Das ab 2023 geltende neue regulatorische Regime hat bei den unabhängigen Vermögensverwaltern eine Zeitenwende eingeläutet. Über das richtige Überlebenskit wird vielfach gerätselt.

Diese Adventsbotschaft von finews.ch war alles andere als frohlockend: In den kommenden zwei Jahren werden bis zu 800 unabhängige Vermögensverwalter in der Schweiz verschwinden.

Das ist eine epochale Umwälzung für eine Branche, die zwar vor allem aus Kleinstbetrieben mit weniger als zehn Mitarbeitenden besteht, insgesamt aber mit rund 500 Milliarden Franken an Kundengeldern mehr auf die Waage bringt als etwa die Zürcher Kantonalbank oder die Privatbank Julius Bär.

Vor allem die Kleinstunternehmen werden das Handtuch werfen, weil sie auf die ab 2023 erforderliche Finma-Lizenz verzichten, die mit bis zu 40'000 Franken zu Buche schlägt. Nicht auszuschliessen ist aber auch, dass viele der sogenannten External Asset Managers (EAM) ihr Geschäftsmodell überarbeiten, um der Bewilligungspflicht ausweichen zu können.

Unnachgiebige Aufsicht

Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma), der die lockere Regulierung ein Dorn im Auge ist, will mit dem Gütesiegel die Glaubwürdigkeit der EAM gegenüber den Kunden verbessern. Sie bestätigte dieser Tage gegenüber der «NZZ am Sonntag» (Artikel kostenpflichtig), dass sie per Ende November erst 600 Bewilligungen erteilt hat, weitere 500 Gesuche in Bearbeitung sind und 350 Fälle aus Sicht der Behörde als problematisch eingestuft werden.

Selbst wenn der Markt Ende 2024 wie geschätzt auf höchstens 1’500 Firmen schrumpfen dürfte, wird danach ein weiterer Kahlschlag ausbleiben. Stattdessen erwarten Marktkenner, dass viele unabhängige Vermögensverwalter aus eigener Kraft prosperieren wollen. Möglich macht dies gerade auch die organisatorische Fitnesskur, denen sich die Unternehmen zum Erhalt der Finma-Lizenz zuvor unterworfen haben.

Schwieriger Hindernislauf

Dennoch dürfte mittelfristig vielleicht ein Drittel der noch bestehenden unabhängigen Vermögensverwalter ihr Geschäft aufgeben. Zu hoch sind bei den EAM nach Ansicht von Auguren die weiter gestiegenen Kosten für Risiko und Compliance sowie der administrative Aufwand für wiederkehrende Compliance-Audits. Ausserdem schliessen wegen einer gewissen Überalterung derzeit jedes Jahr mehr als 100 unabhängige Vermögensverwalter ihre Tore. 

Neben Kostenstruktur und ungeregelter Nachfolge ist ein weiteres Hindernis, dass die meisten EAM weniger als eine Milliarde Franken an Kundengeldern verwalten. Damit seien sie im Teich der Vermögensverwalter ein viel zu kleiner Fisch um nicht irgendwann gefressen zu werden, ist eine vielgehörte Aussage der Untergangspropheten.

Neu aufblühende Ökosysteme

Eine schmerzhafte Konsolidierungswelle mag zwar unausweichlich sein. Doch zu einem gewissem Grad ist sie auch gesund. So fördern Zusammenschlüsse den Austausch, indem etwa Netzwerke und Kompetenzen ausgeweitet werden können.

Zudem bewirken sie meistens eine erhöhte Aufmerksamkeit gegenüber den Depotbanken und anderen Dienstleistern. Bestenfalls dürften bei einer Marktkonsolidierung funktionierende EAM-Ökosysteme entstehen, die mit einer hohen Profitabilität und einer bekannten Marke zunehmend auf Augenhöhe mit mittelgrossen Privatbanken mitmischen können.

Attraktive Selbständigkeit

Ein Lichtblick für die Branche ist ausserdem, dass offenbar viele erfahrene Bankberater mit dem Gedanken spielen, sich den zunehmend engeren Fesseln bei einer Bank zu entledigen. Als unabhängiger Vermögensverwalter kann die Beratung ohne kostspieliges Eigenkapital einer Bank, weniger standardisiert und mit tieferen rechtlichen Anforderungen erfolgen.

Zum positiven Szenario neigt Adrian Weber, CEO von Advea Entrepreneurial Advisory. Gegenüber finews.ch erklärte er, dass die verbleibenden unabhängigen Vermögensverwalter künftig durchaus eine bedeutende Säule im Schweizer Vermögensverwaltungs-Geschäft bilden können.

Dem Namen gerecht werden

Um anderen Akteuren am Finanzplatz Marktanteile abzujagen, müssen unabhängige Vermögensverwalter den entscheidenden, schon aus ihrer Bezeichnung abgeleiteten Vorteil ausspielen: die Unabhängigkeit.

Sie lässt sich am ehesten daran messen, ob die Firma ausschliesslich vom Honorar der eigenen Kundschaft lebt oder ob noch weitere Einkünfte aus dem Kundenvermögen anfallen, wie etwa Vertriebsentschädigungen für Produkte, Finder Fees oder andere geldwerte Leistungen, die dem Kunden vorenthalten werden.

Ein böser Verdacht

Anders als die Optimisten befürchten indessen die Sekptiker, dass die EAM mit den neuen Vorschriften ihrer Freiheiten beraubt, künftig von Staat und Banken drangsaliert werden und mit einem Bürokratie-Monster zu kämpfen haben.

Für Misstöne sorgt zudem, dass einige Depotbanken im Zusammenhang mit der Finma-Lizenzierung offenbar Druck auf die EAM ausgeübt haben. Wie auch finews.ch berichtete, sollen Depotbanken verschiedentlich gedroht haben, die Zusammenarbeit mit den EAM zu kündigen, wenn sie die erforderliche Prüfbestätigung nicht rasch vorlegen können.

Depotbanken in der Zwickmühle

Sollte sich der Zwist ausweiten, ist wohl nicht auszuschliessen, dass es die Depotbanken auf eine Machtprobe ankommen lassen und versuchen, den EAM die Kunden wegzuschnappen und das ganze Geschäft streitig zu machen. Denkbar ist aber auch das Gegenteil: Unternehmerisch getriebene Vermögensverwalter könnten zum Gegenangriff übergehen und allenfalls mithilfe von Partnern selber eine unabhängige Depotbank betreiben.

Wer letztlich als Gewinner hervorgeht, ist derzeit noch nicht abzusehen. In welcher Form auch immer: Das Intermediärgeschäft wird ein zentraler Pfeiler des Swiss Banking bleiben. Das zumindest ist eine gute Nachricht für den Schweizer Finanzplatz.