Kaum eine andere Grossbank als die Credit Suisse hat weltweit mehr Persönlichkeiten hervorgebracht, die auf ihrem jeweiligen Gebiet eine Pionierrolle übernahmen. Das hat der CS immer wieder geholfen. Manche Lichtgestalten verlor sie allerdings auch an die Konkurrenz. 

Man ist immer wieder erstaunt, wie viele mehr oder weniger bekannte Leute irgendwann einmal in ihrer Karriere im Sold der Credit Suisse standen. Der Forscher, Finanzmathematiker und Bestsellerautor Nassim Nicholas Taleb («Der Schwarze Schwan») gehört genauso dazu wie Larry Fink, der Mitgründer und heutige CEO und Chairman von Blackrock, dem grössten Vermögensverwalter der Welt.

Reservoir an Talenten

Aber auch Stephen Hester, der spätere CEO der krisengeschüttelten Royal Bank of Scotland (RBS) war einst ein CS-Angestellter, wo er auch seine erste Ehefrau kennenlernte.

Manche CS-Mitarbeitende brachten es innerhalb der Schweizer Grossbank so weit, dass sie auf ihrem Gebiet unangefochten an der Spitze rangierten. Zehn Beispiele liefert die nachstehende Liste. Ganz offensichtlich bietet die CS einen besonderen Nährboden für Höchstleistungen. Nur wenige (US-)Banken können bei diesem Reservoir an Talenten mithalten.

1. Niron Stabinsky: Der talentierte Mr. SPAC

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Bereits gilt er als «Mr. SPAC», dank seiner exzellenten Beziehungen zu den grössten Blanko-Scheck-Unternehmen in den USA. Das Kürzel SPAC steht für Special Purpose Acquisition Company. Dabei handelt es sich um eine Mantelgesellschaft, die zunächst Kapital über einen Börsengang einsammelt, um dieses dann in einem zweiten Schritt in die Übernahme eines Unternehmens zu investieren – der letzte Schrei an der Wall Street.

Angeführt von Stabinsky hat die Credit Suisse laut «The Wall Street Journal» im vergangenen Jahr bei sieben der zehn grössten SPAC-Transaktionen die Fäden gezogen. Der Banker, der seine Karriere bei der einstigen Credit Suisse First Boston (CSFB) begann, den Grossteil aber bei der Deutschen Bank absolvierte, ist seit 2015 wieder bei der Schweizer Bank. Dank ihm gilt sie nun als Königsmacherin im SPAC-Business an der Wall Street.

2. John Popp: Der loyale Schulden-Spezialist

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Der US-Banker ist ein zentraler Ertragszulieferer im Asset Management der Credit Suisse. Die von ihm aufgebaute und geleitete Kreditabteilung in New York ist laut der «International Financing Review» eine der grössten Verwalterinnen von Leveraged Finance Debt (fremdfinanzierte Schulden) an der Wall Street; darüber hinaus gilt Popp als Taktgeber im Geschäft mit Collateralized Loan Obligations (besicherte Darlehensverpflichtungen).

Popps Einheit erhielt im vergangenen Jahr zusätzlich Auftrieb, als sie eine von CS-Kollege Jim Amine geleitete Abteilung für Privatkredite übernahm. Popp hält der CS seit bald ein Viertel Jahrhundert die Treue, nachdem er für das französische Finanzinstitut Indosuez die Vermögensverwaltung ins Leben gerufen hatte.

3. James Leigh-Pemberton & Ewen Stevenson: Retter in der Krise

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Vor allem während und unmittelbar nach der Finanzkrise von 2008/2009 war das Duo im Schosse der CS aktiv und konzipierte die Rettungsprogramme im Auftrag der britischen Regierung zur Rettung lädierter Traditionshäuser wie die Royal Bank of Scotland (RBS) oder Lloyds.

Leigh-Pemberton (Bild oben), der Sohn eines ehemaligen Gouverneurs der Bank of England (BoE), verliess die CS 2014, um in der Folge im britischen Schatzamt die Beteiligungen der Regierung an den verstaatlichten Banken zu verwalten.

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Stevenson wiederum verliess die Schweizer Grossbanken ebenfalls 2014 um im selben Jahr Finanzchef der RBS zu werden. Inzwischen hat er diese Funktionen bei einem anderen traditionsreichen britischen Finanzinstitut inne: bei der HSBC, wo er seit kurzem auch noch für die Transformation des mehrfach gebeutelten Konzerns verantwortlich zeichnet.

4. Bennett Goodman: Banker mit Firmenwagen auf Lebzeiten

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Der erfahrene Investmentbanker ist ein Urgestein im Bereich hochverzinslicher Obligationen (High-Yield Bonds): Er begann seine Karriere in den 1980er-Jahren an der Seite von Michael Milken bei Drexel Burnham Lambert. Dann wechselte er zum US-Institut Donaldson Lufkin and Jenrette (DLJ), das wiederum von der CS im Jahr 2000 akquiriert wurde. In der Folge leitete er deren Abteilung für alternative Kapitalanlagen bis 2005.

Noch im selben Jahr gründete er mit mehreren Partnern die Kreditboutique GSO, die er 2008 an die Private-Equity-Firma Blackstone verkaufte. Das Unternehmen soll 2019 Goodmans Arbeitsvertrag noch versüsst haben – etwa mit einem Firmenwagen und Chauffeur auf Lebenszeit sowie mit einem Gehalt, das gemessen an seiner Höhe gleich hinter demjenigen von Blackstone-Gründer Steve Schwarzman rangiert – das alles, um Goodman bei der Stange zu halten.

5. Andy Stone: Donald Trump in der Kundendatei

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Der US-Investmentbanker ritt den Boom der 1990er-Jahre in Manhattan, indem er einen Grossteil der Projekte, die diese Hausse befeuerten, finanzierte – zu seinem Kundenstamm gehörte unter anderem der Bauunternehmer Harry Macklowe genauso wie der kürzliche US-Präsident Donald Trump. Die CSFB garantierte Stones Abteilung angeblich einen festen Anteil an den erzielten Gewinnen, was Trump als «das beste Geschäft, das er (Stone) je gemacht habe» bezeichnete.

Mit der russischen Schuldenkrise Ende der 1990er-Jahre ging aber auch sehr viel Geld wieder verloren. Stone, selber ein äusserst forscher Investmentbanker stritt sich schliesslich leidenschaftlich mit der Schweizer Bank um seinen Bonus, als er das Unternehmen 1999 verließ. Fünf Jahre später gründete er Petra Capital Management, wo er seither ähnlichen, aber weitaus kleineren Immobiliengeschäften nachgeht.

6. Adebayo Ogunlesi: Vom Jurist zum Investmentbanker

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Der Nigerianer war einer der ersten Afrikaner in der Top-Funktion an der Wall Street, nachdem er eine Karriere als Jurist (er arbeitete für den ersten afroamerikanischen Richter am Obersten Gerichtshof der USA, Thurgood Marshall) ausgeschlagen hatte. Stattdessen wechselte er ins Investmentbanking, wo er eine 23-jährige Karriere bei der CSFB hinlegte, bevor er 2006 die Firma Global Infrastructure Partners gründete.

Das 70-Milliarden-Dollar-Buyout-Powerhouse schnappte sich vor vier Monaten Jim Amine, ein weiterer CS-Veteranen, der sich mit Transaktionen befasst. Ogunlesi ist zwischenzeitlich auch Mitglied des Verwaltungsrats der US-Bank Goldman Sachs, die unter der Leitung von CEO und Chairman David Solomon steht.

7. Ross Mtangi: Noch immer im Einsatz für die CSFB

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Die Credit Suisse holte den Derivate-Spezialisten vor genau drei Jahren von der Bank of America an Bord. Die Schweizer Grossbank schuf die Marke CSFB kurz nachdem der junge Mtangi Die US-Hochschule Harvard erfolgreich verlassen hatte, ab. Doch das hindert ihn nicht daran, das legendäre, blau-rote Logo bis heute auf seinem LinkedIn-Profil beizubehalten.

Der smarte Derivate-Spezialist bewährte sich bereits dermassen, dass der frühere CS-Chef Tidjane Thiam ihn verschiedentlich bei Präsentationen namentlich erwähnte – Ross Mtangi sei der Mann im Markt.

8. Kenneth «Ken» Moelis: Immer im richtigen Moment

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Der M&A-Spezialist hat wie Bennet Goodman (vgl. Punkt 4) an der Seite von Junk-Bond-King Michael Milken seine Karriere lanciert. Dort lernte Moelis auch den Las-Vegas-Tycoon Steve Wynn kennen, der den Strip in der dortigen Casino-Metropole in ein «Disneyland für Erwachsene» verwandelte. Und Moelis war sein Dealmaker.

Später wechselte Moelis zu DLJ, nachdem Milkens Drexel Burnham Lambert 1990 zusammengebrochen war. Dem Unternehmen hielt er bis 2001 die Treue, nachdem es von der CS im Sommer 2000 übernommen worden war. In der Folge wechselte er zur UBS und gründete dann 2007 seine eigene Firma, Moelis & Co. Die einstige Finanz-Boutique rangiert gemessen am Volumen der getätigten Transaktionen bereits auf Platz 14 und ist hinter dem Konkurrenten Evercore bereits der zweitgrösste Spezialanbieter im M&A-Geschäft.

9. Frank Quattrone: Der «Master of the Universe»

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Der Silicon-Valley-Veteran ist vermutlich derjenige Banker, den man am meisten mit der CS und der ersten Techblase Ende der 1990er-Jahre assoziiert. Seine Abteilung wechselte zur Credit Suisse, indem man das Firmenschild der Deutschen Bank, wo Quattrone zuvor gearbeitet hatte, einfach abschraubte und ein CS-Emblem anbrachte.

In den fünf Jahren, in denen er im Sold der Schweizer Grossbank stand, wickelte er jede Menge Börsengänge von Internet-Firmen ab und verdiente sich und der CS eine goldene Nase. Der frühere CS-Chef Lukas Mühlemann bezeichnete ihn einmal als «Master of the Universe». 

Wenige Jahre später klagte ihn die US-Justiz an und unterstellte ihm, bei einigen Börsengänge geschummelt zu haben. Allerdings endete das Verfahren mit einem Freispruch, so dass er in der Folge sein eigenes Unternehmen namens Qatalyst gründen konnte – eine Berater-Boutique im Silicon Valley. Der heute 66-jährige Quattrone präsidiert die Firma immer noch, hat sich aber aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen.

10. Robert L. Genillard & Hans-Jörg Rudloff: Erfinder der Eurobonds

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Er war vermutlich der erste Schweizer Investmentbanker auf dem internationalen Parkett: Robert L. Genillard (Bild oben), der in den 1950er-Jahren für die spätere Credit-Suisse-Tochter White Weld arbeitete, die zunehmend enger mit der damaligen Schweizerischen Kreditanstalt (SKA, später Credit Suisse) kooperierte und so das Fundament für die spätere Investmentbank der CS legte.

«Bob» Genillard erkannte geradezu visionär, dass sich der Eurobond-Markt in London zu einer der wichtigsten internationalen Finanzierungsquellen der damaligen Zeit entwickeln würde, was wiederum der CS einen unschätzbaren Geldsegen bescherte. Im Zentrum dieser bahnbrechenden Entwicklung standen auch die Banker Siegmund Warburg und Evan Galbraith sowie drei Schweizer: Neben Genillard, Hans-Jörg Rudloff (Bild unten) sowie der «Spiritus rector» der CS: Rainer E. Gut.

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Über die Jahre entwickelte sich zwischen diesen dreien eine enge Beziehung, zu der noch eine weitere Person hinzu stiess: Oswald J. Grübel, der 1970 von Genillard als Eurobond-Trader engagiert worden war. Im Jahr 1978 wurde Grübel bei White Weld CEO; später brachte er es bis an die Spitze der CS und dann der UBS.

Genillard wiederum übernahm in den 1980er-Jahren diverse Verwaltungsratsmandate (Alusuisse, American Express und später auch Novartis) und betätigte sich als Investor. Der CS blieb er jedoch stets verbunden, unter anderem im Aufsichtsgremium der Clariden Bank, die für die CS stets eine strategische Sonderrolle spielte.


Mitarbeit: Katharina Bart und Claude Baumann

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