Im Debakel um das deutsche Fintech Wirecard gibt es fast nur Verlierer. Ein Versagen muss sich die deutsche Regulierungsbehörde Bafin vorwerfen lassen. finews.ch analysiert, ob dies auch der Schweizer Finanzmarkaufsicht hätte passieren können.

Auch wenn es bereits vor Jahren Anzeichen für eine Bilanzfälschung beim deutschen Fintech Wirecard  gab – die deutsche Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hat es sträflich verpasst, der Sache auf den Grund zu gehen. Der deutsche Regulator hat erst vergangenen Monat begonnen, den DAX-Konzern unter die Lupe zu nehmen.

Die Nähe Deutschlands zur Schweiz sowie ähnliche Ansätze in der Finanzaufsicht werfen die Frage auf: Könnte ein Debakel von der Grösse eines Wirecard-Skandals auch unter der Aufsicht der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht, der Finma, passieren? finews.ch geht auf drei wesentliche Unterschiede ein, mit einem grossen Vorbehalt:

1. Ein spezifisches Leerverkaufsverbot der Finma kann man sich nicht vorstellen

Wie die Bonner Bafin verfolgt die Finma einen prinzipienbasierten Aufsichtsstil, anstatt spezifische Regeln in Stein zu meisseln. Die Idee besteht darin, den regulierten Unternehmen genügend Spielraum für vernünftige, prinzipientreue und gesetzes- und richtlinienkonforme Entscheidungen zu geben.

Die Bafin hielt weniger strikt an der prinzipienbasierten Linie fest als die Finma: Im vergangenen Jahr hatte die deutsche Regulierungsbehörde bei Wirecard Leerverkäufe (Shorts) für zwei Monate verboten, nachdem Hedgefonds Wirecard-Aktien wegen der Berichterstattung über Bilanzfälschung leer verkauft hatten.

Die Schweiz, die zuletzt nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers im Jahr 2008 ein Verbot von Leerverkäufen kannte, folgte auch nicht anderen europäischen Ländern wie Frankreich, Italien und Spanien, die aufgrund der Pandemie Anfang dieses Jahres ein vorübergehendes Verbot verhängten. Es ist fast undenkbar, dass Schweizer Aufseher ein fallspezifisches Verbot wie das von Wirecard einführen würden.

2. Wie die Bafin die Wirecard-Probleme umgangen hat, riecht nach Protektionismus.

So sehr man in Bern den Fintech-Standort Schweiz fördern möchte, ist es der Finma einigermassen egal, ob ein einzelnes Fintech überlebt oder nicht. Die Schweizer Herangehensweise ist von der Wirtschaft losgelöst: Der Schweizer Markt bietet noch andere Leckerbissen wie einen niedrigen Steuersatz, leichten Zugang zu Risikokapital und ein flexibles Arbeitsrecht, die helfen. Die Finma sieht die Förderung des Schweizer Finanzplatzes nicht als Teil ihres Berufs an.

3. Finma-Chef kommt aus der Branche, Bafin-Chef nicht

Regulierung ist per Definition nicht proaktiv. Aufsichtsbehörden können nur handeln, wenn sie Verstösse gegen Richtlinien, Regeln und Gesetze sehen. Aber die Weigerung der Bafin, sich auch nur auf einige der Vorwürfe gegen Wirecard einzulassen – die dank der Berichterstattung der «Financial Times» Anfang 2015 aufkamen – ist dafür ein besonders schlechtes Beispiel.

Man muss der Finma zugute halten, dass ihr CEO Mark Branson ein Ex-Banker ist, der weiss, wie die Industrie denkt und handelt. Noch wichtiger ist, dass der britisch-schweizerische Staatsbürger international tadellos vernetzt ist: Er leitet die ReSG (Resolution Steering Group) des Financial Stability Board (FSB) und ist zudem Teil eines Teams von Zentralbank- und Regulierungschefs (GHOS). Sein Bonner Amtskollege Felix Hufeld hat wenig Branchenerfahrung und ist in seinen Aussenaktivitäten mehr auf Europa ausgerichtet.

Die Problemzonen der Finma

Dass ein Skandal wie jener von Wirecard unter der Finma so kaum passieren würde, heisst nicht, dass die Finma keine Problemzonen hat: Die Schweiz steht nach wie vor im Zentrum grosser internationaler Korruptionsskandale wie 1MDB, Petrobras und jenem um den Weltfussball-Verband Fifa. In der Anti-Geldwäscherei-Behörde öffnet sich ein peinliches Vakuum, und ausserdem muss die Behörde tatenlos zusehen, wie saudi-arabische oder libanesische Gelder in die Schweiz gelangen.

Weiter verhielt sich die Finma fast auffällig unauffällig in dem 2018 von der britischen Finanzaufsichtsbehörde FCA detonierten Whistleblowing-Skandal um den Vermögensverwalter GAM. Ebenso unterliess sie es, den Ex-CEO einer Schweizer Bank zu nennen, gegen den jetzt wegen angeblichen Insiderhandels strafrechtlich ermittelt wird.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.23%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.71%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.97%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.35%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.74%
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