Die schwerreichen Osteuropäer, die von einem Ex-Credit-Suisse-Banker betrogen worden sind, gehen weltweit gegen die Grossbank vor. In Singapur holten sie nun einen wichtigen Etappensieg, wie Recherchen zeigen.

Das Berufungsgericht in Singapur war sich uneins. Am Ende entschied jedoch die Mehrheit des Gremiums gegen Credit Suisse Trust – und für die Familie des Oligarchen Bidzina Ivanishvili. Damit ist die Frage geklärt, ob Singapur der geeignete Gerichtsstand ist, um eine Zivilklage des schwerreichen Ex-Premierministers von Georgien gegen die Trust-Tochter des Bankhauses Credit Suisse (CS) einzureichen.

Dies geht aus Gerichtsdokumenten hervor, die finews.ch vorliegen.

Urteil von Bundesgericht bestätigt

Zur Erinnerung: Seit 2015 versuchen Ivanishvili und weitere osteuropäische Ex-Kunden der CS, das Institut für Verfehlungen ihres Ex-Angestellten Patrice Lescaudron zur Verantwortung zu ziehen. Der bei der Grossbank in Genf stationierte Private Banker wurde in der Schweiz wegen gewerbsmässiger Betrug, Urkundenfälschung und ungetreuer Geschäftsführung verurteilt; die Oligarchen warfen in der Folge der CS mangelnde Sorgfalt vor. Die Geschädigten, die seither als «CS Victims» auch öffentlich in Erscheinung treten, machen eine Schadenssumme von bis zu 1 Milliarde Dollar geltend.

In der Schweiz sind die Betrugsopfer damit bis dato nicht weitergekommen. Das Urteil gegen Lescaudron von 2018, in dem die CS als geschädigte Partei aufgeführt ist, wurde im Sommer 2010 vom Genfer Berufungsgericht und im Februar 2020 vom Bundesgericht in Lausanne bestätigt. Allerdings hat die Genfer Staatsanwaltschaft im Januar 2019 ein erneutes Strafverfahren gegen den Ex-Banker eingeleitet, das einen anderen Zeitraum betrifft.

Globale Einkreisung

Doch das ist nicht alles. Rund um den Globus gehen die Ex-Kunden in Zivilklagen gegen Tochterfirmen der Bank vor, die bei der Veruntreuung ihrer Vermögen mutmasslich eine Rolle gespielt haben. Wie finews.ch bereits berichtete, geht es bei dieser globalen Einkreisung der CS vor allem um die Herausgabe von Dokumenten. Die sollen belegen, dass die Grossbank ihrem fehlbaren Angestellten zu wenig auf die Finger schaute.

Die Verfahren werden von der CS jeweils energisch bestritten. Gerungen wird dabei über Grundsatzfragen wie jener nach dem Gerichtsstand, wie sich nun in Singapur zeigt. Beide Seiten haben dabei Siege und Niederlagen erlitten, wie mit den Verfahren vertraute Personen berichten. Eine Zivilklage ist in den karibischen Bermudas hängig, ähnliche Klagen in Neuseeland und im US-Bundesstaat Florida sind abgewiesen worden, während wiederum ein New Yorker Gericht einer Klage teils folgte.

Böse Überraschung beim Mandalay Trust

Singapur ist im weltumspannenden Komplex insofern von Wichtigkeit, weil die Aufklärung des Falls dort seinen Anfang nahm. Laut den Gerichtsdokumenten aus Singapur entdeckte Ivanishvili Ende 2015 enorme Verluste in seinem dort domizilierten Mandalay Trust, für den die CS-Tochter Credit Suisse Trust Vermögen treuhänderisch verwaltete. Er alarmierte darauf die Bank, worauf diese der Sache nachging und schliesslich eine Strafklage gegen ihren Ex-Angestellten Lescaudron einleitete.

2017 ging Ivanishvili dann im asiatischen Stadtstaat gegen die Grossbank respektive deren Trust-Tochter vor und klagte auf Schadenersatz für die erlittenen Verluste. Nach jahrelangem Tauziehen kann diese Klage nun eingereicht werden, wie dem Urteil weiter zu entnehmen ist.

Bei der Grossbank heisst es dazu auf Anfrage: «Dieser Entscheid befasst sich einzig mit der Frage der Zuständigkeit. In der Sache wird sich Credit Suisse Trust vehement gegen die Vorwürfe verteidigen.»

Aktiver Investor

Die CS hat sich in der Vergangenheit stets auf den Standpunkt gestellt, ebenfalls von Lescaudron getäuscht worden zu sein. Er sei bei seinen strafbaren Handlungen von niemandem intern unterstützt worden.

Das muss das Institut nun in Singapur unter Beweis stellen. Die vorliegenden Gerichtsdokumente werfen auch ein neues Licht auf den georgischen Ex-Premier: Dieser wird nicht als passives Opfer beschrieben, sondern griff offenbar sehr direkt in die Investmententscheide seines Mandalay Trust ein und stand im regen Austausch mit Lescaudron und anderen CS-Bankern.

Dieselbe Energie stellt Ivanishvili nun bei seinem Vorgehen gegen die Schweizer Grossbank unter Beweis. Die weltweite Umzinglung zeigt es: die CS wird ihren Ex-Kunden so schnell nicht mehr los.

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