Neuer Oddo-BHF-Schweiz-Chef: «Die Schweiz ist unser Wachstumstreiber»
Herr Gallus, wie ist Ihr Start verlaufen?
Der Übergang war relativ nahtlos. Vor meiner offiziellen Ernennung war ich interimistisch in der Rolle tätig. Nachdem Martin Liebi im Juli vergangenen Jahres ausgefallen war, habe ich ihn vertreten und viele Themen bereits mitgeführt. Das Team kannte mich damit praktisch schon in dieser Funktion. Der Wechsel kam für die Mitarbeitenden also nicht überraschend.
Oddo BHF ist ein europäischer Player. Wo positioniert sich die Schweizer Einheit: als Brückenkopf, Kompetenzzentrum oder eigenständige Plattform?
Im Grunde sind wir alles drei. In der Schweiz betreuen wir internationale Kundschaft, während Deutschland und Frankreich eher lokal geprägt sind. Gleichzeitig sind wir hier aber auch ganz bewusst eine Schweizer Bank mit eigenen Lösungen, einer eigenen Plattform und einem eigenständigen Angebot für Schweizer Kunden.
Welche Rolle spielt die Schweiz in der Gruppe – Wachstumstreiber oder Nischenplayer?
Ganz klar Wachstumstreiber. In den letzten zwei Jahren konnten wir ein zweistelliges Wachstum erzielen. 2024 waren es beispielsweise rund 25 Prozent bei den verwalteten Vermögen. Auch dieses Jahr wachsen wir wieder zweistellig.
«Auch dieses Jahr wachsen wir wieder zweistellig.»
Ein weiteres Beispiel für die Bedeutung des Standortes Schweiz in der Gruppe ist auch die Wahl von Philippe Oddo zum Verwaltungsratspräsidenten der Schweizer Einheit.
Sie haben das neue Angebot im Bereich Research & Brokerage erwähnt. Wie weit ist der Aufbau?
Wir sind sehr gut gestartet. Unser achtköpfiges Team, das wir Anfang Jahr gewinnen konnten, deckt heute 67 Schweizer Aktien ab, bis Jahresende sollen es 80 und im Laufe des kommenden Jahres über 90 sein. Die Nachfrage auf Kundenseite ist stark, gerade weil die Schweiz einen ausgeprägten Mittelstand hat – ähnlich wie Deutschland – und viele Unternehmen eng mit Europa verbunden sind.
Sie wachsen stark. Haben Sie weiter ausgebaut?
Ja. Mit der Fusion mit der ältesten Privatbank der Westschweiz, Landolt & Cie, im Jahre 2020 haben wir unser Geschäft verdoppelt und die Präsenz in Genf gestärkt. Ende 2023 haben wir zudem ein Team der Credit Suisse übernommen. Auch in diesem und im nächsten Jahr wollen wir noch weitere Kundenberater einstellen. Parallel investieren wir konsequent in IT und Produkte.
Haben Sie am Standort in Zürich überhaupt genug Platz für weiteres Wachstum?
Ja. Und falls wir stärker wachsen als erwartet, würden wir zusätzliche Flächen anmieten. Platz ist kein limitierender Faktor.
Wie gewinnen Sie Talente?
Wir sind stark an Universitäten präsent, auch mit Senior Management und natürlich HR. Intern verfügen wir über verschiedene Graduate- und Entwicklungsprogramme, darunter das Oddo BHF Development Program. Wir legen grossen Wert auf Nachfolgeplanung und wollen jungen Mitarbeitenden rasch Verantwortung geben – sie wollen gefordert und gefördert werden.
Was unterscheidet Sie Ihrer Meinung nach von anderen Anbietern?
Unser europäisches Netzwerk: Im Aktienresearch decken wir rund 800 Unternehmen in Europa ab, ergänzt durch unser wachsendes Schweizer Research. Für Unternehmer können wir M&A-Fragestellungen, Kapitalmarkttransaktionen und Investorenplatzierungen grenzüberschreitend begleiten. Das ist ein starker Mehrwert, gerade für exportorientierte Schweizer Unternehmen.
Setzen Sie künftig stärker auf Private- oder Unternehmenskunden?
Auf beide. Unsere Kernzielgruppe sind europäische Unternehmer, ihre Familien und Family Offices – sowohl auf der Private-Banking-Seite als auch im Corporate-Geschäft. Zudem zählen unabhängige Vermögensverwalter zu einer klar definierten Zielgruppe.
«Der Markt ist nach dem Wegfall der Credit Suisse angespannt, das ist klar. Aber für uns schafft das auch Chancen.»
Wie erleben Sie aktuell Ihre Kunden?
Es bietet sich ein fragmentiertes Bild: Es gibt eine Gruppe, die abwartet, und eine andere, die sehr aktiv ist.
Wie nehmen Sie die Stimmung auf dem Finanzplatz Zürich wahr?
Der Markt ist nach dem Wegfall der Credit Suisse angespannt, das ist klar. Aber für uns schafft das auch Chancen – sowohl bei Talenten als auch bei Kunden. Unser breiteres Angebot, etwa im Research & Brokerage, erhöht unsere Sichtbarkeit deutlich. Wir spüren einen starken Zulauf an jungen Talenten und eine hohe Kundenzufriedenheit.
Gibt der Wegfall der Credit Suisse Ihnen mehr Spielraum?
Ja, sowohl personell als auch geschäftlich, insbesondere im Bereich Schweizer Unternehmer und Corporate Finance. Dort ist ein Anbieter weggefallen, und wir sehen ein grosses Potenzial, diese Lücke zu füllen.
Was möchten Sie im kommenden Jahr erreichen?
Weiter wachsen: personell, geschäftlich und technologisch. Zudem wollen wir die Bedeutung der Schweiz innerhalb der Gruppe weiter steigern. Das Potenzial ist gross, und wir planen langfristig, unseren Anteil am Gruppenergebnis weiter auszubauen.
Hannes Gallus wurde am 10. Oktober 2025 zum CEO von Oddo BHF Schweiz ernannt. Gallus ist seit über 16 Jahren für die internationale Bankengruppe tätig, zuletzt als Chief Financial Officer und Chief Risk Officer der Schweizer Einheit. Seit Februar 2019 ist er Mitglied der Geschäftsleitung der Oddo BHF (Schweiz) AG.















