Gelingt Julius Bär mit dem Strategie-Update der Befreiungsschlag?
Julius Bär hat bei seinem Transformationsprozess einen Rückschlag erlitten: Bei einer Überprüfung kamen weitere faule Kredite ans Licht. CEO Stefan Bollinger befindet sich plötzlich in der Defensive. Jetzt hängt viel vom Strategie-Update von Anfang Juni ab. Eine Einschätzung.
Gute Nachrichten sehen definitiv anders aus. Julius Bär musste am Dienstagabend nach Börsenschluss einen weiteren Abschreiber bekanntgeben; finews.ch berichtete darüber. Es geht um ausstehende faule Kredite von insgesamt 130 Millionen Franken, die bei einer inneren Überprüfung auftauchten.
Bei den Schuldnern handelt es sich um mehrere Kunden aus der Schweiz und dem EU-Raum, wie CEO Stefan Bollinger und CFO Evie Kostakis am Mittwochmorgen an einem Mediencall erklärten. Die Kredite stehen aber in keinem Zusammenhang mit dem Skandal um den österreichischen Immobilienkonzern Signa, welcher der Bank in der Vergangenheit schwer zusetzte.
Die Folge aus den jüngsten Ereignissen: Chief Risk Officer Oliver Bartholet wird in den Ruhestand verabschiedet. An seine Stelle rückt Ivan Ivanic.
Die Suche nach faulen Krediten geht weiter
Ivanic stiess im Februar dieses Jahres als Chief Credit Officer zu Julius Bär. Er bekleidet neu die Rolle des Chief Risk Officer und nimmt gleichzeitig Einsitz in der Geschäftsleitung; er verfügt über langjährige Erfahrung in leitenden Risikomanagement-Funktionen, unter anderem als Chief Risk Officer von UBS in Asien.
Von diesen Erfahrungen wird er nun profitieren können: Unter seiner Ägide wird der Überprüfungsprozess weitergeführt. «Wir gehen davon aus, dass sich keine weiteren heiklen Positionen mehr in den Büchern finden lassen werden», sagte Bollinger am Mediencall.
Der Blick ist nach London gerichtet
Bollinger will reinen Tisch machen, die Altlasten, die bei Julius Bär noch immer vorhanden sind, bereinigen. Dies ist nur zu begrüssen.
Nach einer Busse der Finma von 4,3 Millionen Franken wegen Verstösse gegen das Geldwäschereigesetz, die vergangene Woche bekannt wurde, ist die am Dienstag offengelegte Wertberichtigung allerdings bereits die zweite Hiobsbotschaft innert kürzester Zeit. Dies belastet den Aktienkurs: Die Valoren gaben denn gestern auch bereits nach, nachdem erste Gerüchte den Tag hindurch die Runde gemacht hatten.
Auf die Unterstützung der Investoren angewiesen
CEO Stefan Bollinger ist damit auf einmal in die Defensive geraten, zumal auch die Zahlen für die ersten vier Monate dieses Jahres die Negativmeldungen nicht überblenden konnten. Julius Bär floss zwar viel Nettoneugeld zu (4,2 Milliarden Franken), doch weil sich der Franken gegenüber dem Dollar stark aufwertete, resultierte daraus bei den verwalteten Vermögen ein Rückgang von 6 Prozent auf 467 Milliarden Franken.
Bollinger ist beim Transformationsprozess auch auf die Unterstützung der Investoren angewiesen. Deshalb hängt nun vieles vom Strategie-Update ab, über den das Geldhaus am 3. Juni in London informieren wird. Bollinger machte am Mediencall mehrmals deutlich, dass seine Aufmerksamkeit nun darauf gerichtet ist.
Zumindest ist er keiner, der lange zaudert: Im Januar dieses Jahres trat er bei Julius Bär den CEO-Posten an, ein knappes halbes Jahr später legt er bereits die neue Marschroute vor. Diese muss sich aber bald in den Zahlen niederschlagen.