Noch zieht es die Schweizer Banken nach Asien, wo sie sich enorme Ertragschancen ausmalen. Doch das Geschäft mit der vermögenden Klientel gerät zunehmend unter die Kontrolle von Robotern.

Robotic © Shutterstock

Unlängst räumte selbst der oberste Vermögensverwalter der UBS, Jürg Zeltner, ein, dass die grösste Schweizer Bank in Asien dereinst noch viel grösser sein werde als in ihrem Heimmarkt. Er werde es wahrscheinlich noch erleben, dass die UBS mehr Leute in Fernost beschäftige als in der Schweiz und dort auch höhere Erträge und Gewinne erziele, sagte er in einem Interview mit finews.ch.

Mit dieser durchaus optimistischen Einschätzung steht Zeltner nicht alleine da. Praktisch alle grösseren Schweizer Banken von Rang und Namen zieht es nach Asien, wo sie sich jene Erträge erhoffen, welche die Abflüsse im europäischen Crossborder-Geschäft absorbieren sollen. Diese Wachstumspläne in Fernost könnten allerdings durchkreuzt werden – von Robotern.

Bloss keine Fantasietarife mehr

Denn nirgendwo anders auf der Welt als in Asien sind so genannte «Robo Advisor» und «Robo Asset Allocator» im Vormarsch. Das ist Fintech pur. Und dies ist möglich, weil die begüterte Klientel offenbar Gefallen findet an dieser neuen Art der Vermögensverwaltung. Doch worum geht es eigentlich?

Tatsache ist, dass einerseits die vermögenden Bankkunden selber immer mehr auf digitale Kanäle umsteigen und ihre Vermögensverwaltung elektronisch, virtuell oder eben digital betreiben wollen – möglichst mit allen Geräten und von überall her. Das allein schon führt zu einem enormen Preisdruck, weil die Kunden heute gar nicht mehr gewillt sind, die Fantasietarife von früher im Private Banking bezahlen wollen.

Margen im Keller

Andererseits wird es für die Banken auf Grund der verschärften Gesetze und Bestimmungen immer kostspieliger, einen personalisierten Service im Private Banking anzubieten. Zudem wird die Materie immer komplexer, und die Margen sind im Keller. Vor diesem Hintergrund erstaunt es nicht, dass – besonders in Asien – Geschäftsmodelle im Vormarsch sind, die eine automatisierte Vermögensverwaltung anbieten.

Das jüngste Beispiel ist die Firma 8 Securities, die gemäss eigenen Angaben den ersten automatisierten Vermögens-Allokations-Service in Asien anbietet. Klar mag das etwas hoch gegriffen sein, doch die Art und Weise, wie bei dieser Methode das Vermögen der Klientel exakt nach den gewünschten Vorgaben (Zeithorizont, Risikoprofil) angelegt und laufenden den wechselnden Marktbedingungen angepasst respektive optimiert wird, ist bestechend, wie auch dieses Video und ein Test-Portfolio zeigen.

Gütesiegel von Morningstar

Zwar funktioniert der Service namens «8 Now!» vorerst nur auf der Basis von Indexfonds (Exchange Traded Funds, ETF). Insgesamt kann der Kunde bis zu 16 ETF einsetzen, die allesamt von der Research- und Analysefirma Morningstar bewertet worden sind. Vor diesem Hintergrund ist es bloss noch eine Frage der Zeit, bis das Angebot auf weitere Finanzprodukte ausdehnt wird.

Für Fachleute ist es klar, dass in solchen Modellen die Zukunft liegt, weil diese Angebote zeiteffizient und wesentlich günstiger sind. Sie tragen dazu bei, dass der so genannte «Advice Gap» zwischen Kunde und Bank wieder kleiner wird.

Alibaba als Vorreiter

Wenn man sich dann noch vor Augen führt, wie sich mächtige E-Commerce-Konglomerate à la Alibaba in Asien – und mittelfristig auch in Europa – ausbreiten, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis der «Robo Advisor» sich durchsetzt, zumal Alibaba beispielsweise schon jetzt beträchtlich in solche Dienstleistungen investiert. Unlängst nahm in China übrigens auch die erste private Online-Bank für KMU-Kredite ihre Dienst auf, wie auch finews.ch berichtete.

Wie das Finanzportal «Wealth Briefing Asia» unlängst berichtete, soll das Volumen an Kundengeldern, das über automatisierte Services investiert wird, bereits in fünf Jahren die Marke von 255 Milliarden Dollar erreichen. Aktuell dürften es rund 14 Milliarden Dollar sein. Auf die eingangs erwähnte Firma «8 Securities», die in Singapur, Hongkong und Tokio Büros unterhält, entfallen derzeit 750 Millionen Dollar.

Schweizer Grossbanken handeln

Das ist selbstverständlich ein Tropfen auf den heissen Stein. Doch die grossen Banken, nicht zuletzt die UBS und die Credit Suisse, sind sich sehr bewusst, dass in solchen Tools die Zukunft liegt. Umgekehrt heisst es unter Bankkunden schon heute, dass grosse Institute schon in wenigen Jahren keinen personalisierten Service mehr anbieten werden, wenn das Depot eines Kunden unter fünf Millionen Franken liegt.

Insofern sind also auch die Kunden gut beraten, sich mit den neusten Möglichkeiten in der automatisierten Vermögensverwaltung anzufreunden. Denn der Roboter-Berater ist nur der Anfang einer riesigen technologischen Revolution.

Was der Kunde noch nicht weiss

Sowohl die UBS als auch die Credit Suisse sind bereits damit beschäftigt, jene Unternehmen und Technologien auszuwählen, die ihnen den Sprung ins digitale Zeitalter ermöglichen sollen. Denn Google, Amazon und Facebook haben die Vision, wie sie Google-CEO Eric Schmidt einst formulierte, bereits verinnerlicht: «Die Suchmaschine weiss immer schon, was der Kunde will, noch bevor er selber es weiss.»

Unter diesen Vorasusetzungen eröffnet sich ein weiteres Betätigungsfeld: die künstliche Intelligenz. Sie soll dem Ausspruch Schmidts gerecht werden. Die beiden Schweizer Grossbanken sind auf diesem Gebiet schon aktiv. Die UBS setzt unter anderem  auf das in Singapur ansässige Unternehmen Sqreem, die Credit Suisse auf das US-Unternehmen Digital Reasoning.

Auch für Schnüffeleien geeignet

Der heikle Punkt an dieser Entwicklung ist: Sowohl die Technologien von Sqreem als auch jene von Digital Reasoning sind sehr ähnlich mit denen, die der US-Sicherheitsdienst NSA für seine weltweiten Schnüffeleien einsetzt.

Die CIA war denn auch der erste Investor von Digital Reasoning gewesen, kurz nachdem das Unternehmen im Jahr 2000 gegründet worden war. Die Dechriffierungs- und Decodierungssoftware wurde zunächst im Kampf gegen den Terror eingesetzt. Die Credit Suisse hat sich im vergangenen Oktober finanziell an Digital Reasoning beteiligt, wie finews.ch berichtete.

Wünsche und Hoffnungen erkennen

Auch die Sqreem-Software wurde ursprünglich für Sicherheit und Überwachung konzipiert, insbesondere für die Analyse von Telekommunikationsdaten. Zu den Gründern gehört aber auch Rene Raiss, ein ehemaliger Algo-Trader von der Wall Street. Das 2007 gegründete Unternehmen war der Sieger des «UBS Innovation Challenge», wie finews.ch berichtete. Ein Abkommen winkt nun, die digitale Plattform im UBS Wealth Management zu revolutionieren.

Sqreem kann anhand digitaler Spuren im Netz Nutzer- und Kundenverhalten herauslesen. Die Software ist fähig, Verhalten und Interessen von Menschen sowie Produkte und Marken in einem geografisch eingegrenztem Raum zu einem Muster zu bilden. Sie soll sogar Ziele, Wünsche und Hoffnungen von Menschen herauslesen können.

Eigentlich bedeutet das für die Banken auch wieder mehr Macht – die Macht eines «Big Brother», der für die Kunden denkt und lenkt.

 

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.9%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.86%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.72%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.08%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.44%
pixel