Weniger als ein halbes Jahr nach Amtsantritt wird der Präsident der Credit Suisse bedrängt, den Stab über seinem CEO zu brechen. Es dürfte eine einsame Entscheidung für Axel Lehmann werden.

Die Schweizer Doppelspitze bei der Bank mit «Suisse» im Namen könnte von kurzer Dauer sein. Denn wie auch finews.ch berichtete, fordert nun ein Grossaktionär den Kopf des glücklosen CEO Thomas Gottstein (Bild unten). Dies nach einer Reihe von Debakeln bei der Bank und angesichts der Tatsache, dass die Credit Suisse (CS) im operativen Geschäft schwächelt.

Auch im Verwaltungsrat der zweitgrössten Schweizer Grossbank rumort es offenbar. Ungenannte Mitglieder möchten dort sondieren, ob und wie Gottstein abgelöst werden könnte. Das am liebsten noch bis Ende Jahr, wie kolportiert wurde. Damit wird die Luft sehr dünn für den Schweizer, der den Posten erst Anfang 2020 vom unter Druck abgetretenen Vorgänger Tidjane Thiam übernommen hatte.

Wie ein Mantra

Doch dem stellt sich einer in den Weg: Axel Lehmann, der nach dem forcierten Abgang von Ex-Präsident António Horta-Osório vergangenen Januar notfallmässig vom Verwaltungsrat zum Präsidenten befördert wurde und den anderen Teil des Schweizer Gespanns ganz oben bei der CS bildet. Lehmann hat nun wiederholt Partei für seinen angeschlagenen CEO ergriffen. An der turbulenten Generalversammlung vom vergangenen April wie auch in Presse-Interviews sprach er Gottstein das Vertrauen aus.

Das wird nun zum Mantra, das die Bank bei jedem neuen Angriff auf ihren Chef wiederholt: «Der Verwaltungsrats-Präsident hat Thomas Gottstein klar sein Vertrauen ausgesprochen. Daran hat sich nichts geändert», heisst es jeweils.

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(Bild: Keystone)

Stürmische Grosswetterlage

Doch damit steht Axel Lehmann spätestens seit dem gestrigen Donnerstag ziemlich einsam da. Denn gegenüber der Agentur «Reuters» hat die CS-Grossaktionärin Harris Associates erklärt, bezüglich der Zukunft von Gottstein müsse der Verwaltungsrat entscheiden. Dort aber, glaubt man den Medienberichten, wetzen manche Mitglieder schon die Messer. Damit hielte eigentlich nur noch Lehmann zu Gottstein.

Dass letzterem in den nächsten Monaten ein Befreiungsschlag gelingt, ist nicht zu erwarten. Gottstein hat bereits ein weiteres Übergangsjahr bei der Grossbank angekündigt; die Grosswetterlage für das Banking ist seither stürmischer geworden.

Von vielen Fronten bedrängt

Das Doppel-Debakel um die Pleite der New Yorker Finanzfirma Archegos und um die notfallmässig geschlossenen CS-Greensill-Fonds, das sich unter Aufsicht Gottsteins ereignete, wird die Bank ebenfalls noch begleiten; in beiden Komplexen haben ausländische Behörden inzwischen Strafermittlungen aufgenommen, während die Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) Untersuchen eingeleitet hat.

Zu Archegos-Greensill formierten sich zudem Sammelkläger in den USA; amerikanische Kläger haben auch die Geschäftsleitung der CS in Visier genommen sowie Geschäftsbeziehungen mit russischen Oligarchen. Derweil ist der Aktienkurs der Bank seit Jahresbeginn um ein weiteres Viertel abgerutscht.

Schmale Basis?

Manche dürften demnach David Samra beipflichten, dem Lenker der CS-Grossaktionärin Artisan Partners. Vernünftigerweise gebe es keinen Grund, warum eine Person wie Gottstein auf ihrem Posten belassen werden sollte, sagte dieser in aller Öffentlichkeit.

Für eine wirkungsvolle Verteidigung ist die Basis Gottsteins innerhalb der Bank wohl schmal geworden. Lehmann ist erst letztes Jahr nach seinem Abgang als Schweiz-Chef bei der UBS als Verwaltungsrat bei der CS zugewählt worden. Im Verwaltungsrat, der ebenfalls fast ganz neu zusammengesetzt ist, dürfte ihm die Machtbasis nach so kurzer Zeit als Präsident noch fehlen. Ähnlich sieht es für Gottstein im Management aus: Der CEO ist dort der letzte, der von der «alten Garde» noch übrig bleibt, wie finews.ch unlängst beobachtete.

Warnsignale hören

In der Geschäftsleitung dürften ihm vor allem der neue Wealth-Management-Chef Francesco De Ferrari und der neue alte Schweiz-Chef André Helfenstein nahe stehen; wie jedoch von Kennern der Bank zu vernehmen ist, hat unter einzelnen Managern ein Hauen und Stechen begonnen.

Und wie sich beim Abgang von Lehmanns Vorgänger Horta-Osório zeigte, braucht es den Präsidenten nicht zwingend, um im Verwaltungsrat der CS wichtige Personalentscheide durchzudrücken. Käme es im Fall von Gottstein dazu, stünde der oberste CS-Banker um so isolierter da.

Zudem könnten Grossaktionäre und Verwaltungsräte Lehmann auch beim Wort nehmen. «Wir brauchen eine Kultur, die Widerspruch zulässt, um Fehler zu vermeiden und daraus zu lernen. Ideen und Warnsignale gehören auf den Tisch, nicht unter den Tisch», sagte der CS-Präsident an der Generalversammlung vom vergangenen April.

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