Weitere Libor-Verurteilungen auf dem Prüfstand
Nach dem Urteil des obersten britischen Gerichtshofs im Juli, bei dem die Verurteilung des früheren UBS- und Citigroup-Traders Tom Hayes aufgehoben wurde, könnten weitere Berufungen und Revisionen folgen. Ein zentrales Argument der Ankläger wurde dabei erschüttert.
Die Prozesse um die Manipulation von Libor, Euribor und Währungen hat die Finanzbranche seit rund 2012 beschäftigt. Tom Hayes, der erste Trader, der jemals wegen Zinsmanipulation inhaftiert wurde, hat seine Verurteilung nach rund 11 Jahren erfolgreich revidiert.
Am 23. Juli hatte das oberste britische Gericht geurteilt, dass beim ursprünglichen Prozess bestimmte Instruktionen des Richters an die Geschworenen die Fairness des Verfahrens untergraben hätten.
Dieser Fall war nicht der Erste und wird wohl nicht der Letzte sein, bei dem sich Gerichte erneut mit den gefällten Urteilen auseinandersetzten müssen, schreibt die «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig).
Bis 2020 wurden insgesamt 20 Personen in Europa und den USA wegen Libor-, Euribor- und Forex-Manipulationen verurteilt. Davon seien 12 später wieder revidiert worden. Elf Personen seien angeklagt und freigesprochen worden.
Zusammen mit Hayes wurde auch das Urteil gegen den Euribor-Trader aufgehoben. In den USA hat ein Gericht das Urteil gegen einen früheren HSBC Forex-Trader aufgehoben und in einem anderen Verfahren wurden zwei Deutsche Bank-Händler freigesprochen.
Laut der Zeitung würden fünf weitere Verurteilte Revisionsverfahren anstreben.
Hohe Beweisanforderungen
Bei den Entscheidungen in den USA haben die Gerichte bemängelt, dass die Anklage nicht habe nachweisen können, dass die Banken nicht zu den von ihnen angegebenen Libor-Sätzen Kredite hätten aufnehmen können.
«Niemand dachte, dass dies der Standard war, den man erfüllen musste», wird ein ehemaliger US-Staatsanwalt zitiert. In einer ähnlichen Situation heute, könnten die Behörden durchaus entscheiden, dass man hier keinen Fall hat.
Laut einer britischen Anwältin sei es zunehmend unwahrscheinlich, dass im Vereinigten Königreich Banker auf Grundlage eines 2013 eingeführten speziellen Straftatbestands strafrechtlich verfolgt würden, der die Manipulation von Zinssätzen unter Strafe stellt.
Keine Straftat
Das Gesetz sei eine reflexartige Reaktion auf aktuelle Probleme gewesen, um dem Eindruck entgegenzuwirken, dass man nicht in der Lage sei, Benchmark-Manipulationen strafrechtlich zu verfolgen. Hayes und die anderen Händler wurden jedoch nach allgemeineren Betrugsgesetzen strafrechtlich verfolgt. In anderen Ländern wurde die Manipulation nicht als eine Straftat eingestuft. Grossbritannien bildete hier die Ausnahme.
Die Involvierten Banken (Deutsche Bank, UBS, Royal Bank of Scotland, Rabobank, Société Générale, Barclays, Lloyds, J.P.Morgan, ICAP und Citigroup) haben Vergleiche in verschiedenen Ländern in Milliardenhöhe geschlossen, um Verfahren der Aufsichtsbehörden beizulegen.