Der Krieg in der Ukraine zeigt exemplarisch die Vorteile von Krypto-Währungen auf. Der gleiche Konflikt fördert aber auch wieder deren Schattenseiten zutage. 

Stand heute hat die ukrainische Regierung 61,5 Millionen Dollar an Spenden in Krypto-Währungen eingesammelt, gemäss einer von ihr aufgeschalteten Webseite. Spender können auf einem von der ukrainischen Nationalbank eröffnetes Konto in Bitcoin & Co. spenden. Die Mittel fliessen humanitären Zwecken zu, allerdings auch der ukrainischen Armee.

Die Spenden kommen dabei auch dem Krypto-Segment selber zugute, im übertragenen Sinn: Das behördlich abgesegnete Experiment in der Ukraine ist ein wichtiges Gesellenstück für die neuartigen Zahlungsmittel. «Der Krieg in der Ukraine ist bahnbrechend in Bezug auf die Nutzung von Kryptowährungen durch Hilfsorganisationen und gemeinnützige Vereine», wie Friedbert Ottacher auf Anfrage erklärt. Er unterstützt Nichtregierungs-Organisationen (NGO) im Umgang mit der Blockchain-Technologie, auf der die Digital-Devisen beruhen.

Fluchtwährung im wörtlichen Sinne

Die Vorteile der Anwendung von dezentralisierten Vermögenswerten im Fundraising liegen auf der Hand. Abgesehen von der unmittelbaren Übermittlung von Spenden sind auch die Ausweitung des Spender-Pools auf eine grössere und vor allem digital-affine Gruppe zu nennen.

Aber nicht nur für Regierungen, sondern auch für Flüchtlinge, die noch über Ersparnisse verfügen, können Kryptowährungen hilfreich sein. «Banken sind normalerweise über das Wochenende geschlossen, und Bargeld kann leichter gestohlen werden, gerade auf der Flucht. Zudem wertet sich das Fiat-Geld wegen den Folgen einea Kriegs tendenziell ab», sagt Eliezer Ndinga, Research-Leiter bei der Zuger Krypto-Firma 21Shares.

Neuland für NGO

Noch gibt es Hürden zu überwinden. Hilfswerke und NGO haben bislang gegenüber Krypto-Währungen grosse Vorsicht walten lassen, weil diese im Ruf stehen, ausserordentlich viel Energie zu konsumieren. Dies hat viele davon abgehalten, Digitalgeld zu verwenden, wie Berater Ottacher bestätigt. Zudem galt es auch, den eigenen Ruf nicht aufs Spiel zu setzen im Umgang mit einer Währung, welche erfahrungsgemäss auch von Kriminellen genutzt wird.

«Es gibt Hilfswerke, die für Kryptospenden extra Seiten aufschalten, um nicht ihre bisherigen Spender zu verunsichern – Spender, die typischerweise eher älter sind», wie Ottacher sagt. Mittlerweile haben aber grossen Organisationen wie SOS-Kinderdorf, Unicef und Save the Children die Möglichkeit geschaffen, in Krypto zu spenden.

Beschleuniger der Demokratie

In der Verwendung zu einem Zeitpunkt, wo die Demokratie allenthalben unter Druck geraten ist, seien die Digital-Devisen mehr als nur nützlich, wie Ndinga von 21Shares zu bedenken gibt. Denn: virtuelle Währungen sind nicht zensurierbar, wie der Experte ausführt. Ihm zufolge sind es auch demokratiepolitische Überlegungen welche hinter dem «Web3» stecken, dem Projekt für die nächste Generation des Internet.

Der Besitz von Daten, Dienstleistungen und Produkten sind im Web3 dezentralisiert und deshalb nicht mehr in der Hand von Regierungen und wenigen Konglomeraten. In diesem Kontext gewinnt die Art, wie wir Zahlungen vornehmen, markant an Bedeutung, wie er weiter ausführt.

Doch kein Schlupfloch?

Diese löblichen Absichten scheinen aber schlecht zum Ruf der Token und Coins zu passen, wonach diese für die Umgehung von Sanktionen benutzt werden. Gerade sanktionierte Personen und solche, die vom Krieg in der Ukraine profitieren, könnten geneigt sein, die dezentralen Eigenschaften von Bitcoin & Co als Schlupflöcher zu nutzen. Damit stosse man beim Transfer grösserer Summen aber mittlerweile an Grenzen, glaubt man Ndinga. «Transfers von grösseren Summen werden über eine Börse abgewickelt, die aber wiederum der jeweiligen Aufsicht unterstellt sind.»

Changpeng Zhao, der chinesische Gründer der Krypto-Börse Binance, beteuerte gegenüber der Agentur «Bloomberg», dass diese Anbieter die gleichen KYC-Anforderungen und Geldwäschereinormen erfüllen müssten wie herkömmlichen Börsen.

Es sieht also ganz danach aus, dass zumindest in geopolitischen Krisen – sei es in Venezuela, dem Libanon oder eben der Ukraine – der Nutzen von Krypto-Anlagen deren möglichen Nachteile überwiegen. Dies auch für die Gesellschaft als Ganzes, wie das Beispiel der Hilfswerke zeigt.

 

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