Mit ihrer Reorganisation hat die Credit Suisse (noch) nicht überzeugt. Gleichwohl geht aus den Reihen der Schweizer Grossbank ein Gewinner hervor.

Der mit grosser Spannung erwartete Befreiungsschlag der Credit Suisse (CS) hat vorläufig nicht die erhoffte Wirkung an den Finanzmärkten entfaltet. Am Donnerstagmorgen sackte der Aktienkurs der Schweizer Grossbank im Verlauf der Investorenpräsentation in London zeitweilig um bis zu 15 Prozent ab. Aber selbst wenn sich diese Entwicklung noch einrenken würde, bis auf weiteres ist die Einbusse eher als Enttäuschung, als Niederlage, zu werten.

Einen Gewinner in dieser ganzen Restrukturierungsübung gibt es gleichwohl: Michael Klein (Bild unten). Der 59-jährige Amerikaner mit eigener Beratungs-Boutique, M Klein & Company in New York sitzt seit April 2018 im Verwaltungsrat der CS. Bislang agierte er eher im Hintergrund, was seinem Einfluss und seiner Bedeutung jedoch keinen Abbruch tat.

«New Credit Suisse»

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Als er seinerzeit ins Aufsichtsgremium der Bank gewählt wurde, wunderte man sich, was ein US-Investmentbanker mit Beziehungsnetz im Rohstoff-Business – Klein fädelte die Gespräche im Vorfeld zur Fusion der Zuger Rohstoffkonzerne Glencore und Xstrata ein – im CS-Verwaltungsrat sollte. Einer Schweizer Bank, die sich doch der Vermögensverwaltung und der Nachhaltigkeit verschrieben hat.

Doch spätestens seit heute ist klar, dass Klein der Dreh- und Angelpunkt innerhalb der «New Credit Suisse» ist, wie Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann die zweitgrösste Bank am Donnerstag erstmals bezeichnete. Klein verlässt den Verwaltungsrat und übernimmt die oberste Verantwortung der geplanten Investmentbank CS First Boston, die im nächsten Jahr offiziell ihren Betrieb aufnehmen wird.

Bereits im Vorfeld der heutigen Ankündigungen der CS war in den Medien kolportiert worden, die Schweizer Bank wolle die Marke «First Boston» als eigenständige Einheit wieder aufleben lassen. Klein dürfte an dieser Vorabwerbung sicherlich seine persönliche Freude gehabt haben.

Günstiger Einstiegszeitpunkt

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Selbst wenn die CS die Aktienmehrheit an diesem Institut behalten wird, soll es unabhängig und im Rahmen einer Partnerstruktur als Kapitalmarkt- und Beratungsbank agieren, wie CS-Präsident Lehmann erklärte. Mit anderen Worten: Die CS First Boston wird weitere Teilhaber haben, wovon einer – ohne dass der Namen nach aussen schon bekannt ist – sich bereits verpflichtet hat, rund 500 Millionen Dollar einzuschiessen, wie CS-Konzernchef Ulrich Körner (Bild oben) am Donnerstag sagte.

Naheliegenderweise dürfte sich auch Klein an diesem Institut beteiligen, das damit an die einstige Partnerschafts-Tradition grosser US-Investmentbanken wie Goldman Sachs oder J.P. Morgan wieder anknüpft. Für Klein ist der Einstiegszeitpunkt günstig, denn die CS First Boston, nunmehr mit klaren US-Fokus, ohne Altlasten, überschaubaren risikogewichteten Anlagen von rund 20 Milliarden Dollar sowie ganz klar auf einzelne Geschäftssparten fokussiert, hat unter diesen Bedingungen relativ hohe Erfolgschancen – liesse sich irgendwann auch an die Börse bringen, was wiederum der CS zum grossen Reibach verhelfen würde.

Bloss keine Kasino-Kultur

Gleichzeitig wird die CS als blosse Aktionärin (statt als Muttergesellschaft) nicht mehr verpflichtet sein, allfällige Verluste mit den Erträgen aus der Schweizer Vermögensverwaltung zu kompensieren. Darüber hinaus dürften die mit eigenem Geld beteiligten Partner wohl streng darauf achten, dass in ihren Reihen keine Kasino-Kultur aufkommt, wie dies zuletzt bei der CS der Fall gewesen war.

Klein geht noch in anderer Weise als Gewinner der jüngsten CS-Restrukturierung hervor: Er verfügt über langjährige Verbindungen zu den höchsten Stellen in Saudi-Arabien, also in dem Land, dessen Saudi National Bank (SNB) nun im Rahmen einer Kapitalerhöhung fast zehn Prozent an der CS halten wird, wie auch finews.ch berichtete. Rechnet man die Anteile der langjährigen, saudischen Aktionärsfamilie Olayan noch hinzu, avancieren die Investoren aus Saudi-Arabien zur grössten Aktionärsgruppe innerhalb der CS heran.

Davos in der Wüste

Klein ist einer der seltenen westlichen Finanzfachleute, die das uneingeschränkte Vertrauen der saudischen Elite unter der Ägide von Kronprinz Mohammed bin Salman, kurz «MBS» geniessen. Dieser will das Land weg vom Öl zu einer Hightech-Wirtschaft führen, was er derzeit auch am «Davos in der Wüste» propagiert, wie finews.ch berichtete.

Unter diesen Prämissen überrascht es wenig, dass Klein als einer der wichtigsten Architekten der 2020 durchgeführten und höchst komplexen Teilkotierung des saudischen Ölkonzern Saudi-Aramco zählt, an der wiederum die SNB beteiligt war. Der Börsengang brachte einen Wert von 25,6 Milliarden Dollar auf die Waage.

 Nochmals zum Handkuss kommen

Die SNB betonte am Donnerstag ihrerseits sie sowohl bei künftigen Kapitalmassnahmen der Credit Suisse mitziehen könnte, um den Aufbau einer eigenen, unabhängigen Investmentbank Königreich zu realisieren. Dass dabei auch Klein wieder zum Handkuss kommen könnte, ist nicht unwahrscheinlich.

Gegenüber finews.ch liess Klein schon früher ausrichten, dass er bei Interessenskonflikten als CS-Verwaltungsrat stets in den Ausstand getreten sei. Überdies habe er schon beim Eintritt in den CS-Verwaltungsrat klar gemacht, dass er nie in einer Investmentbanking-Rolle aktiv werden würde. Diese Aussage ruft nun nach einer kleinen Präzisierung: Klein hat keine aktive Rolle im Investmentbanking der CS, nun aber umso mehr bei der CS First Boston.