In Zürcher Finanzkreisen wird darüber spekuliert, ob der frühere UBS-Chef Sergio Ermotti als Retter in der Not die Credit Suisse aus ihrer Reputationskrise befreien kann.

Der Fall rund um Credit-Suisse-Präsident António Horta-Osório und dessen Missachtung der Quarantäne-Vorschriften schlägt höhere Wellen als bislang vermutet, wie aus Finanzkreisen zu vernehmen ist.

Vor allem der Verwaltungsrat wie auch Konzernchef Thomas Gottstein bekunden inzwischen ein gröberes Problem, neue Beschlüsse oder Weisungen intern glaubwürdig zu kommunizieren. Denn unter zahlreichen Mitarbeitenden der Bank ist die Empörung über das Verhalten des Präsidenten enorm, und dessen Entschuldigung erwies sich – aufgrund späterer Widersprüchlichkeiten – als wenig glaubwürdig. Sie reicht entsprechend auch nicht, um die Angelegenheit ad acta zu legen.

Tagtäglich mit der Corona-Thematik konfrontiert

Besonders betroffen ist offenbar auch Severin Schwan. Er ist Vizepräsident der CS. In seiner Hauptfunktion als CEO des Baser Pharma-Konzerns Roche ist er mit der Corona-Thematik und den damit verbundenen Konsequenzen tagtäglich konfrontiert; umso irritierender ist auch für ihn das Verhalten des CS-Präsidenten.

Dass eine Schweizer Finanzdelegation eine Dubai-Reise Anfang 2022 aufgrund der sich wieder verschärften Covid-Situation abgesagt hat, wie Recherchen von finews.ch zeigen, katapultiert die Tragweite von Horta-Osórios Fehlverhalten vollends in neue Dimensionen.

Medien recherchieren weiter

Kein Wunder, dass vor diesem Hintergrund in Finanzkreisen bereits über einen Plan B an der Spitze des CS-Präsidiums spekuliert wird, wie finews.ch vernommen hat.

Zumal vieles darauf hindeutet, dass die CS nach diesem Vorfall nicht so rasch wieder zur Tagesordnung übergehen kann. Namhafte Medien recherchieren weiter, wie es zu diesem Vorfall überhaupt kommen konnte, und was mittelfristig die Konsequenzen sein könnten.

Worst-Case-Szenario: Drohung von Thomas Gottstein

Das Worst-Case-Szenario wäre, wenn sich der massiv unter Druck geratene Verwaltungsrat genötigt sähe, Horta-Osório den Rücktritt nahezulegen.

Ein solches Szenario könnte dann beschleunigt werden, wenn CEO Gottstein aus Glaubwürdigkeits-Gründen – wegen seines Präsidenten – nicht mehr in der Lage wäre, sein Amt erfolgreich fortzuführen und mit einem Rücktritt drohen würde.

Die CS wollte sich auf Anfrage von finews.ch nicht äussern, ob das Fehlverhalten ihres Präsidenten im Verwaltungsrat weiter diskutiert werde.

Wie einst Walter Kielholz?

Unter diesen Prämissen fällt der Name Sergio Ermotti. Der frühere CEO der UBS und seit April 2021 als Verwaltungsrats-Präsident der Swiss Re tätige Tessiner wäre durchaus im Stande, auch noch das Präsidium der CS zu übernehmen, wie es in Finanzkreisen heisst, zumal sein aktuelles Mandat nicht vollzeitlich ist.

Ermotti geniesst eine gute Reputation und zählt mit seinen mehr als 45 Jahren an Erfahrung im Banking zu den besten Kennern der Materie in der Schweiz wie auch im Ausland. Historisch gesehen hat es auch immer wieder Verbindungen gegeben zwischen der CS und der Swiss Re, insbesondere über Walter Kielholz, der zeitweilig – und ebenfalls aufgrund von Krisensituationen – beiden Aufsichtsgremien angehört hat.

Grosse Flexibilität

Und dass auch oberste exekutive Chefs von einer Schweizer Grossbank zur anderen wechseln können, bewies der frühere CS-CEO Oswald Grübel, der aus dem Ruhestand zurückkehrte, um die Führung der in Existenznot geratenen UBS zu übernehmen.

Damit zeigt sich, dass sich in der Schweizer Finanzbranche immer wieder überraschende Szenarien ergeben können, was indessen auch für deren Anpassungsfähigkeit und Flexibilität spricht.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
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