Saudi-Arabien: Geldfluss sprudelt, doch S&P mahnt

Laut der jüngsten Studie von S&P zum Thema wuchs der Vermögensverwaltungssektor Saudi-Arabiens im Zeitraum von 2015 bis 2024 durchschnittlich um rund 12 Prozent pro Jahr, wobei das verwaltete Vermögen (Assets under Management, AUM) zum 31. März 2025 rund 295 Milliarden Dollar erreichte.

Gefragte Anlageklassen: ETFs und REITs

Timucin Engin, Leiter Research und Strategie, bei S&P in Riad, Saudi-Arabien, sieht den grössten Golfstaat weiterhin auf Kurs in den Bereich Vermögensverwaltung und Fondsmanagement: «Wir erwarten, dass das verwaltete Vermögen weiterhin in gesundem Tempo wachsen wird und bis Ende 2030 – vorbehaltlich der Marktbedingungen – die Marke von einer halben Billion Dollar übersteigen könnte. Dies ist auf anhaltende regulatorische Massnahmen sowie das kontinuierliche Wachstum der Schulden- und Aktienmärkte zurückzuführen, ebenso wie auf die zunehmende Verfügbarkeit von börsengehandelten Fonds (ETFs), Real-Estate-Investment-Trusts (REITs) und anderen Produkten für Privat- und institutionelle Anleger.»

Mehr Institutionelle gefordert

In den Punkten Marktbreite und -tiefe sieht Engin indes noch Luft nach oben. «Die lokalen Kapitalmärkte in Saudi-Arabien würden von einer starken Basis institutioneller Investoren profitieren – durch potenziell höhere lokale und internationale Kapitalzuflüsse sowie eine gesteigerte Liquidität», meint der Chefanalyst. Und er fügt hinzu: «Darüber hinaus würde eine gut etablierte Vermögensverwaltungsbranche der jungen und wachsenden saudischen Bevölkerung Zugang zu einem breiteren und stärker diversifizierten Angebot an Anlage- und Sparprodukten verschaffen, was die langfristigen Sparquoten erhöhen könnte.»

Daumen hoch für die Finanzaufsicht

Lobende Worte hat Engin für die jüngsten Initiativen der Zentralbank, das regulatorische Umfeld zu verbessern. «Im Juli 2025 veröffentlichte die saudische Kapitalmarktaufsicht (Capital Markets Authority, CMA) verschiedene Änderungen der Vorschriften für Investmentfonds, um Transparenz, Offenlegung, Risikomanagement und den Schutz von Investmentfonds weiter zu verbessern. Unter anderem dürfen öffentliche Fonds nun in privat platzierte Schuldtitel investieren, was dem aufstrebenden Markt für private Kredite im Land zugutekommen könnte.»

Anders als in den Golfstaaten VAE und Bahrain, die mehrheitlich von Gastarbeitern bewohnt werden, stellen saudiarabische Staatsbürger in ihrem eigenen Land die Bevölkerungsmehrheit. Dies bedeutet für Portfoliomanager ein erhöhtes Potenzial für langfristige Investitionen und mehr Kundentreue (wenn denn die Performance des Finanzprodukts attraktiv ist). Die daraus resultierende hohe Nachfrage nach Wohnraum wirft einen Schatten auf die Vermögensverwaltung. Von den 35 Millionen Einwohnern sind rund 60 Prozent Einheimische (in den VAE sind es ein Achtel).

Beliebtes Betongold

Engin: «Immobilien, eine in der Golf-Kooperationsrat-Region (GCC) sehr beliebte Anlageklasse, tragen fast 50 Prozent (72,2 Milliarden Dollar) zum verwalteten Vermögen (AUM) der saudischen Privatfonds bei, gefolgt von Aktien. Immobilieninvestitionen stehen im Mittelpunkt von fast der Hälfte aller Privatfonds im Land, gefolgt von Aktienanlagen.» Dies führe laut S&P zu einem erhöhten Klumpenrisiko im Asset Management. 

«Die Anzahl der Zeichner öffentlicher Fonds ist gestiegen. Die Zahl der Anleger in öffentlichen Fonds erhöhte sich von rund 265'000 im Juni 2013 auf fast 1,6 Millionen im März 2025. Etwa ein Drittel der saudischen Zeichner öffentlicher Fonds ist im Bereich der REITs investiert, was wesentlich zu diesem Anstieg beigetragen hat», erklärt der Finanzexperte. REIT steht für Real Estate Investment Trust. Ein REIT ist ein Unternehmen, das ertragsbringende Immobilien besitzt, betreibt oder finanziert. Es ermöglicht privaten Anlegern, Anteile an einem Immobilienportfolio zu erwerben und Dividenden zu erhalten – ohne die Verantwortung für direkten Immobilienbesitz oder -verwaltung übernehmen zu müssen.

«Wir erwarten, dass das verwaltete Vermögen (AUM) in der saudiarabischen VV-Branche bis Ende 2030 – vorbehaltlich der Marktbedingungen – 500 Milliarden US-Dollar übersteigen könnte.» Diese Erwartung stütze sich auf starke Beschäftigungs- und demografische Trends, eine anhaltend hohe Emissionstätigkeit an den Schulden- und Aktienmärkten, ein zunehmend diversifiziertes Angebot an Produkten für Privatkunden und Unternehmen sowie fortlaufende regulatorische Initiativen. «Das langfristige Wachstum des Sektors wird zudem durch die kontinuierliche Einführung neuer Produkte wie REITs und ETFs gefördert», sagt Engin. 

Laut der Capital Markets Authority (CMA) investieren öffentliche und private Fonds den Grossteil ihres verwalteten Vermögens (AUM) in Immobilien als Anlageklasse (36 Prozent), gefolgt von Aktien (34 Prozent) sowie Schuldtiteln und Geldmarktinstrumenten (13 Prozent).

Prominente Namen

Das Momentum in KSA, wie das Land in Bankerkreisen kurz genannt wird, hat bekannte Brands im Asset Management hellhörig und aktiv gemacht. Lazard aus New York hat vor Kurzem seine Niederlassung in Riad zum Hauptsitz für die Region Mittlerer Osten gekürt, eine Ehre, die in der Bankenszene in der Vergangenheit der jeweiligen Zweigstelle in Dubai zuteil kam. Auch Blackrock, das seit 2019 ein Büro in Riad unterhält und 2024 die Genehmigung zur Einrichtung seines regionalen Hauptsitzes erhielt, ist vertreten – ebenso wie Goldman Sachs, Morgan Stanley und Macquarie Asset Management aus Australien.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat kürzlich seine Wachstumsprognose für Saudi-Arabien auf 3,6 Prozent für 2025 und 3,9 Prozent für 2026 angehoben. Diese Aufwärtskorrekturen gegenüber der Prognose vom April 2025 sind auf höhere Öleinnahmen infolge des Auslaufens der OPEC+-Förderkürzungen, stärker als erwartete Ölpreise sowie eine starke Dynamik in den Nicht-Öl-Sektoren zurückzuführen – unterstützt durch eine robuste Inlandsnachfrage und staatlich geführte Projekte.