Der Schweizer Wirtschaftsanwalt Wolfram Kuoni vermochte als Präsident den Untergang der Liechtensteiner Union Bank nicht abzuwenden. Zu finews.ch spricht er erstmals übers harte Ringen mit der Aufsicht – und die gestoppten Pläne mit der grössten Kryptobörse der Welt.


Für die Union Bank gibt es keine Zukunft. Das liechtensteinische Geldhaus kündigte Anfang August den Gang in die Liquidation und die freiwillige Rückgabe der Banklizenz an. Dies, weil kein der Finanzmarktaufsicht FMA genehmer neuer Aktionär gefunden werden konnte, und die Eigenkapitalbasis aufgrund von Verlusten zu schmal wurde.

Gegen die Union Bank war schon 2019 ein Bewilligungsentzugs-Verfahren eingeleitet worden. Auslöser waren verdächtige Transaktionen, die das Institut allerdings selber der Aufsicht gemeldet hatte. Ein Strafverfahren wegen Geldwäscherei-Verdachts ist im Fürstentum hängig.

Herr Kuoni, Sie sind Rechtsanwalt und Banker von Beruf, Geschichte ist aber eine Ihrer Leidenschaften. Ist mit der Liquidation das letzte Kapitel der Liechtensteiner Union Bank geschrieben?

Ich bin in der Tat an historischen Bauten interessiert, deren Mauern uns alle überdauern. Das ist bei der Union Bank nun leider nicht der Fall. Mit dem Liquidationsverfahren und der freiwilligen Rückgabe der Banklizenz befindet sich das Unternehmen in Abwicklungsmodus. Ein Revival wird es aus heutiger Sicht nicht geben.

Denkbar wäre eine Zukunft als Vermögensverwalter.

Dazu bräuchten wir neue Lizenzen vom Liechtensteiner Regulator. Solange die Abwicklung der Bank nicht abgeschlossen ist, steht das nicht im Vordergrund.

Die rund 30 Mitarbeitenden des Instituts verlieren ihre Stelle. Gibt es einen Sozialplan für sie?

Das wird der eingesetzte Liquidator entscheiden. Ich würde mir aber wünschen, dass hier eine gute Lösung gefunden wird, denn hinter den Arbeitsplätzen stehen letztlich Mitarbeitende, die zusammen mit uns an einem neuen und tragfähigen Fundament für die Bank gearbeitet haben.

«Kunden werden nicht zu Schaden kommen»

Wir haben bis zum Schluss gekämpft und mit dem Regulator gerungen. Dass es nun so enden muss, bedauere ich enorm.

Im Herbst 2019 haben Sie nach Verwicklung der Bank in eine Strafuntersuchung die Auflage erhalten, das Aktionariat neu aufzustellen, das Kapital zu erhöhen und ein tragfähiges neues Geschäftsmodell zu finden. Zusammengenommen grenzten diese Aufträge an eine mission impossible. Hätten Sie als Bankpräsident nicht schon damals den Stecker ziehen müssen?

Natürlich kann ein Verwaltungsrat die Flinte ins Korn werfen und versuchen, sich möglichst geräuschlos aus der Affäre zu ziehen. Ich übernahm im letzten Herbst als Krisenmanager das Präsidium der Union Bank in der klaren Absicht, die Herausforderung anzunehmen und im vollen Bewusstsein, mich dabei auch persönlich zu exponieren.

Die Union Bank gibt auf, weil sie keine dem Regulator genehme Eignerschaft finden konnte und über zu wenig Eigenkapital verfügt. Kolportiert wurde, dass das Institut dieses Jahr jeden Monat rund 500'000 Franken Verlust machte. Was bleibt da noch übrig?

Diese Zahl kann ich so nicht bestätigen. Tatsache ist aber, dass die Union Bank aufgrund strenger Vorgaben der Aufsicht in ihren Geschäftsaktivitäten eingeschränkt wurde, was sich negativ auf die Ertragslage auswirkte. Die Liquiditätsdeckungs-Quote der Bank beträgt aber 2‘000 Prozent und entspricht damit dem 20-fachen des gesetzlichen Minimums. Kunden werden aufgrund der freiwilligen Liquidation nicht zu Schaden kommen.

Die Sanktionen sind eine weitere Folge der Strafuntersuchung gegen die Union Bank wegen des Verdachts auf Geldwäscherei. Letzten Frühling hat das Institut aus eigenem Antrieb verdächtige Transaktionen dem Regulator gemeldet. Da ist doch klar, dass die Aufsicht durchgreifen musste?

Zu laufenden oder vermeintlichen Verfahren kann ich mich nicht äussern. Es ist allerdings richtig, dass die Probleme der Bank hausgemacht waren. Vor diesem schwierigen Hintergrund habe ich im September 2019 auch das Verwaltungsratspräsidium übernommen. Und ja, natürlich liegt es in der Natur der Sache, dass sich eine Bank in Schieflage mit dem Regulator auseinandersetzen muss, und das ist auch richtig so.

«Ein führendes Unternehmen aus dem Kryptobereich hätte sehr gut zur Union Bank gepasst»

In unserer Wahrnehmung haben wir letztlich eine tragfähige Lösung präsentiert, die sowohl auf einem Stiftungskonzept als auch auf einer Krypto-Strategie, zwei wesentlichen Eckpfeilern des Liechtensteiner Finanzplatzes, basierte. Leider ist der Regulator zu einem anderen Schluss gekommen – das ist zu akzeptieren.

Sie selber sind von der Strafuntersuchung nicht betroffen, Kader der Union Bank offenbar schon. Was blüht diesen?

Wie gesagt, zu laufenden oder vermeintlichen Verfahren kann ich mich nicht äussern. Es gilt aber für alle Beteiligten die Unschuldsvermutung.

Doppeltes Pech für die Union Bank war dann, dass ein weiterer Aktionär der Bank, der ukrainische Milliardär Kostyantin Zhevago, Ende 2019 in seiner Heimat zur Fahndung ausgeschrieben wurde – wegen Geldwäscherei. Das hat ihn als rettenden Aktionär ebenfalls aus dem Rennen geworfen.

Kostyantin Zhevago ist in erster Linie CEO eines überaus erfolgreichen und an der Londoner Börse kotierten Rohstoffunternehmens mit Sitz in Zug. Das Unternehmen agiert komplett losgelöst von seiner Liechtensteiner Stiftung, welche ihre Aktienmehrheit an der Union Bank im Jahr 2016 verkaufte.

Sie suchten also dringend einen neuen Grossaktionär – und glaubten, ihn in der chinesischen Krypto-Börse Binance gefunden zu haben. Wie kam der Kontakt zustande?

Wir haben sehr viele Gespräche mit Interessenten geführt und wurden bei der Suche nach neuen Investoren auch von einer Beratungsfirma unterstützt. Aufgrund des Auftrags zum umfassenden Umbau des Geschäftsmodells hätte ein führendes Unternehmen aus dem Kryptobereich – ohne hier Namen zu nennen – sehr gut zur Union Bank gepasst, schliesslich positioniert sich der Liechtensteiner Finanzplatz ja selber auch als weltweiter Krypto-Hub.

Wie hätten denn die weltgrösste Kryptobörse und die kleine Handelsbank im Fürstentum zusammengepasst?

Etablierte Kryptofirmen verfügen in Europa oftmals über einen grossen Kundenstamm. Den hätten wir von Liechtenstein aus – nicht zuletzt dank der EWR-Zugehörigkeit – mit günstigen Bankdienstleistungen bedienen können.

«Möglicherweise hat es am Ende auch am politischen Willen gefehlt»

Das entsprechende Geschäftsmodell wurde vom Investor gemeinsam mit einem Big-Four-Beratungsunternehmen ausgearbeitet.

Es bleibt beim Konjunktiv. Binance war der Liechtensteiner Finanzmarktaufsicht FMA nicht genehm. Wieso?

Wie gesagt: Ich kann keine Namen nennen. Es liegt aber immer im Ermessen des Regulators, ob er seine Forderungen erfüllt sieht. Möglicherweise hat es am Ende auch am politischen Willen gefehlt.

Ein Stolperstein soll der Umstand gewesen sein, dass Binance das nötige Kapital in Kryptowährungen bereitstellen wollte.

Am Ende des Tages wären die Krypto-Assets durch den Investor natürlich in Fiat-Währungen umgetauscht worden, bevor sie in die Bankbilanz geflossen wären.

In den vergangenen Jahren durften sich diverse chinesische und andere eher exotische Geldgeber an Liechtensteiner Banken beteiligen. Nochmals: warum gelten für die Union Bank andere Regeln?

Den Eindruck, dass die FMA hätte an der Union Bank ein Exempel statuiert hat, habe ich nicht. Die FMA ist im Fall der Union Bank einfach zu einem anderen Schluss gekommen.

Sie haben den monatelangen Kampf um die Union Bank verloren. Haben Sie jetzt genug von Banking?

Geschäftsleitung und Verwaltungsrat haben bis zum Schluss mit dem Regulator gerungen und nach einer Lösung gesucht, die im Interesse aller gewesen wäre. Letztlich sind wir gescheitert, das steht ausser Frage, aber ich will hier nicht in Selbstmitleid versinken. Das wäre angesichts der Tragweite für die Mitarbeitenden der Union Bank, die meinen grössten Respekt verdienen, unangebracht und verfehlt. Klar ist aber auch, dass wir erhobenen Hauptes aus der Arena gehen und ich selber der Finanzindustrie erhalten bleibe.


Wolfram Kuoni ist der letzte Bankpräsident der sich nun in Liquidation befindlichen Union Bank. Seit 2005 ist er Partner der Kanzlei Kuoni Rechtsanwälte und sitzt unter anderem im Verwaltungsrat der Rohstofffirma Ferrexpo in Zug, die vom ukrainischen Milliardär Kostyantin Zhevago kontrolliert wird. Dessen Liechtensteinische Stiftung Tremezzo war bis 2016 Hauptaktionärin der Union Bank. Kuoni ist auf der Politbühne aktiv – für die SVP Zürich kandidierte er schon für den Schweizer Nationalrat.

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