Der oberste Verantwortliche der Compliance-Abteilung bei der liechtensteinischen LGT-Gruppe hat das Unternehmen überraschend verlassen, wie Recherchen von finews.ch ergaben. Sein Abgang erfolgt kurz nachdem seine frühere Arbeitgeberin aufgrund zweifelhafter Geschäfte im venezolanischen PDVSA-Korruptionsskandal von der Finma sanktioniert worden war.

Johannes Pfister 511Johannes Pfister (Bild links), Leiter der Compliance-Abteilung bei der liechtensteinischen LGT, tritt zurück, bestätige ein Sprecher der Bank gegenüber finews.ch. «Johannes Pfister ist aus persönlichen Gründen, die nichts mit der LGT zu tun haben, zurückgetreten», präzisierte er weiter.

Sein Rücktritt erfolgt per sofort. «Er arbeitet nicht mehr für die LGT», sagte der Sprecher. Seitens Pfisters war kein Kommentar zu erhalten.

Die Demission erfolgte kurz nachdem sich finews.ch nach Pfisters beruflicher Vergangenheit erkundigt hatte. Pfister war von Ende 2011 bis 2014 Compliance-Verantwortlicher bei der Banca Credinvest gewesen, wie zwei Quellen unabhängig voneinander berichteten. «Die Kündigung von Herrn Pfister erfolgte im Herbst 2014», sagte der Anwalt von Credinvest, Fulvio Pelli, gegenüber finews.ch.

Sanktionen der Finma

Die Banca Credinvest tauchte vergangene Woche als drittes Finanzinstitut auf, das von der Schweizer Finanzaufsichtsbehörde Finma sanktioniert worden war. Zu den Aktionären der in Lugano ansässigen Privatbank gehören Alejandro Betancourt und, bis kurz nach seiner Anklage wegen Geldwäscherei in den USA im Jahr 2018, Francisco Convit, wie finews.ch am vergangenen Donnerstag berichtet hatte.

finews.ch hat keinen Hinweis darauf, dass Pfister direkt in den PDVSA-Skandal von Credinvest verwickelt war. Dabei geht es um jahrelange Korruption beim staatlichen venezolanischen Ölkonzern PDVSA; es handelt sich um einen der grössten Raubzüge in der jüngeren Finanzgeschichte, wie finews.ch schon früher berichtet hatte.

Die Finma ihrerseits erklärte, sie habe Beweise für Versäumnisse bei der Tessiner Bank von 2013 bis 2017 gefunden – was ein Jahr einschliesst, während dem Pfister die Compliance-Abteilung verantwortete. Sein jetziger Rücktritt lässt darauf schliessen, dass die LGT das Vertrauen in ihn verloren hat – nachdem die Credinvest-Affäre vor zwei Wochen an die Öffentlichkeit gelangt war.

Schweizer Banken im Dienst der Bolichicos

Das Duo Betancourt und Convit gehört zu einer Gruppe bestens vernetzter, jüngerer Geschäftsleute, die unter dem Regime von Hugo Chávez reich wurden. Dutzende von Schweizer und liechtensteinischen Banken geschäfteten mit diesen sogenannten «Bolichicos», darunter etwa Julius Bär. Auch die Credit Suisse wurde 2018 wegen Unregelmässigkeiten bei der Bekämpfung von PDVSA-Hinterziehungsgeldern sanktioniert.

Pfisters Weggang illustriert zusätzlich, wie stark manche Banken in diesen Korruptionsskandal verwickelt sind. Die Credinvest selber ist dabei nur ein winziges Puzzleteil in einem Fall, bei dem zwischen 2002 und 2014 schätzungsweise 1,5 Billionen Dollar aus den Kassen von PDVSA verschwanden. Diese Angaben beruhen auf Informationen der Webseite «Infodio», die diesen Skandal rund um die staatlich kontrollierte Öl- und Gasfirma Venezuelas verfolgt.

Kürzliche Beförderung zum Gesamtleiter

In seinem LinkedIn-Berufsprofil führt Pfister seine Tätigkeit zwischen Ende 2011 und Mai 2015 als Partner für Legal und Compliance bei einem ungenannten «neuen Schweizer Bankprojekt» in Zürich und in Lugano auf. Darin wird er als «ein zukunftsorientierter, geschäftlich erfahrener und beruflich qualifizierter Compliance-Experte mit 20 Jahren Branchenerfahrung» beschrieben.

Er stiess im Juni 2015 zunächst als Leiter Compliance für Finanzkriminalität zur LGT. Im Mai dieses Jahres wurde er gemäss seinem Profil zum Gesamtleiter für Compliance bei der in Vaduz domizilierten Bank befördert.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.73%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.38%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.51%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.39%
pixel