Der renommierte Ökonom und frühere Nationalbank-Berater Ernst Baltensperger richtet sich in einem dringenden Appell an die Geldpolitik. Er warnt davor, die Inflationsgefahr zu unterschätzen.

Der emeritierte Wirtschaftsprofessor Ernst Baltensperger stellt das von den Zentralbanken derzeit verfolgte Narrativ der «temporär erhöhten Inflation» gehörig in Frage. In einem Gastbeitrag in der «NZZ» (Artikel bezahlpflichtig) warnt er davor, die aktuelle Inflationsgefahr zu unterschätzen.

Dabei unternimmt er einen historischen Vergleich zu den 1970er-Jahren. Auch damals hätten steigende Energiepreise zur Verteuerung zahlreicher Produkte geführt, wobei die Preise für Öl, Gas und Strom 1973 oder 1979 deutlich kräftiger zugelegt hätten als heute. Die jetzigen Steigerungen könne man deshalb als eine Rückkehr zu «normalen Preisen» interpretieren und damit die Gefahr unterschätzen.

Viel explosiver als damals

Die wahren Gründe für die damalige Teuerung habe jedoch in der expansiven Geldpolitik in den USA im Jahrzehnt davor gelegen. Das sei auf Dauer mit der Preisstabilität nicht vereinbar gewesen und habe sich über die fixen Wechselkurse in die ganze Welt übertragen.

Auch heute blicke man auf ein Jahrzehnt zurück, in dem man glaubte, Geldpolitik ohne Rücksicht auf die Gefahr künftiger Inflation machen zu können. Zwar gebe er Gründe für die niedrigen Inflationserwartungen der Notenbanken. Baltensperger schätzt jedoch die fundamentale Situation derzeit als viel explosiver ein als damals.

«Ein Ausstieg aus der supraexpansiven Geldpolitik wird bei der enormen Verschuldung von Staat und Privatsektor politisch noch weit schwieriger sein. Nur der grösste Narr kann glauben, dass diese Politik endlos weitergeführt werden kann», schreibt er weiter.

«Fed gibt sich cooler, als sie ist»

In der Schweiz ist rechnet die Nationalbank (SNB) mittefristig weiter mit einer mässigen Inflation von bis zu 1 Prozent in den kommenden Jahren. Sie ist allerdings stark an die Zinspolitik namentlich der amerikanischen Notebank Fed und der Europäischen Zentralbank (EZB) gebunden, weil sie dafür sorgen muss, dass der Franken gegenüber den Hauptwährungen nicht noch stärker wird.

Doch langsam dreht auch bei der Fed der Wind: Erst am Vorabend hatte deren Präsident Jerome Powell bei einer Anhörung vor dem US-Sentat auf die Gefahr einer erhöhten Inflation hingewiesen. Die hohe Inflationsrate in den USA werde noch bis weit ins nächste Jahr anhalten, sagte er. Sie dürfte sich im kommenden Jahr deutlich verlangsamen, aber preistreibende Faktoren wie Probleme mit globalen Lieferketten würden «bis weit ins nächste Jahr» bestehen bleiben.

Auch der Raiffeisen-Ökonom Martin Neff hatte zuletzt am Rande einer Veranstaltung davor gewarnt, den Preisauftrieb zu unterschätzen. «Ich glaube, die Fed gibt sich cooler als sie in Wirklichkeit ist», sagte er. Und weiter: «die Inflation wird zurückkommen, das Thema wird uns aber erhalten bleiben.» Neben den Energiepreisen und den Störungen in den Lieferketten verwies er etwa darauf, dass er in Zukunft steigende Preise in China erwartet. Zudem könne durch die neue Corona-Variante Omikron alles anders kommen als erwartet.

 

 

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