Gemäss ihrer neuen Strategie will die Credit Suisse in der Vermögensverwaltung 500 Kundenberaterinnen und -berater engagieren. Nur, wo findet man 500 solche Leute?, fragt sich der frühere Private Banker Bernardo P. Brunschwiler in seinem Gastbeitrag für finews.ch.

Um erfolgreich wachsen zu können, braucht es qualifizierte Kundenberater. Was heisst das genau? Interessant wäre eine präzisere Definition, was für Beraterinnen und -berater die Credit Suisse (CS) genau sucht. Ohne Zweifel braucht es Leute, die nebst einer sehr soliden Wirtschafts-, Finanz- und Compliance-Ausbildung ein Netzwerk haben, das sie ab dem ersten Tag direkt und erfolgreich angehen können.

Zudem müssen international tätige Kundenberater nicht nur die Sprache, sondern auch die Mentalität, das wirtschaftlich, soziale und politische Umfeld und die wesentlichen «Soft Factors» des entsprechenden Landes und dessen Kultur «intus» haben.

Immer weniger Auslandserfahrung

Ein Beispiel: Viele Banken stellen für den lateinamerikanischen Markt durchaus gut ausgebildete, junge spanische Berater an. Denn diese sprechen ja auch Spanisch. Allerdings, wenn jemand aus Spanien stammt, dann heisst das noch lange nicht, dass er weiss, wie ein lateinamerikanisches Land oder Kunden aus dieser Region effektiv ticken. Solche vertieften Länderkenntnisse und -erfahrungen sind nicht nur wegen des Akquisitionspotentials wichtig, sondern weil sie auch eine wertvolle Massnahme zur Risikominimierung bedeuten.

Die Herausforderung, die ich in den vergangenen Jahren im Schweizer Wealth-Management-Markt beobachtet habe, ist die Tatsache, dass immer weniger jüngere Kundenberater Ausbildungs- und vor allem Arbeitsjahre in einer bestimmten Weltregion verbracht haben.

Persönliches Netzwerk

Der gesamte Schweizer Private Banking Markt hat über viele Jahrzehnte von der internationalen «on the job» Ausbildung von jungen, in der Schweiz rekrutierten, Hochschul- und qualifizierten Lehrabgängern profitiert. Diese wurden von den Grossbanken nach systematischen Auswahl- und strengen Assessment-Verfahren als «Junior Key People» ins Ausland gesandt, wo diese erste praktische Erfahrungen als «Trainees» sammelten.

Danach kamen sie in verschiedenen Märkten, etwa in Nord- oder Lateinamerika, in Asien, Europa oder in Nahost, für einige Jahre zu ihrem ersten «richtigen» Arbeitseinsatz. Einmal zurück in der Schweiz, hatten solche Berater nicht nur perfekte Sprach- und Landeskenntnisse, sondern auch ein sehr persönliches Netzwerk in diesen Ländern.

Langfristig planen

Ich zweifle daran, dass es einer CS leicht fallen wird, in der Schweiz die richtigen Kundenberaterinnen und -berater zu finden. Tatsache ist nämlich auch, dass in den vergangenen Jahren sehr viele, erfahrene und erfolgreiche Kundenberater zu unabhängigen Vermögensverwaltern abgewandert sind und kaum in eine Bank zurückkehren wollen. Oder aber, sie arbeiten inzwischen bei Privatbanken.

Wichtigster Grund für diese Entwicklung: Ehemalige «Gross-Banker» sind bei unabhängigen Vermögensverwaltern oder Privatbanken zumeist keiner kurzfristigen Produkteverkaufs-Kultur unterworfen, sondern können ihr Geschäft langfristig planen, und ohne, dass sie alle paar Jahre «reorganisiert» oder neu «segmentiert» werden. Aber auch im Ausland, wo die CS vertreten ist, dürfte es nicht einfach werden, gute Leute zu finden – und sicherlich auch nicht ganz günstig.

Dinosaurier des Private Banking

Persönlich mag ich mit 65 Jahren ein «Dinosaurier» des Private Banking sein. Ich weiss, dass die Finanzwelt, die Kundenbedürfnisse und die ganze Digitalisierung die Vermögensverwaltung, oder Neudeutsch eben Wealth Management, dramatisch verändert haben und es auch weiter tun werden. Trotzdem bin ich überzeugt, dass unternehmerisch aktive Kundinnen und Kunden an stabilen, vertrauenswürdigen Beziehungen interessiert sind. Sie suchen professionelle Betreuung und Beratung für ihr Vermögen und ihre Finanzgeschäfte.

Das Geschäftspotenzial für den Schweizer Standort und seine Banken ist insofern weiterhin klar vorhanden. Das Schweizer Wealth Management braucht deshalb unbedingt eine gewisse Swissness. In diesem Sinne, wäre eine vertiefte Analyse der internationalen Aus- und Weiterbildung (inklusive praktischer Auslands-Arbeitserfahrung) von Kundenberatern – wie vor Jahren die «Junior Key People»-Programme der Grossbanken – zumindest bedenkenswert. Logischerweise angepasst an die heutige Zeit und unter Berücksichtigung der regulatorischen Möglichkeiten und Vorgaben.


Bernardo P. Brunschwiler, lic.oec. HSG, ist in Argentinien aufgewachsen. Ab 1982 war er im Swiss Banking mit Lateinamerika tätig, bei der Credit Suisse und der BSI (1983-1991) in Zürich, Lugano, Buenos Aires und New York. Von 1994 bis 2004 war er beim Bankverein (später UBS) für das Wealth Management in Lateinamerika verantwortlich. Ab 2006 war er selbständig, 2010/11 bei Clariden Leu tätig und ab 2014 bei der PKB Privatbank zuständig für Lateinamerika. Die PKB hat er Ende Februar 2021 verlassen. Seine Einzelfirma Bernardo Brunschwiler Consulting hat er 2012 in Zug gegründet.

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