Der Begriff «Diversity» umfasse mehr als nur den Einbezug von Frauen und Männern, es gehe auch um unterschiedliches Alter oder verschiedene Ausbildungswege, sagt Charlotte Bänninger, Head of Fixed-Income bei UBS Asset Management.

Charlotte Bänninger, welches war die bisher grösste Herausforderung in Ihrer beruflichen Laufbahn?

Dies war in den Jahren 2000/2001, als der für den Bereich Fixed-Income Schweiz verantwortliche Teamleiter ganz überraschend die Stelle verliess und ich als Portfolio Managerin von einem Tag auf den anderen die Leitung des Teams übernehmen konnte. Auf diese Führungsaufgabe war ich nicht vorbereitet. Ich wurde damals sozusagen ins kalte Wasser geworfen.

Das war eine enorme Heraus­forderung, doch ich realisierte schnell, dass mir diese Tätigkeit sehr zusagt. In dieser Phase ereigneten sich auch die Terroranschläge vom 11. September 2001 mit ihren Auswirkungen auf die Finanzmärkte und es kam zum Swissair-Zusammenbruch. Diese Ereignisse waren ein Stresstest, den wir insgesamt gut bestanden haben, denn wir hatten damals schon funktionierende Risikomanagement-Systeme und hielten keine Swissair-Obligationen in den Portfolios. Ich konnte in kurzer Zeit sehr viel dazulernen und an Selbstvertrauen gewinnen.

Jene Erfahrungen sind auch wichtig für meine gegenwärtige Funktion als globale Leiterin des Fixed-Income-Geschäfts. Die Herausforderungen sind heute im Grundsatz dieselben. Wir sind verantwortlich für die Anlage-Performance und damit diese stimmt, braucht es gute Prozesse und die richtigen Leute müssen an den richtigen Positionen sein. Man muss auch die eigenen Leute herausfordern können und hier kann ich auf meine Erfahrung als langjährige Portfolio Managerin zurückgreifen. In Bezug auf das immer wichtigere Risikomanagement sind wir mit unseren Systemen, aber auch dank der Zusammenarbeit mit der Risikoabteilung sehr gut aufgestellt.

Welches sind Ihre wichtigsten Führungsprinzipien?

Ich kann nach meiner eigenen Einschätzung gut mit Menschen umgehen und zeige stets tiefen Respekt allen gegenüber. Das Asset Management ist ein «People's Business». Wer seine Leute gut kennt und weiss, wer welche Stärken und Schwächen hat, kann sein Geschäft besser handhaben. Erfolgreich ist, wer sein Team gut zusammensetzen kann. Wenn alles Alphatiere sind, wird dies nicht funktionieren. Es braucht Teammitglieder mit unterschiedlichen Eigenschaften, also eine gute Mischung von verschiedenen Charakteren und Talenten.

Als Chefin will ich ein Vorbild sein und das wiederum fördert Vertrauen. Des Weiteren ist ein transparenter und klarer Führungsstil unerlässlich. Das Vertrauen der Mitarbeiter lässt sich nicht kaufen, man muss es sich erarbeiten. Wenn ein Vertrauensverhältnis besteht, lassen sich auch unangenehme Fragen besser diskutieren. Wenn man kritische Dinge anspricht, ergibt sich letztlich eine Lösung, die für alle Involvierten stimmt. Doch nicht nur, was ich sage, sondern wie ich es sage, spielt eine Rolle. Aus Erfahrung weiss ich: Meine Mitarbeiter nehmen mich als hart und fair wahr.

Auf welchen Werten beruhen Ihre täglichen Handlungen, Entscheidungen und Pläne?

Ehrlichkeit gehört zu diesen Grundwerten, und dass jemand sich selber ist und sich nicht verstellt. Auch die Bereitschaft, stets etwas mehr zu leisten als die anderen, gehört dazu. Aus meiner Sicht ganz wichtig ist es auch, mit Herzblut bei der Sache zu sein. Wer sich mit Leidenschaft engagiert, wird früher oder später Erfolg haben. Das gilt für Berufe im Finanzbereich genauso wie für einen Coiffeur oder einen Wirt. Gerade bei jungen Berufsleuten ist es sehr wichtig, zu spüren, ob sie mit Herzblut dabei sind oder einfach ihren Job machen, um Geld zu verdienen.

Was macht Ihnen in Ihrem Job am meisten Spass, was am wenigsten?

In meiner Funktion als globale Leiterin Fixed-Income bereitet mir die Zusammen­arbeit mit Menschen aus verschiedenen Regionen und Kulturen sehr viel Spass. Kollegen aus Asien verhalten sich in einer Sitzung anders als Australier, Amerikaner reagieren wiederum anders als Europäer und die Schweizer sagen sowieso nie etwas (lacht)!

Meine Erfahrung zeigt, dass unterschiedliche Temperamente und Kulturen oft zu den besten Lösungen führen. Der Begriff «Diversity» umfasst eben mehr als nur den Einbezug von Frauen und Männern, es geht auch um unterschiedliches Alter oder verschiedene Ausbildungswege. Als ich mich vor über 30 Jahren für einen Job als Portfolio Managerin interessierte, gab es bei der damaligen Schweizerischen Bankgesellschaft noch keine Frauen in solchen Funktionen. Jahre später, als ich Führungsverantwortung übernahm, war dies bereits anders. Über die Zeit haben sich auch immer mehr Frauen bei mir beworben, was ich eine sehr positive Entwicklung finde.

Ich habe festgestellt, dass ein aus Frauen und Männern zusammengesetztes Team klare Vorteile hat. Frauen kommunizieren in der Regel besser. Männer, gerade im Fixed-Income-Bereich, vertiefen sich hingegen gerne in ihre Analysen. Je besser aber die Kommunikation ist, desto besser ist auch die Teamdynamik, was sich positiv auf die Anlage-Performance auswirken kann. Was mir in meinem Job vor allem Spass macht, sind natürlich die Finanzmärkte und die damit verbundenen Herausforderungen, denn wenig ist voraussehbar und vieles nicht planbar.

Dies setzt Flexibilität und auch Kreativität voraus und das wiederum gefällt mir und macht meinen Job sehr spannend. Ausserdem gefällt mir, dass im Anlagegeschäft der Erfolg klar gemessen werden kann und Meritokratie zum Erfolg führt. Was mir in meinem Job weniger gefällt? Manchmal sind Sitzungen reine Pflichtübungen und könnten wahrscheinlich ohne Nachteile weniger häufig durchgeführt werden.

Was würden Sie den Investor Warren Buffett gerne fragen, wenn Sie die Gelegenheit dazu hätten?

Mich würde interessieren, was ihn damals dazu bewog, ein Investor im grösseren Stil zu werden. Wie fand er Freude an diesem Metier, das er so erfolgreich ausübt. Mittlerweile ist er ja über 80 Jahre alt. Er könnte viel darüber erzählen, wie sich die Art des Investierens über die Zeit verändert hat. Das wäre sehr spannend.

Wo sehen Sie bei Behörden und Politik Verbesserungsbedarf?

Es war verständlich, dass nach der Finanzkrise strengere Regulierungen eingeführt wurden. Wir stellen aber immer wieder fest, dass Vertreter von Behörden oftmals bestimmte Details nicht ausreichend verstehen und unseren Vorschlägen gegenüber dann etwas misstrauisch sind. Ich wünschte mir, dass es auf Behördenseite mehr Leute gäbe, die den Finanzsektor besser kennen.

Dann könnten wir zielgerichteter diskutieren und es käme weniger zu Missverständnissen. Auch Politiker sollten bei Finanzmarktthemen etwas weniger politisch und mehr sachlich diskutieren. Deshalb wäre es gut, eine Plattform zu finden, wo so ein Austausch möglich ist, zum Beispiel zu den Themen AHV und Pensionskassen.

Wo finden Sie in Ihrer Freizeit den so wichtigen Ausgleich?

Ich bin jemand, der in der Freizeit sehr gut abschalten kann. So lese ich zum Beispiel vor dem Schlafen keine E-Mails mehr, das hat Zeit bis am nächsten Morgen. In meiner Position muss ich für wichtige Angelegenheiten immer erreichbar sein, selber verschicke ich aber am Wochenende keine Mails an meine Mitarbeiter.

Natürlich gilt dies nur, wenn die Märkte «normal» verlaufen. Sport ist auch für mich ein wichtiger Ausgleich. Mehrere Stunden auf dem Golfplatz zu verbringen, sich zu fokussieren und gleichzeitig in der Natur zu sein, das hat einen sehr grossen Erholungswert, genauso wie eine längere Wanderung.

Mit wem würden Sie sich gerne zum Lunch oder Dinner verabreden?

Mit Michelle Obama. Mir hat imponiert, wie sie ihre Rolle als First Lady wahrge­nommen hat. Sie ist sehr intelligent und hätte wahrscheinlich Chancen, selber einmal zur Präsidentin gewählt zu werden, wenn sie denn antreten würde. Beeindruckt hat mich auch ihr Verhältnis zu ihrem Mann. Sie zu treffen, wäre etwas Besonders.

Welches ist Ihr Lieblingsmenu?

Das ist Pasta, selbst gemacht natürlich.

Welches ist Ihr Lieblings-Reiseziel?

Reisen ist eines meiner Hobbies, ich habe schon über 65 Länder besucht. Was mich immer wieder fasziniert, ist Asien. Ob Thailand, Kambodscha, Vietnam oder Laos – ich fühle mich überall wohl. Die Bevölkerung dort hat eine Herzlichkeit, die mich sehr anspricht. Das letzte Land, wo ich sehr schöne Erlebnisse hatte, war Bhutan. Nach der Rückkehr aus solchen Ländern wird einem jeweils bewusst, wie gut es uns in der Schweiz geht und dass es ein Privileg ist, hier geboren und aufgewachsen zu sein.


Charlotte Bänninger ist Head of Fixed-Income bei UBS Asset Management. In dieser Funktion ist sie verantwortlich für Anlagen im Umfang von über 260 Mrd. CHF in globalen Fixed-Income- und Geldmarkt-Strategien. Gleichzeitig ist sie Leiterin des Fixed-Income-Geschäfts hierzulande sowie Mitglied der Geschäftsführung von UBS Asset Management Schweiz. Ausserdem spielte sie eine entscheidende Rolle beim Aufbau der CHF-Obligationenplattform mit mehr als 30 Mrd. CHF Anlagevolumen. Charlotte Bänninger verfügt über 31 Jahre Erfahrung im Anlagegeschäft.

Dieser Beitrag erscheint in Zusammenarbeit mit der Asset Management Platform.

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