António Horta-Osório ist Ende April Verwaltungsrats-Präsident einer in ihren Grundfesten erschütterten Bank geworden. Welche Pflöcke hat er seither eingeschlagen und wo steht Credit Suisse jetzt?

Die Monate März und April 2021 waren für die Credit Suisse (CS) beispiellos desaströs: Sie musste ihre 10 Milliarden Dollar schweren Greensill-Fonds schliessen, verprellte Investoren und erlitt wenig später in ihrer Investmentbank mit Archegos Capital, einem privaten Hedgefonds des früheren Star-Investors Bill Hwang, einen Verlust von über 5 Milliarden Franken.

Es sind zwei selbst verschuldete Desaster, die sich an den Spygate-Skandal um Iqbal Khan und den unrühmlichen Abgang des damaligen CEO Tidjane Thiam im Februar 2020 reihen.

Als erste Handlung entliess CEO Thomas Gottstein seine Risikochefin Lara Warner und Investmentbank-Chef Brian Chin. Im Asset Management mussten Eric Varvel und Michel Degen ihre Chefposten räumen.

Es waren Urs Rohners letzte Wochen als CS-Präsident. Seine Amtszeit dürfte als verlorenes Jahrzehnt der CS in die Annalen gehen. Sein designierter Nachfolger, der Portugiese und CEO der britischen Lloyds-Bank António Horta-Osório, kurz AHO, stand bei Amtsantritt vor dem sprichwörtlichen Scherbenhaufen. finews.ch zeigt anhand einer Zeitschiene und fünf verschiedenen Kapiteln auf was seine Handlungen war und parallel dazu die weiteren Geschehnisse um die CS auf.

1. Eine erschütterte Bank und Vertrauensmassnahmen
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AHOs Aktionen Geschehnisse ausserhalb
30. April AHO wird an der CS-Generalversammlung zum Präsidenten gewählt. Er sprach CEO Gottstein sein Vertrauen aus und sagte weiter, sein Fokus werde zunächst auf dem Risikomanagement der Bank sowie der Strategie und der Unternehmenskultur liegen.    
4. Mai AHO kauft für 1,2 Millionen Dollar CS-Aktien. Der Kurs liegt etwas über 9 Franken. Anfang August kauft er für eine weitere Million Dollar CS-Aktien.    
12. Juni Queen Elisabeth schlägt den 57-jährigen AHO «wegen seiner Verdienste für die Finanzindustrie» zum Ritter.    
1. Juli In seinem ersten Interview als CS-Präsident versucht AHO in der «NZZ», die Wogen zu glätten. Strategische Entscheide wolle er erst Ende Jahr treffen. Dem Management spricht er erneut das Vertrauen aus. Gleichzeitig sagt er, «Legacy»-Probleme der CS seien ihm schon länger aufgefallen. July 1 Der grösste Aktionär der CS, der Staatsfonds von Katar, erhöht seinen Anteil auf über 6 Prozent.
5. Juli Der Wechsel von Joanna Hannaford von Goldman Sachs zur CS wird angekündigt. Sie wird ab 2022 Technologie-Chefin sein.    
22. Juli Die CS verspricht höhere Boni und Saläre, um wichtiges Personal zu halten.    
29. Juli CEO Gottstein sagt, die oberste Priorität sei, den Greensill-Fonds-Investoren ihr Geld zurückzubezahlen.  29. Juli Die Zweitquartalsergebnisse der CS zeigen die Folgen der Skandale: Zahlreiche Kunden haben ihre Gelder abgezogen.
13. August Der erste wichtige Schachzug AHOs: Er schlägt Axel Lehmann für den VR vor und will ihn zum Vorsitzenden des Risikokomitees machen. Mit Lehmann soll auch Juan Colombas in den VR gewählt werden, ein früherer Risikomanager von Lloyds. Die Wahl ist für den kommenden 1. Oktober angesetzt.    
2. Archegos Capital – Aufarbeitung eines systemischen Versagens
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AHOs Aktionen Geschehnisse ausserhalb
     17. Juni Die Schweizerische Nationalbank sagt in ihrem Stabilitätsbericht, sie schaue sich die Fälle Archegos wie auch Greensill bei der CS genau an.
27. Juli David Wildermuth wird das Top-Management der CS als Risikochef ergänzen. Wildermuth kommt von Goldman Sachs und tritt sein Amt im Februar 2022 an.    
29. Juli AHO sorgt für Transparenz und macht den externen Untersuchungsbericht zum Archegos-Debakel öffentlich. Gleichzeitig kündigt die CS Massnahmen an, die Risikomanagement und Kultur in der Bank verbessern sollen.    
30. Juli Ralf Hafner, Risikochef in der Investmentbank, muss gehen. Schon im April hatten verschiedene Risikomanager den Hut nehmen müssen. Im Juli wurde zudem die Ex-Händlerin Amélie Perrier zur Risikochefin für Gegenparteirisiken ernannt. Das sogenannte Counterparty Risk Management hatte die CS nicht nur im Falle von Archegos sträflich vernachlässigt.    
3. Greensill – Schadensbegrenzung
1 prozentLex Greensill (Bild: greensill.com)

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    14. Mai Das britische Serious Fraud Office startet eine Untersuchung zur GFG Alliance, Hauptkunde von Greensill Capital und Rohstoff-Konglomerat von Sanjeev Gupta. Der Verdacht geht in Richtung Betrug und Geldwäscherei.
27. Mai Wegen der Verwicklungen mit Greensill Capital kappt die CS ihre Beziehungen zu Softbank. Angesichts der engen und langen Beziehungen zum Chef und Gründer Masayoshi Son, der auch CS-Privatkunde war, auch ein symbolischer Schritt.    
27. Mai Im Konflikt um Rückzahlungen von GFG Alliance beschliesst die CS ein Stillstandsabkommen mit Sanjeev Gupta.    
    28. Mai Die Berichte, dass CS-Manager schon früh Warnsignale zu Greensill und GFG Alliance erhalten hatte, häufen sich. «Bloomberg» und die «Financial Times» schreiben, dass Rohstoffhändler die CS-Compliance mehrfach auf Unregelmässigkeiten bei GFG Alliance aufmerksam gemacht hätten.
9. Juni Die CS ersetzt im Asset Management Michel Degen durch Filippo Rima. Wie Degen, der als Architekt der Greensill-Fonds gilt, wird er Schweiz- und EMEA-Chef. Zwei Wochen später ist Degens Name auch im Handelsregister gestrichen.    
1. Juli Die CS zahlt 750 Millionen Dollar an Kunden aus, die in Greensill-Fonds investiert waren. Anfang August erfolgt eine weitere Zahlung von 400 Millionen Dollar. Damit erhielten die Investoren bislang rund 6 Milliarden Dollar zurück – über 4 Milliarden Dollar sind noch ausstehend.    
4. Exodus beim Personal und Massnahmen
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AHOs Aktionen Geschehnisse ausserhalb
    3. Mai Julius Bär schnappt sich ein Team von Beratern mit reichen lateinamerikanischen Kunden.
    19. Mai Die UBS wirbt Jean-Marc Botteri ab, der bei der CS eng mit Iqbal Khan zusammengearbeitet hatte.
    28. Mai Alejandro Przygoda wechselt zur Investmentbank Jefferies. Er war Dealmaker in der CS-Investmentbank und leitete das Financial Services Team. Er ist einer von mehreren Dutzend CS-Investmentbankern, die das Weite suchen: Unter ihnen Greg Weinberg und Diren Schah. Im Wealth Management verliert die CS u.a. Georges El Khoury.
4. Juni Investmentbank-Chef Christian Meissner ernennt zwei COO, Warren Young und Elodie Blanc.    
24. Juni AHO äussert sich zur Investmentbank: Sie sei eine Ergänzung zum Wealth Management. Die Abgänge in der CS-Investmentbank halten an.    
25. Juni Die ehemalige Diversity-Chefin von Lloyds, Zarina Mahmud, folgt AHO zur CS.    
5. Die «anderen» Legacy-Probleme der CS

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Iqbal Khan, Co-Chef Wealth Management UBS

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25. Juli Nachdem die CS und ihr früherer Star-Banker Iqbal Khan fast zwei Jahre gestritten haben, begraben sie nach AHOs Amtsantritt das «Spygate»-Kriegsbeil.    
29. Juli Die CS schiebt die volle Rückzahlung von 2,8 Milliarden Dollar als Entschädigung für faule Hypothekarkredite in den USA auf. Die Laufzeit der Zahlungsfrist dauert nun bis 2026. Damit wird der Deal zwar teurer, aber das Eigenkapital der CS derzeit weniger belastet.    
    3. August Die CS muss sich im September 2023 vor einem Londoner Gericht wegen des «Tuna Bond»-Korruptionsskandals in Mozambik verteidigen.
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
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