Was haben kriminelle Banker gemein? Und wie kann man ihnen beikommen? Ein UBS-Banker, der den Adoboli-Fall untersuchte, liefert Antworten.

Jérôme Kerviel, Nick Leeson, Kareem Serageldin, Kweku Adoboli – sie alle haben gelogen, Risikolimiten durchbrochen, riesige Handelspositionen aufgebaut und verschleiert, und sie haben als Angestellte ihren Banken verheerende Schäden in Milliardenhöhe verursacht. Sie alle sind Finanzbetrüger, sogenannte «Rogue Traders».

Für diesen Begriff gibt es keinen exakten deutschen Ausdruck. Am ehesten ist ein «Rogue Trader» ein Wertpapierhändler, der illegale Methoden nutzt.

Banken und ihre Funktionsweisen

Ihre Persönlichkeiten waren Gegenstand zahlreicher Bücher: Sie sind unempfindlich gegenüber Risiken, bleiben auch unter höchstem Druck äusserlich ruhig, ihr Antrieb ist nicht nur Geldgier, sondern auch Respektheischerei in den Handelsräumen ihrer Banken.

Georges Gamma

Aber nicht nur Charakter und Persönlichkeit machen einen «Rogue Trader» aus. Es sind gleichermassen die Banken und ihre Funktionsweisen, die es diesen Händlern erst ermöglichen, monate- oder auch jahrelang ihre Aktivitäten zu verschleiern, wie Georges Gamma (Bild oben) kürzlich an einem Anlass der CFA Society Schweiz erklärte.

Bereicherung ist oft nicht das Ziel

Gamma ist Auditor in der UBS Investmentbank und war Mitglied des Untersuchungsteams, nachdem Kweku Adoboli 2011 den grössten Bankbetrug der Geschichte Grossbritanniens begangen hatte.

Gamma ging in seiner Rede nicht spezifisch auf den Adoboli-Fall ein, sondern skizzierte den Fall eines «Rogue Traders», der bis zu 10 Milliarden Franken auf fallende Aktienkurse im Swiss Market Index setzt und Millionen einstreicht, während er alle verfügbaren Mittel nutzt, seine Amok-Deals zu verschleiern.

Gier, so Gamma, spiele in der Regel eine Rolle dabei. Doch die meisten «Rogue Trader» hätten gar nicht das Ziel, sich zu bereichern. Vielfach seien sie bloss süchtig nach Adrenalin und Anerkennung.

Aufsicht ist der Schlüssel

In den Handelsräumen der Investmentbanken liegt der Testosteronspiegel immer etwas höher als anderswo, und die Händler definieren sich zumeist über den Bonus, den sie am Ende des Jahres nach Hause nehmen dürfen, wie Gamma beschrieb.

Sie seien schlau und könnten jede Lücke im Sicherheitsnetz des Risikomanagements und der Kontrollfunktionen ausnützen. «Aufsicht ist der Schlüssel, das kann ich nicht oft genug sagen», betonte Gamma. «Ein guter Aufseher oder Vorgesetzter ist nahe an den Händlern dran. So wird es für 'Rogue Trader' äusserst schwierig, ihr Lügengebäude aufrecht zu erhalten.»

Versagen einer ganzen Kette

Bei Adoboli war dies nicht der Fall. Seine «Rogue Trades» kosteten die UBS über zwei Milliarden Dollar, CEO Oswald Grübel übernahm die Verantwortung und quittierte seinen Job, und sie befleckten die Karriere des damaligen Investmentbankchefs Carsten Kengeter, heute CEO der Deutschen Börse.

Adoboli hatte seine Fehlspekulationen schliesslich selber gemeldet, nachdem ihm die Sache endgültig über den Kopf gewachsen war. Die UBS feuerte kurz darauf John DiBacco, Adobolis Vorgesetzten.

Doch meist ist es ein Versagen einer ganzen Sicherheitskette, die illegale Praktiken in Handelsräumen erst ermöglicht. Gamma sagt, vielfach versage die Kommunikation zwischen den einzelnen Einheiten im Back Office, in Operations-Bereichen und der Finanzkontrolle.

Die typischen Warnzeichen

Warnzeichen seien beispielsweise, wenn ein Händler Transaktionen eingebe, deren Vollzug erst viel später stattfinden solle, wenn Transaktionen wieder storniert oder korrigiert würden, oder wenn der Händler sich nicht an die in den meisten Handelsräumen geltende Regel halten wolle, zwei Wochen am Stück Ferien zu machen, so Gamma.

Natürlich sei es vielfach die labyrinthische Komplexität von Investmentbanken, welche es Händlern erst ermögliche, unerlaubte Praktiken anzuwenden und sie aufblühen liesse. «Haben sie einmal die Lücken gefunden und nutzen gelernt, sind die nur noch schwer zu entdecken», warnte Gamma.

Meistens das gleiche Muster

Lügen seien umso schwerer zu entlarven, wenn die Kommunikation zwischen den Kontrollorganen innerhalb der Bank schlecht funktioniere. Die riesigen Datenmengen, die in Grossbanken verarbeitet würden – und dies meist noch mit veralteter IT – würden hervorragende Gelegenheiten für Tricks und Ausreden bieten.

Das Muster sei dabei meistens dasselbe: Ein «Rogue Trader» brauche eine weitere Lüge, um seine erste Lüge über eine schlechte Transaktion oder das Brechen der Risikolimite zu decken und gerate in einen Teufelskreis. Einen Ausweg gibt es laut Gamma in der Regel nicht.

Lügen bis zum bitteren Ende

«So lange in seinem (Handels-)Buch ein bedeutender Verlust oder Gewinn steht, nachdem er zu hohe Risiken eingegangen ist, ist ein 'Rogue Trader' zu weiteren Verschleierungen gezwungen. Dies setzt er bis zum bitteren Ende fort», so Gamma.

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