Wenn sich die beiden Schweizer Grossbanken gegenseitig einstufen, geschieht dies zumeist eher behutsam. Denn obschon sie letztlich Konkurrenten sind, gestalten sie gemeinsam auch massgeblich den Schweizer Finanzplatz. Und niemand ist daran interessiert, dass es in Zukunft nur noch eine Grossbank gibt. Derzeit sieht die UBS aber wenig Potenzial in ihrer nächsten Rivalin.

Seit der Ankündigung von dieser Woche, wonach die Credit Suisse (CS) am kommenden Mittwoch für das erste Quartal 2022 einen Verlust ausweisen wird, hat die CS-Aktie weiter an Wert verloren. Sie notiert inzwischen bei 7.14 Franken. Wenig deutet darauf hin, dass sich der Titel in absehbarer Zeit erholen wird, zumal CS-Chef Thomas Gottstein bereits Anfang 2022 von einem «Übergangsjahr» sprach. Die jüngsten Warnungen bekräftigten eher noch, dass bis auf weiteres kaum mit grossen Avancen zu rechnen ist.

Zu diesem betrüblichen Schluss kommt auch die britische Investmentbank Barclays, die ihr Kursziel für die CS-Aktie am (gestrigen) Donnerstag von 7.50 Franken gar auf 7.00 Franken gesenkt hat. Ihr Bankenspezialist, Amit Goel, stuft den Titel gar auf «underweight» ein, was letztlich als Verkaufsempfehlung zu interpretieren ist.

Konkurrenten und Verbündete

Im Gegensatz dazu geht der Bankenanalyst der UBS, Daniele Brupbacher, mit der CS etwas weniger hart ins Gericht. Er attestierte diese Woche der CS-Aktie ein Kursziel von 7.40 Franken auf zwölf Monate und stuft den Titel als «neutral» ein. Mit anderen Worten: Von einem Kauf rät auch er trotz der extrem tiefen Bewertung recht eigentlich ab.

Wenn sich die beiden Schweizer Grossbanken gegenseitig einstufen, geschieht dies zumeist eher behutsam, denn obschon sie letztlich Konkurrenten sind, gestalten sie gemeinsam auch massgeblich den Schweizer Finanzplatz. Und niemand ist daran interessiert, dass es in Zukunft nur noch eine Grossbank gibt.

Bloss noch Retouchen

Über Jahrzehnte waren sich die Geschäftsmodelle der UBS und der CS auch recht ähnlich. Doch im Laufe der vergangenen zehn Jahre hat sich dies sukzessive geändert. Während die UBS bloss noch Retouchen an ihrem «Erfolgsmodell» vornimmt, wie der frühere UBS-Präsident Axel Weber gerne sagte, laboriert die CS seit Jahren nun an einem Neubeginn – aber ohne Erfolg.

Auch dies lässt sich an der Kursentwicklung der CS-Aktie und an den entsprechenden Einstufungen der UBS sehr gut illustrieren. Zuletzt erteilte UBS-Bankenanalyst Brupbacher der CS-Aktie ein «buy» am 28. April 2021, also vor rund einem Jahr. Damals notierte der Titel bei 9.73 Franken, und die UBS hatte ein Kursziel von 10.80 Franken formuliert – mehr als die Hälfte höher als es der aktuelle Kurs von 7.14 Franken ist.

Ein Finanzplatz – zwei Geschäftsmodelle

Im Dezember 2021 stufte die UBS die CS-Aktien dann auf «neutral» um, einerseits vor allem mit den anhaltenden Turbulenzen um die Greensill-Fonds und den Archegos-Hedgefonds zu tun hatte, andererseits aber auch mit dem Umstand, dass des dem damaligen CS-Präsidenten António Horta-Osório nicht gelungen war, der Bank eine neue, glaubwürdige Strategie zu verpassen. Gegen Ende 2021 belief sich das Kursziel der UBS für die CS-Aktie bei 9.30 Franken und reduzierte sich dann nochmals im Februar 2022 auf 8.50 Franken. Seither ist die Einschätzung weiter zurückgegangen, wie bereits eingangs erwähnt.

Damit ist klar: Fortan heisst es definitiv: Ein Finanzplatz – zwei Geschäftsmodelle – und damit schlagen die UBS und CS ein neues Kapitel in der Schweizer Bankengeschichte auf. Während die UBS davonzieht, wird die CS anlässlich der Präsentation ihrer Quartalszahlen am kommenden Mittwoch kaum darum herumkommen, auch personelle Veränderungen anzukündigen. Nur so kann sie glaubwürdig einen Neustart in Aussicht stellen.

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