit Suisse Asset Management (Schweiz). Müssen Sie sich zweiteilen?

Nein, aber ich muss deswegen sicher jeden Monat an zwanzig Sitzungen mehr teilnehmen (lacht). Ernsthaft: Hinter der neuen Rechtseinheit steht das Anliegen, den Schweizer Markt aus einer Hand zu bedienen.

Das Asset Management an sich bleibt global – wir konzentrieren für den Schweizer Markt aber die ganze Wertschöpfungskette mit dem Vertrieb, der Kommunikation und den operativen Prozessen. Kurz: Es geht um Regionalisierung und Nähe zum Kunden mit einer globalen Perspektive.

Das klingt jetzt nach einer Floskel.

Durchaus nicht. Mit der neuen Einheit, die über einen unabhängigen Verwaltungsratspräsidenten (Bruno Pfister) verfügt, begegnen wir auch der Debatte um die Unabhängigkeit.

«Ich bin ich sehr erstaunt, dass man einen Asset Manager in ein IPO gibt»

Für einen erfolgreichen Asset Manager wird es künftig immer wichtiger, unabhängig zu sein. Die eigene Rechtseinheit ist deshalb ein Schritt in die richtige Richtung.

Das heisst, am Ende unternimmt das Credit Suisse Asset Management einen Spin-off – so wie die Deutsche Bank, die in den nächsten Jahren ihre Fondssparte an die Börse bringen will?

Unser Langfristziel ist ein unabhängiges Asset Management in der Schweiz, innerhalb der Credit Suisse und mit der Bank als Aktionärin. Ein Börsengang wie bei der Konkurrenz ist nicht Zweck dieser Übung. Eigentlich bin ich sehr erstaunt, dass man einen Asset Manager in ein IPO gibt.

Warum?

Ich erwarte, dass sich die Banken mittelfristig an Schlüsselzulieferer im Asset Management binden werden. Als Aktionäre kommen die Institute so in den Genuss von Dividenden – während den Asset Managern die Interessenskonflikte, die sich innerhalb einer Bank ergeben können, erspart bleiben.

Zurück zu Ihnen: Zwölf Jahre sind Sie nun bei der CS – und jetzt hagelt es plötzlich Chefmandate. Wie fühlen Sie sich da?

Ich spüre keinen wesentlichen Unterschied. Meine neuen Aufgaben machen mir grossen Spass. Die Verantwortung und das Arbeitsvolumen haben natürlich ebenfalls zugenommen. Zumal das Umfeld mit der Digitalisierung, dem Wettbewerb und den Anforderungen des Marktzugangs sicher anspruchsvoll bleibt.

«Die Kunst ist es, die Transformationskosten gering zu halten»

Hilfreich ist sicherlich meine langjährige Erfahrung im Asset Management und im Zinsengeschäft.

Mitarbeitende rechneten bei Ihrer Ernennung im letzten September mit einem Shakeup. Inzwischen haben Sie die wichtigsten Kaderstellen neu besetzt. War das bereits der grosse Umbau?

Die Kunst ist, das Geschäft so anzupassen, dass die Transformationskosten gering bleiben – also mit so wenig unerwünschten Nebenwirkungen wie möglich. Bis nächsten Juni werden wir bis zu 10 Prozent der Mitarbeiter ausgewechselt haben, nicht nur im Kader. An die 5 Prozent davon sind Neuanstellungen.

Das heisst, Sie bauen bis im Juni 5 Prozent der Stellen ab?

Aus einer Nettobetrachtung heraus ist das richtig. Wir fokussieren uns auf die Bereiche, wo wir bereits über Talente verfügen oder neue Experten anziehen können. Da wird es noch zu Anpassungen kommen.

Wo legen Sie konkret Hand an?

Es geht um Fokussierung. Wir müssen festlegen, wo wir uns in den nächsten Jahren im Gesamtgeschäft wie in den einzelnen Bereichen weiter spezialisieren werden.

«Es geht künftig um Qualität und nicht um Quantität»

Sie suchen also die Spezialisierung?

Es geht künftig um Qualität und nicht um Quantität. Das ist auch im Sinne des Investors. Im Immobilienbereich verfolgen wir die drei Pfeiler Schweiz, International sowie das Beratungs- und Mandatsgeschäft. Im Aktienbereich wird es eine Fokussierung auf die Bereiche Value, Small- und Midcap, Dividenden sowie indirekte Immobilieninvestments geben.

Ein grösseres Projekt läuft unter dem Titel Credit Suisse Asset Management goes China. Wir werden da Renminbi-denominierte Fonds lancieren, welche in Aktien und Anleihen investieren.

Sie haben im Zinsengeschäft Karriere gemacht. Der Bereich muss Ihnen besonders am Herzen liegen – was unternehmen Sie dort?

Gerade für Franken-Investoren sind die Negativzinsen das bestimmende Problem. Um die damit einhergehenden Risiken für die Anleger anzugehen, haben wir vor einem Jahr etwa den Long/Short Swiss Franc Bond Fonds aufgelegt. Das Produkt funktioniert ähnlich wie ein Handelsbuch und kann Franken-Anleihen auch leer verkaufen, um den negativen Renditen entgegen zu wirken.

«Wir werden den Eignern in den nächsten Jahren viel Freude machen»

Mittlerweile haben uns Investoren 500 Millionen Franken anvertraut, und wir konnten mit dem Fonds eine Performance von 6 Prozent erzielen. Das ist die Richtung, in die wir im Zinsengeschäft mit unseren Produkten gehen müssen.

Miteignerin der neuen Credit Suisse Asset Management ist die Credit Suisse ( Schweiz), welche voraussichtlich im Herbst teilweise an die Börse gebracht werden soll. Was ist der Beitrag Ihres Geschäfts, um die Schweizer Bank vor dem IPO zum Glänzen zu bringen?

70 Prozent unseres Geschäftes entfällt heute auf die Schweiz, während das Wachstum in den letzten Jahren mindestens zur Hälfte vom internationalen Geschäft her stammte. So gesehen ist das Ausland sehr wichtig für uns und darf nicht aus den Augen gelassen werden.

Als Aktionärin ist die Credit Suisse (Schweiz) an diesem Wachstumspotential beteiligt. Ich bin überzeugt, dass wir den Eignern in den nächsten Jahren viel Freude machen werden.

Das globale Asset Management als Teil der Division International Wealth Management lieferte 2016 ein zwiespältiges Ergebnis ab. Der Gewinn verbesserte sich gegenüber Vorjahr um fast 100 Millionen Franken – aber die Net New Assets schrumpften von 26,5 auf 5,6 Milliarden Franken. Wie bringen Sie das Wachstum in Schwung?

Dies muss im Kontext der ganzen Industrie betrachtet werden. Grosse Konkurrenten in Europa wie auch in der Schweiz hatten mit milliardenschweren Abflüssen zu kämpfen. Dem Trend konnten wir uns nicht entziehen.

«Skaleneffekte kann man auch überbewerten»

Trotzdem betrachte ich die 5,6 Milliarden Franken an Zuflüssen als ein starkes Resultat fürs Asset Management.

Aber der Wachstumsrückgang ist Tatsache. Gerade in einem Skalengeschäft wie dem Asset Management wiegt das schwer.

Wir führen Strategien und Produkte, deren Qualität im Branchenvergleich top ist. In diesen Bereichen gelingt es uns auch, Kundengelder anzuziehen. Das hat sich auch zu Beginn dieses Jahres gezeigt – während andere Anbieter grosse Mühe bekunden, hatten wir insgesamt einen sehr guten Start.

Daraus folgt: Wenn Zusatznutzen, Preis und Service stimmen, dann wird das garantiert zu mehr Wachstum führen.

Doch reicht das aus? Böse gesagt ist das Asset Management beider Schweizer Grossbanken doch zu gross zum Sterben und zu klein zum Überleben.

Skaleneffekte kann man auch überbewerten. Irgendwann nehmen der Grenznutzen und die Synergieeffekte ab. Grösse allein ist nicht der Schlüssel zum Erfolg im Asset Management. Ich bin deshalb überhaupt kein Freund davon, verwaltete Vermögen zu akquirieren. Besser, man investiert in talentierte Mitarbeiter und Teams – dann werden die Kundengelder folgen.

Das heisst, Sie machen in der Konsolidierung des Asset Management nicht mit?

Was wir anschauen sind einerseits strategische Transaktionen, wie etwa mit AgaNola im Bereich der Wandelanleihen. Andererseits integrieren wir Fonds in die Credit-Suisse-Palette und nehmen die Fondsmanager auf die Payroll.

«Wir arbeiten intensiv an der Digitalisierung»

Mit anderen Worten: Wir akquirieren das Know-how. Den grössten Deal, an dem wir derzeit arbeiten, umfasst rund 12 Milliarden Franken an Assets. Generell gehen wir aber so leise wie möglich vor.

Recht still blieb es im Credit Suisse Asset Management auch um die Digitalisierung. Täuscht die Ruhe?

Wir arbeiten derzeit intensiv daran, das Geschäft ganzheitlich zu digitalisieren. Im Vordergrund steht die Datenqualität und die Infrastruktur.

Das heisst?

Zunächst schaffen wir eine ganzheitliche Front-to-back-Infrastruktur und ein Datenfundament. Wenn uns darauf aufbauend die Digitalisierung der gesamten Wertschöpfungskette gelingt, dann sind die Wachstumsmöglichkeiten mit guten Produkten ein Vielfaches von heute.

Das geschieht aber nicht von heute auf morgen. Der Prozess wird uns wohl die nächsten drei bis sieben Jahre in Anspruch nehmen.


Der 40-jährige Michel Degen steht seit zwölf Jahren in den Diensten der Credit Suisse (CS), seit September als Leiter Asset Management Schweiz, Europa und Nahost (EMEA). Davor führte er den Bereich Core & Specialized Fixed Income. Degen hat Wirtschaft an der Fachhochschule beider Basel studiert und besitzt einen Executive MBA der Universität St. Gallen. Seine Bankkarriere begann er im Devisengeschäft und im Treasury der BNP Paribas. Von 2000 bis 2004 arbeitete er im Fixed-Income-Bereich der UBS, bevor er zur CS stiess.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
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