Die Stärke von Edmond de Rothschild sei die Unabhängigkeit, erklärt CEO Vincent Taupin im Interview mit finews.ch. Akquisitionen könne die Bank ohne die Hilfe neuer Aktionäre stemmen. Diesbezüglich hat sie auch klare Absichten.


Herr Taupin, wie hat sich der unerwartete Tod von Hauptaktionär Benjamin de Rothschild im vergangenen Januar auf die Bank ausgewirkt

Es war natürlich ein sehr trauriges Ereignis für die Familie, aber auch für die Beschäftigten von Edmond de Rothschild sowie für die Kunden. Benjamin wurde von unseren Angestellten sehr geschätzt, auch wenn er nicht im Tagesgeschäft involviert war. Verwaltungsratspräsidentin war die vergangenen Jahre seine Frau, Ariane de Rothschild, und das wird so bleiben. Sie wird auch Präsidentin der Holding bleiben. An der Strategie und an der Ausrichtung der Bank ändert sich nichts.

Wie hat sich die Corona-Pandemie auf das Private Banking von Edmond de Rothschild ausgewirkt?

Es ist uns gelungen, das höhere Transaktionsvolumen zu bewältigen, obwohl unsere Mitarbeitenden im vergangenen März und April zunehmend remote, also von zu Hause aus, arbeiteten. Das Private Banking hatte ein starkes Jahr: Es zog 2 Milliarden Franken Neugeld an, und die Performance in den Kundenportfolios liess die verwalteten Vermögen ebenfalls ansteigen.

Das Asset Management litt aber unter Geldabflüssen.

In den Bereichen Private Equity, Immobilien und Infrastruktur akquirierten wir 2,2 Milliarden Franken Neugeld, was ebenfalls eine starke Leistung ist. In den liquideren Strategien erfuhren wir Abflüsse von 3 Milliarden Franken.

«Damals führten wir drei Banken mit drei verschiedenen Namen»

Speziell betroffen waren europäische Aktien, eine Folge der Marktturbulenzen im März und im April. Die Konkurrenz hat ähnliche Erfahrungen während dieser Periode machen müssen. Wir hatten aber keine Liquiditätsprobleme in unseren Fonds, was wir positiv sehen.

Edmond de Rothschild verwaltete per Ende 2020 168 Milliarden Franken Kundengelder. Wie teilen sich diese auf das Private Banking und das Asset Management auf?

Rund 76 Milliarden Franken liegen im Private Banking und 92 Milliarden im Asset Management. In dieser Einheit befinden sich liquide und illiquide Assets, und wir betreiben dort auch Asset Servicing.

Vor zwei Jahren hat Edmond de Rothschild die französischen Einheiten zusammengelegt und ist von der Börse gegangen. Folgen weitere strukturelle Massnahmen?

Die zwei genannten Massnahmen haben die 2011 begonnene strategische Neuausrichtung vollendet. Damals führten wir drei Banken mit drei verschiedenen Namen. Die Strategie hatte zum Zweck, eine einzige Gruppe mit einer Kultur und einem Team und unter einem Dach zu bilden.

Wollen Sie im laufenden Jahr den Personalbestand ausbauen?

Im gegenwärtigen Umfeld hat das Kostenmanagement oberste Priorität. Wir möchten unseren Personalbestand auf dem gegenwärtigen Niveau halten. Allerdings ist uns bewusst, dass die Rekrutierung von Talenten notwendig ist, um weiter zu wachsen – sowohl im Private Banking als auch im Asset Management.

«Der Tod von Benjamin de Rothschild ändert nichts daran» 

Besonders dort, da wir jährlich neue Anlagethemen lancieren und die Expertise ausweiten.

Was sind Ihre Pläne für dieses Jahr?

Wir konzentrieren uns auf Anlagethemen, die in Verbindung mit dem gesellschaftlichen Wandel stehen. So haben wir vor einigen Monaten einen Fonds um das Thema Human Capital lanciert. Diesen Fonds wollen wir nun aktiv vertreiben. Wir arbeiten zudem an einem hybriden Private-Debt-Produkt im Bereich von liquiden Assets.

Wir stehen ausserdem kurz davor, weitere Produkte zu bestehenden Strategien, beispielsweise für die Regenaration des Bodens, zu lancieren. Ein Produkt im Bereich Private Debt und europäische Immobilien ist bereits gestartet.

Sie haben das Kostenmanagement erwähnt: Edmond de Rothschild hat eine Cost-Income-Ratio von 80 Prozent. Das ist höher als bei den meisten Konkurrenten.

Wichtig ist dabei, unsere Grösse, den Setup und die Plattform zu beachten. Ich denke, eine unserer Stärken sind unsere lokalen Präsenzen.

Kann Edmond de Rothschild die Unabhängigkeit bewahren?

Edmond de Rothschild ist nun zu 100 Prozent in Familienbesitz. Der Tod von Benjamin de Rothschild ändert nichts daran. Wir haben alles, was wir benötigen, um die Bank unter der Führung von Ariane de Rothschild weiter zu entwickeln.

«Das sind Gerüchte, wie sie im Schweizer Bankensektor immer wieder aufkommen»

Dabei eingeschlossen ist das Überschusskapital von 650 Millionen Franken, das wir für Akquisitionen einsetzen können. Wir brauchen keinen anderen Aktionär, um dies zu tun. Eine unserer Kernstärken ist die Unabhängigkeit.

Also zukaufen anstatt verkaufen.

Ja, Akquisitionen waren schon immer Bestandteil unserer Strategie. So haben wir eine starke Real-Estate-Expertise über die vergangenen fünf Jahre aufgebaut (durch die Akquisition von Cleaveland, Cording und Orox). Wir schauen uns nach Kaufgelegenheiten für das Asset Management und das Private Banking um, mit dem Ziel, Synergien zu schaffen, um die verwalteten Vermögen und die Erträge zu steigern.

Es gab zuletzt verschiedentlich Gespräche zwischen Edmond de Rothschild und Julius Bär.

Das sind Gerüchte, wie sie im Schweizer Bankensektor immer wieder aufkommen und der seit Jahren im Konsolidierungsprozess steckt. Wir kommentieren dies nicht.


Vincent Taupin ist seit 2019 CEO von Edmond de Rothschild. Zuvor war er Chairman von Edmond de Rothschild France gewesen und leitete ab 2016 das Asset Management der Gruppe. Bevor er 2014 zur Rothschild-Familienbank stiess, verantwortete Taupin bei der Société Générale das Brokerage-Bereichs Fimat.

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