Flossbach von Storch will in der Schweiz sichtbarer werden
Das Vermögensverwaltungsgeschäft ist starken Veränderungen unterworfen. Welche hat Sie am meisten überrascht?
Ich würde nicht sagen «überrascht», aber der ETF-Trend ist sicherlich einer, der unsere Branche, die aktiven Manager, seit Jahren sehr stark herausfordert und prägt.
(Bild: zVg)
Wie hat sich das Geschäft generell entwickelt: Wurde es professioneller?
Es ist heute vor allem sehr viel stärker reglementiert. Als Bert Flossbach und ich 1998 das Unternehmen gegründet haben, hätte ich mir niemals träumen lassen, wie viele Kolleginnen und Kollegen rund 27 Jahre später bei uns allein im Bereich Compliance arbeiten würden. Heisst im Umkehrschluss: Für die kommenden Gründer-Generationen sind die bürokratischen Hürden sehr hoch geworden! Das dürfte viele abschrecken – leider. So fehlt der Nachwuchs.
«Übertreibungen enden immer mit Enttäuschung, irgendwann.»
Wie rechtfertigen aktive Manager ihren Anlagestil vor dem Hintergrund der Passivierung von Anlagen?
ETFs sind gute, weil nicht zuletzt sehr günstige Anlagevehikel – aber nur für diejenigen, die auch damit auch umgehen können; will sagen: die auch kräftige Indexrücksetzer aushalten und nicht zum schlechtmöglichsten Zeitpunkt die Reissleine ziehen. Viele können das aber nicht!
Und für die sind aktiv gemanagte Fonds eine sehr gute Alternative – weil sie in Krisenzeiten die Nerven der Anleger schonen, zumindest die guten. Die Anleger ruhig schlafen lassen, ohne in ruhigen Börsentagen sämtliche Renditepotenziale über Bord zu werfen.
Schlussendlich haben beide Vehikel ihre Daseinsberechtigung, der ETF und der gute aktiv gemanagte Fonds. Weil sie unterschiedliche Kundenbedürfnisse ansprechen.
Was ist aus Ihrer Sicht die grösste Fehlannahme, der professionelle Anleger heute aufsitzen?
Vermutlich eine, der Generationen von Investoren zuvor auch schon aufgesessen sind: dass laufende Trends sich unendlich fortschreiben lassen. Das tun sie nicht – und das taten sie noch nie. Übertreibungen enden immer mit Enttäuschung, irgendwann.
«Es geht und ging uns nie zuallererst um Volumen, weder in der Schweiz noch in Deutschland.»
Künstliche Intelligenz, KI, ist das grosse Thema der Stunde. Doch wohin geht die Reise im Vermögensverwaltungsgeschäft ganz generell?
KI ist eines der spannendsten Themen unserer Zeit, womöglich das spannendste überhaupt. Das Problem ist: Kein Bereich ist so disruptiv wie der Tech-Sektor, keine Entwicklung so rasant und deshalb so schwer vorhersehbar.
Insofern sind verlässliche Prognosen unmöglich. Wir beschäftigen uns sehr intensiv mit dem Thema und den Anwendungsmöglichkeiten. So arbeiten wir beispielsweise seit längerem an einem Tool, das uns bei der Unternehmensanalyse hilft, etwa bei der Beurteilung der Managementqualitäten in Unternehmen, deren Aktien uns interessant erscheinen.
Wie definieren Sie Ihren Anspruch im Schweizer Markt: Geht es Ihnen um Volumen, Sichtbarkeit bei UHNW-Kunden – oder eher um institutionelle Mandate?
Es geht und ging uns nie zuallererst um Volumen, weder in der Schweiz noch in Deutschland, unserem Heimatmarkt, oder anderswo. Es gibt und gab auch nie irgendwelche Zielvorgaben, in bunten Farben auf Flipcharts gemalt. Wenn jemand – sei es ein institutioneller Investor oder ein Fondssparer – darüber nachdenkt, Geld sinnvoll und langfristig anzulegen, dann sollten wir zu jenen Adressen gehören, die ihm spontan in den Sinn kommen. Weil er weiss, dass auf uns Verlass ist und wir einen guten Job machen. Das ist unser Anspruch!
«Schweizer Anleger sollten auch über die Landesgrenzen hinausschauen.»
Welche Pläne haben Sie mit Flossbach von Storch noch für die Schweiz?
Wir haben jüngst unsere allererste grössere Marketingkampagne in der Schweiz gestartet, zum Thema Fixed Income. Wir möchten sichtbarer werden, insbesondere in der Schweiz, ohne die Lautsprecher zu geben; das würde auch nicht zu uns passen.
Wie beurteilen Sie die «Swiss Finish»-Regulierung aus der Perspektive eines grenzüberschreitend tätigen Asset Managers?
Grundsätzlich positiv – wobei sie auf uns kaum Auswirkungen hat.
Wie können Schweizer Anleger mit Obligationen im derzeitigen Nullzinsumfeld Geld verdienen?
Sie sollten auch über die Landesgrenzen hinausschauen. Obligationen bieten durchaus Potenzial. Aber es braucht einen globalen, sehr opportunistischen Investmentansatz – auf Opportunitäten warten, sie erkennen und dann auch nutzen.
Wie verändert sich aus Ihrer Sicht die Erwartungshaltung vermögender Kunden – und wie soll man darauf reagieren?
Das lässt sich leider nicht pauschal beantworten. Erwartungen sind höchst individuell. Insofern braucht es immer auch individuelle Ansätze und Lösungen. Daran hat sich im Laufe der Jahre nichts geändert.