Eine gewichtige Gruppe, die sich durch die Abschreibung von nachrangigen CS-Anleihen geschädigt sieht, geht gerichtlich gegen die Schweizer Finanzmarktaufsicht vor. Jetzt droht eine Klagewelle.

Verschiedene Anleihegläubiger der Credit Suisse wollen gegen die Schweiz vorgehen, nachdem die Aufsichtsbehörden entschieden haben, nachrangige Wertpapiere in der Höhe von 16 Milliarden Franken wegen der Notrettung durch die UBS vollständig abzuschreiben.

Jetzt hat auch eine Gruppe von schweizerischen und internationalen Investoren, die zusammen mehr als 4,5 Milliarden Franken an AT1-Anleihen der Credit Suisse repräsentieren, gegen die Verfügung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) Beschwerde eingereicht.

Zu den Klägern gehört nach Informationen des «Tages-Anzeiger» auch die Migros-Pensionskasse, die einen Verlust von 110 Millionen Franken erlitten hat.

Globale Wirtschaftskanzlei

Das in St. Gallen eingereichte Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eröffnet eine neue Front bei der Beseitigung der finanziellen Auswirkungen der abrupten Rettung der Credit Suisse.

Wie aus einer Medienmitteilung vom Freitag hervorgeht, wird die Investorengruppe von der globalen Wirtschaftskanzlei Quinn Emanuel Urquhart & Sullivan vertreten. Sie hat ein multidisziplinäres Team von Anwälten aus der Schweiz, den USA und Grossbritannien zusammengestellt.

Quinn Emanuel gilt als eine gefürchtete Anwaltskanzlei, die nach eigenen Angaben 86 Prozent der über 2’500 verhandelten Fälle gewonnen hat.

Beschädigtes Vertrauen

Geschäftsführender Partner der Kanzlei in der Schweiz ist Thomas Werlen. Er will die Verfügung der Behörden korrigieren und damit die Position der Schweiz als wichtiger Standort im globalen Finanzsystem stärken. Der Entscheid der Finma habe das internationale Vertrauen in die Rechtssicherheit und Verlässlichkeit des Schweizer Finanzplatzes untergraben, heisst es.

Die Behörde hatte vom Schweizer Gesetzgeber am 19. März, dem Tag der Übernahme der Bank durch die UBS, die Notfallvollmacht zur Abschreibung der AT1-Anleihen erhalten. Die Finma hatte ihren Entscheid damit begründet, dass die AT1-Anleihen vertraglich in diesem Fall vor den Aktien abgeschrieben werden konnten.

Missachtete Gläubigerhierarchie

Hätte die Aufsichtsbehörde allerdings die Bank abgewickelt und rekapitalisiert, wäre zunächst das Eigenkapital der Bank genutzt worden, bevor die Anleihen in Anspruch genommen worden wären.

Dass die Anleihegläubiger bei der CS leer ausgingen und hinter den Aktionären stehen, sehen erstere als eine Missachtung der «Gläubigerhierarchie». Normalerweise muss das Aktienkapital vollständig aufgebraucht werden, bevor die Gläubiger an die Kasse kommen.

Zudem diene die Abschreibung der Anleihen nicht dem Ziel, die Credit Suisse finanziell zu sanieren.

Mit diesen Begründungen zweifeln Geschädigte die Verhältnismässigkeit des Finma-Entscheids an, wie finews.ch berichtete.

Einhaltung der Kapitalanforderungen

Die Bankenaufsichtsbehörden schufen Additional-Tier-1-Anleihen (AT1) nach der Finanzkrise 2008 als zusätzliches Kapital, um Verluste in einem Abschwung aufzufangen.

AT1-Anleihen, die auch als Contingent Convertible Bonds oder Cocos bezeichnet werden, können je nach ihren Bedingungen in Eigenkapital umgewandelt oder in extremen Stresssituationen abgeschrieben werden.

Die CS gab AT1-Anleihen als Teil ihrer Kapitalstruktur aus, um die regulatorischen Kapitalanforderungen zu erfüllen.