Mittlerweile diskutieren selbst Akteure über die Zukunft von GAM, die nicht einmal beim Schweizer Fondshaus investiert sind. Die einzigen offiziellen Bieter stehen dabei zunehmend unter Zugzwang, wie Recherchen zeigen.

Es gehört zu den Kuriositäten des letzten Kapitels von GAM, dass am Aktionärstreffen vom heutigen Donnerstag keines der aktuell einschlägigen Themen traktandiert ist.

So wird an der Generalversammlung offiziell weder das Übernahmeangebot der britischen Fondsfirma Liontrust besprochen, noch die Kritik an demselben von Investorengruppen rund um den französischen Milliardär Xavier Niel oder den Schweizer Unternehmer Marco Garzetti.

Vetrauenskrise und kein Ausweg

Derweil dürften die wenigen verbleibenden GAM-Aktionäre am Donnerstag kaum mehr aus der Reserve zu locken sein. Das kommt nicht von ungefähr. Das einst stolze Fondshaus mit Zürcher Hauptsitz ist an der Börse noch 96 Millionen Franken Wert und handelt zu zwei Dritteln seines inneren Werts. Die meisten Anleger haben die Position in ihrem Portefeuille wohl bereits abgeschrieben.

Trotz – oder gerade wegen – der tiefen Bewertung herrscht um das Fondshaus ein Tauziehen, als handelte es sich um ein Juwel der Schweizer Vermögensverwaltungs-Branche. Wohl stimmt es, dass zahlreiche GAM-Fonds zuletzt den Markt geschlagen haben. Doch seit dem Jahr 2018 steckt das Unternehmen in einer Vertrauenskrise, aus der es trotz harter Einschnitte nie mehr herausgefunden hat. Inzwischen wollen Akteure das weitere Schicksal des Asset Managers mitbestimmen, die noch nicht mal als Aktionäre eingetragen sind.

Auf Turnaround gesetzt

Das trifft auch Garzettis Firma Taure Invest zu. Vergangene Woche hat diese sich in den Bieterstreit eingeklinkt; sie will 68 Prozent an GAM erwerben und mittels eines Turnaround verhindern, dass das Zürcher Vorzeigeunternehmen in ausländische Hände fällt. Die Gruppe will deshalb in den nächsten Tagen bisherige GAM-Aktionäre von ihrem Sanierungsplan überzeugen, wie ein Vertreter gegenüber finews.ch nochmals bekräftigte.

Schon Ende April hat sich eine Investorengruppe gegen die Übernahme von GAM gestellt, die aus den Gesellschaften NewGAMe und Bruellan besteht, hinter denen wiederum der französische Milliardär Xavier Niel steht. Wie jene Akteure jüngst mitteilten, beabsichtigen sie, den Schwellenwert von 10 Prozent der Stimmen an GAM zu überschreiten. Auch sie setzen auf einen Turnaround und stellen sich explizit gegen den geplanten Abverkauf des Fondsservice-Geschäfts.

Ein besseres Jekami

Die Gruppe hat bereits durchgesetzt, dass das Übernahmegebot von Liontrust von der Übernahmekommission der Schweizer Börse SIX formell überprüft werden muss.

Doch NewGAMe und Bruellan haben bisher noch kein offizielles Gebot abgegeben; der von Garzetti in Aussicht gestellte Aktienkauf würde laut dem GAM-Verwaltungsrat die Firma mit 26 Rappen je Aktie bewerten. Das Gebot der Briten, die rund 107 Millionen Franken für die Fondspalette und den globalen Vertrieb von GAM zahlen wollen, nehme sich dagegen mehr als zweieinhalb Mal höher aus.

Damit verdichtet sich der Eindruck, dass der Bieterstreit zu einem eigentlichen Jekami verkommen ist. «Wenn ich mir die Offerten der Gegenparteien überhaupt ansehen soll, dann müssen die schon besser sein als jene von Liontrust», bringt ein Finanzprofi das Schauspiel auf den Punkt.

Unbeirrt verhandeln

Demgegenüber nimmt der GAM-Verwaltungsrat zu praktisch jeder Zuckung Stellung; parallel dazu bereitet er aber den Verkauf vor, als gäbe es die Kritiker schlicht nicht. So vermeldete finews.ch kürzlich, dass die Fondsfirma sich in Gesprächen mit der irischen Anbieterin Carne befindet. Diese zeigt offenbar Interesse am Fondsservice-Geschäft von GAM in Zürich und Luxemburg. Das ist just jenes Business, das Liontrust nicht kaufen will und weswegen NewGAMe und Garzetti auf die Barrikaden gehen.

Doch für die GAM-Verwaltungsräte ist klar: nachdem das Management sich jahrelang darin versucht hat, kommt ein Turnaround aus eigener Kraft als Option nicht mehr infrage. Sie unterstützen das Gebot der Briten, die nach eigenen Angaben bereits gegen 20 Prozent der Aktionärsstimmen hinter sich wissen.

Nächstes Jahr geht das Geld aus

Sehr skeptisch gibt sich auch Andreas Venditti vom Zürcher Investmenthaus Vontobel, der als einer der letzten Analysten die GAM-Aktie abdeckt. GAM verfüge trotz erfolgter Zusammenlegungen weiterhin über eine recht breite Produktepalette und eine globale Distribution, gibt er zu bedenken. «Wenn eine Standalone-Lösung für das Unternehmen gesucht wird, müssten hier nochmals drastische Abstriche gemacht werden – mit unsicherem Ausgang.» Denn es sei nicht klar, ob Kunden einen noch einschneidenderen Rückbau von Angebot und Vertrieb goutieren würden.



Weiter verweist er darauf, dass sich die finanzielle Lage von GAM in den vergangenen Monaten deutlich verschlechtert hat. Besorgniserregend ist insbesondere der Schwund an Liquidität: Nach den Berechnungen von Liontrust geht dem Fondshaus im Verlaufe des nächsten Jahres das Geld aus. «Mittlerweile ist kaum mehr ersichtlich, wie GAM ohne externe Hilfe radikale Massnahmen umsetzen kann, um wieder einen vernünftigen Gewinn zu erwirtschaften», sagt Venditti.

Schlechtester Performer der letzten Monate

Das offizielle Angebot von Liontrust soll den Aktionären um den 9. Juni herum vorgelegt werden. Die Angebotsfrist wird dann vom 26. Juni bis am 21. Juli laufen. Bei Liontrust ist die Generalversammlung, an der die Aktionäre grünes Licht geben sollen, für den 7. Juli geplant. Bekanntlich «zahlt» Liontrust den Kaufpreis in eigenen Aktien, weshalb eine Kapitalerhöhung nötig wird. Der Abschluss der Übernahme wird dann für das vierte Quartal diesen Jahres erwartet.


Das klingt nach fixem Fahrplan, und im Gespräch mit finews.ch gab sich Liontrust-Chef John Ions unlängst ganz entspannt. Doch glaubt man Vontobel-Analyst Venditti, kann Liontrust dem Jekami um GAM nicht ewig zuschauen. «Bei Liontrust besteht mittlerweile wohl ebenfalls ein gewisser Zugzwang zur Übernahme: die Aktie ist unter den kotierten europäischen Asset Managern einer der schlechtesten Performer der letzten zwölf Monate.»


Mitarbeit: Fredy Greuter

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.39%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.58%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.35%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.4%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.28%
pixel