Zur kämpferischen Pose der UBS-Juristen passte die Haltung ihres obersten Chefs. CEO Sergio Ermotti sah im Vorgehen der Franzosen früh eine politische Komponente und machte klar, dass im Verfahren auch die Reputation der Bank auf dem Spiel stehe.

«Wir können nur eine Einigung erzielen, wenn wir zum Schluss gelangen, dass sich diese Übereinkunft auf Fakten stützt. Nur so können wir unseren guten Ruf schützen», sagte Ermotti 2017 vor Journalisten. Damals hatte Frankreich gerade ein neues Gesetz geschaffen, das fehlbaren Unternehmen eine Einigung ohne Schuldeingeständnis möglich macht – gesetzt, sie zahlen den Preis dafür.

Unglückliche Verkettungen

Eine Reihe unglücklicher Verkettungen trug neben dieser Haltung wohl mit dazu bei, dass es zwischen der UBS und den Franzosen auch weiterhin nicht zum Deal kam. Sinnigerweise nutzte die anglo-britische Konkurrentin HSBC jenes neue Gesetz, um 2017 den Steuerstreit mit Frankreich für 300 Millionen Euro beizulegen.

Ermotti und Diethelm waren in Frankreich zudem mit einem neuen Dilemma konfrontiert. Ein Schuldeingeständnis hätte für andere Länder im Steuerstreit als Blaupause dienen können, um ihrerseits Zahlungen einzufordern.

Abwehrhaltung in den USA und Asien

Überraschenderweise schien die «uns kann keiner»-Pose bei der Bank Schule zu machen. In den letzten Monaten zeigte sich die UBS auch in anderen Verfahren unnachgiebig. So wehrt sich das Institut gegen eine Zivilklage des US-Justizdepartements, das eine Entschädigung für auf Hypothekenpapieren (RMBS) in der Finanzkrise erlittene Schäden erstreiten will. Laut Analysten könnten die Forderungen bis zu 2 Milliarden Dollar betragen. Ebenfalls verteidigt sich die Bank gegen Anschuldigungen rund um mutmassliche Unregelmässigkeiten bei Börsendebuts in Hongkong.

Das Pariser Verdikt wirft nun die Frage auf, ob Chefjurist Diethelm und CEO Ermotti mit der «harten Linie» nicht eine gigantische Wette zulasten der UBS-Aktionäre eingegangen sind. Wie sich der Schuldspruch in Frankreich noch auf das Vorgehen der Behörden in den USA und Hongkong auswirken wird, kann nur vermutet werden.

Noch Jahre des Streits

Ziemlich sicher ist, dass sich die genannten Verfahren für die Bank wie deren Eigner über Jahre hinziehen, während die Rückstellungen der UBS für Prozessrisiken rund 2,5 Milliarden Franken betragen.

Für das Duo Ermotti und Diethelm dürfte diese Zukunft persönlich unangenehm werden. Für den Chefjuristen, weil er die Verfahrensstrategie der Grossbank letztlich verantwortet. Und für Ermotti, weil die Prozessrisiken über seinen Plänen für die Bank wie ein Damoklesschwert hängen und den jetzt schon bleiernen Aktienkurs des Instituts weiter beschweren.

Angekratztes Image

Derweil hat das Urteil in Frankreich erstmals das Image Ermottis als Saubermann angekratzt, der die schlingernde UBS nach seinem Antritt als CEO im Jahr 2011 wieder auf Kurs brachte und zur grössten Privatbank der Welt ausgebaut hat. Mit Blick auf die Rücktrittsgerüchte um seine Person muss er nun auch um sein Vermächtnis fürchten: Dem Tessiner wird der Anspruch nachgesagt, seinem Nachfolger eine komplett aufgeräumte Bank zu hinterlassen.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.63%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    19.2%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.52%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.42%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.24%
pixel