Die UBS steht wesentlich weniger unter Druck als die Credit Suisse, an ihrer Strategie etwas zu ändern. Dennoch will CEO Ralph Hamers nächste Woche strategische Akzente setzen. Wohin die Reise gehen dürfte.

Die UBS wird am kommenden Dienstag zum ersten Mal seit vier Jahren neue Ziele vorlegen und 15 Monate nach dem Amtsantritt von CEO Ralph Hamers ein Update zur Strategie bekanntgeben.

Im Gegensatz zur direkten Konkurrentin Credit Suisse (CS) hat die UBS seit 2018 keinen Investorentag mehr abgehalten und hat auch nicht die Absicht, dies zu tun. Sie wird lediglich im Anschluss an die Ergebnisse vom vierten Quartal 2021 und an den Jahresabschluss 2021 die Strategie präzisieren.

Allerdings ist diesmal tatsächlich mit einem grösseren Wurf zu rechnen, während sich Chef Hamers letztes Jahr noch auf sehr leisen Sohlen bewegte.

Ungemein einträglichen Umfeld

Das mag für einige Beobachter enttäuschend gewesen sein; im Nachhinein hat es sich aber für die UBS gelohnt, dass der als zupackender Digitalisierer bekannte Niederländer nicht sofort zu wirbeln begann.

So konnte insbesondere das Kerngeschäft mit der Vermögensverwaltung unter den Co-Chefs Iqbal Khan und Tom Naratil vom ungemein einträglichen Umfeld während der Corona-Krise profitieren. Was sich auch bezahlt machte: Seit dem Amtsantritt des Holländers sind die Aktien der Schweizer Grossbank um fast 60 Prozent gestiegen.

Agiles Arbeiten und «Kultur der Ingenieure»

In den vergangenen Monaten schraubte Hamers vor allem an der Unternehmenskultur, bei der er für alle Mitarbeitenden einen «Purpose», also einen Unternehmenszweck, festlegte.

Ebenfalls wird bei der traditionell militärisch-hierarchisch strukturierten UBS das agile Arbeiten eingeführt; schon bald sollen 9’000 Angestellte nach diesem Modell wirken. In der Banken-IT will Hamers wiederum eine «Kultur der Ingenieure» heranziehen.

Die Bank auf die App bringen

Über all dem wacht Mike Dargan, den Hamers im vergangenen April zum Chief Digital and Informationen Officer (CDIO) ernannt hat. Ihm unterstehen damit die IT und die Digitalisierungs-Vorhaben als Hamers rechte Hand. Letzterer kündete bereits im vergangenen Herbst an: «Es gibt noch so viel mehr, was wir tun können.»

Der am vergangenen Mittwoch bekanntgegebene Kauf des amerikanischen Roboter-Advisor Wealthfront für stolze 1,3 Milliarden Franken zeigt, in welche Richtung es die UBS zieht. Hamers möchte die «Bank auf die App» bringen, wie er es zuvor schon für das Schweizer Geschäft angekündigt hatte.

Digitale Dienste sollen es erlauben, mit relativ wenig Aufwand an eine weniger vermögende, aber dafür jüngere Kundschaft, sogenannte Affluents, heranzurücken.

Nicht mehr kleckern

Der Fokus liegt hier bis jetzt auf den USA und Asien, wo eine Banking-App für den chinesischen Massenmarkt weiterhin auf das Plazet der Behörden wartet. Bereits ab diesem Februar könnte der IT-Riese im innern des Bankkonzerns seine Muskeln zeigen.

Wie der Wealthfront-Deal ebenfalls belegt, will die weltgrösste Privatbank mit 3,2 Billionen Dollar an investierten Vermögen künftig nicht mehr kleckern. Zu kleine oder zu wenig rentable Geschäfte werden abgestossen – siehe das Business mit US-Kunden in der Schweiz und der Verkauf der Niederlassungen in Österreich und Spanien im vergangenen Jahr.

Weitere Exits in der Pipeline

Auch hier sprach Hamers im vergangenen Frühling Klartext. «Die UBS will sich in ihrem Global Wealth Management (GWM) auf ihre grossen Geschäfte oder Marktregionen konzentrieren, also auf Americas, Asien, Europa und die Schweiz.» Damit deutet einiges daraufhin, dass noch andere Exits folgen werden.

Mehr auf Solidität setzen dürfte der UBS-Chef gegenüber den Investoren. Finanzanalysten erwarten, dass die Grossbank eine eher «progressive» Haltung in Bezug auf die Rückgabe von Kapital an die Aktionärinnen und Aktionäre einnehmen wird – entweder durch Bardividenden oder durch einen weiteren Aktienrückkauf. Dies zusätzlich zum 4,5-Milliarden-Dollar-Programm aus dem vergangenen Jahr. Ein UBS-Sprecher wollte dazu keinen Kommentar abgeben.

Persönliches Risiko

Natürlich bleibt das Institut damit nicht frei von Risiken; Hamers grösstes Risiko ist dabei ein ganz persönliches. Der Holländer ist nämlich nach wie vor in eine Untersuchung verwickelt, bei der es darum geht, ob sein früherer Arbeitgeber, der holländische ING-Konzern, Kundinnen und Kunden bei der Steuerhinterziehung Hilfe geleistet hat.

Sollte Hamers, als einstiger CEO des Konzerns und damit auch Verantwortlicher verurteilt werden, wäre seine Funktion als UBS-Chef in Gefahr.

Neue Zielvorgaben?

Einige Unklarheit besteht schliesslich auch in Bezug auf den Streitfall in Frankreich, wo der Bank ebenfalls Beihilfe zur Steuerhinterziehung vorgeworfen wird. Der Konzern erhielt zwar eine geringere Geldstrafe als ursprünglich angenommen. Weil die Richter in Paris aber gleichzeitig festhalten, dass sich die UBS strafbar gemacht habe, hat die Grossbank im nunmehr acht Jahre währenden Rechtsstreit vergangenen Dezember erneut Berufung eingelegt.

Die UBS verzichtet grundsätzlich auf die Bekanntgabe von Spartenzielen. Sie wird am Dienstag aber voraussichtlich ihre konzernweiten Ziele – wie ein Kosten-Ertrags-Verhältnis von weniger als 78 Prozent und ein Gewinnwachstum von mindestens zehn Prozent vor Steuern im GWM – aktualisieren.


Mitarbeit: Katharina Bart, Samuel Gerber und Claude Baumann

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