Bitcoin Suisse: Was eine Trefferquote von 75 Prozent über die Kryptomärkte verrät

Von Bitcoin Suisse

Prognosen sind ein riskantes Geschäft, besonders im Kryptobereich. Dennoch publiziert Bitcoin Suisse Research jedes Jahr im Dezember einen Crypto Outlook Report mit klar überprüfbaren Vorhersagen. Am Jahresende folgt traditionell der Outlook Prediction Revision, ein Prozess, mit dem Bitcoin Suisse Verantwortung übernimmt und sich gelegentlich in Demut übt.

Für 2025 formulierten wir elf konkrete Erwartungen. Acht davon sind eingetroffen, drei nicht. Hinter diesem Resultat steckt ein klarer Zusammenhang: Die erfolgreichen Prognosen orientierten sich an institutionellen Entscheidungsprozessen mit klar identifizierbaren Akteuren.

Die These der staatlichen Reserven

Wir prognostizierten, dass die USA eine strategische Bitcoin-Reserve einführen würden. Im März 2025 folgte der entsprechende Executive Order: Washington stoppte die Versteigerung beschlagnahmter Bitcoins und deklarierte die Bestände als strategische Reserven. Texas, Arizona und New Hampshire folgten mit Programmen auf Bundesstaatsebene.

Was auf den ersten Blick wie kollektive Psychologie wirkt, ist in Wahrheit das Ergebnis von spieltheoretischen und geopolitischen Anreizen, die bereits Ende 2024 erkennbar waren: Die USA konnten es sich nicht leisten, China das Feld der digitalen Reserve-Assets zu überlassen. Einzelne Bundesstaaten wiederum sahen politische Vorteile in einer kryptofreundlichen Positionierung. Sobald staatliche Akteure nicht länger auf Basis der Stimmung, sondern durch strategische Interessen handeln, wird der Pfad vorhersehbarer.

Durchbruch bei institutioneller Infrastruktur

Ebenso korrekt war die Vorhersage, dass grosse Finanzinstitute eigene Ethereum-Layer-2-Rollups lancieren würden. Deutsche Bank, Robinhood, Sony und Ant Group lieferten alle in 2025. Visa (VTAP), Blackrock (BUIDL-Fonds) und SWIFT mit seinem tokenisierten Settlement-Pilot auf Linea bestätigten, was Partnerschaften und GitHub-Commits bereits seit 18 Monaten andeuteten.

Institutionen benötigen eigenständige Infrastruktur, nicht geteilte, öffentliche Netzwerke. Sie wollen die Sicherheit der Public Blockchains, aber ohne deren Governance-Risiken. Proprietäre Rollups bieten genau diese Kombination.

Sanfte Landung wird Realität

Auch die geldpolitische Prognose traf ein: eine weiche Landung mit mehr als 120 globalen Zinssenkungen, die Risikoanlagen unterstützten. Die Zentralbanken fanden eine Balance zwischen Inflationsbekämpfung und Wachstumssicherung, ein Umfeld, in dem Bitcoin über mehr als 180 Tage hinweg über 120’000 Dollar notieren konnte.

Die Volatilität normalisierte sich: Die 30-Tage-Volatilität sank von 51 Prozent auf 42 Prozent und lag damit unter jener von Nvidia oder Tesla. Bitcoin hat sich von einem Spekulationsobjekt zu einer institutionellen Assetklasse entwickelt.

Das waren keine prophetischen Eingebungen, sondern Mustererkennung: Zentralbanken geben ihre geldpolitische Richtung frühzeitig zu erkennen. Entwicklerteams veröffentlichen Roadmaps. Regulatorische Konsultationen haben Fristen. Institutionelle Partnerschaften folgen Beschaffungsprozessen. All das hinterlässt Spuren, die stimmungsgetriebene Märkte nicht bieten.

Eine Altcoin-Saison, die nie kam

Die drei verfehlten Prognosen zeigen die andere Seite des Bildes. Wir erwarteten eine klassische Altcoin-Saison mit einer Verfünffachung der Marktkapitalisierung alternativer Kryptowährungen, ausgelöst durch Retail-Rotation. Diese blieb aus.

Ja, einzelne Tokens performten im ersten Halbjahr 2025 überdurchschnittlich. Doch die breit angelegte Euphorie der Jahre 2017 und 2021 stellte sich nicht ein.

Wir gingen davon aus, dass institutionelle Kapital Wohlstandseffekte erzeugen würde, die in spekulative Phasen über tausende Tokens hinweg münden würden. Wir erwarteten, dass sich das Zyklus-Playbook wiederholt. Das tat es nicht.

NFTs blieben im Hintergrund

Auch die NFT-Prognose lag aus ähnlichen Gründen daneben. Wir erwarteten, dass höhere Kryptovermögen 2025 eine Renaissance digitaler Sammlerstücke auslösen würden. Blue-Chip-Floorpreise sollten steigen, getrieben vom gleichen Wohlstandseffekt wie 2021.

Die Annahme: neu wohlhabende Krypto-Investoren würden in digitale Kunst und Statussymbole diversifizieren. Doch die Aktivität blieb fragmentiert und rein spekulativ. Eine nachhaltige Nachfrage fehlte. Trotz deutlich höherer Vermögen kehrte die Begeisterung für «teure JPEGs» nicht zurück.

Das verfehlte Kursziel

Wir hatten zudem prognostiziert, dass Bitcoin bis Jahresende 180’000 Dollar erreicht. Die Richtung stimmte, da Bitcoin neue Rekorde setzte und sich klar in sechsstelligen Regionen etablierte, doch die Höhe wurde verfehlt. Märkte benötigen oft länger, um strukturelle Bewertungen zu erreichen. Der strukturelle Bullenmarkt bleibt intakt, aber das Timing ist schwieriger als die Richtung.

Diese Prognosen basierten auf der Annahme, dass institutionelle Adoption zwangsläufig in Retail-Begeisterung übergeht, wie in früheren Zyklen. Sie setzten voraus, dass der Wohlstandseffekt ein verlässlicher Mechanismus ist. Sie nahmen an, dass Stimmung vorhersehbar auf Preisbewegungen reagiert. Diese Annahmen erfüllten sich nicht.

Verändertes Marktgefüge

Die Auswirkungen dieser Verschiebung werden erst sichtbar. Die Retail-Beteiligung ist nicht verschwunden, das Kryptovermögen ist deutlich höher als im Vorjahr. Aber der Schwerpunkt des Marktes hat sich verlagert.

Infrastrukturentscheidungen treiben die Haupttrends. Regulatorischer Fortschritt schafft neue Felder. Technische Roadmaps zählen mehr als Social-Media-Sentiment. Die Preisbildung folgt zunehmend der Allokationslogik institutioneller Anleger, nicht länger der Dynamik von Fear & Greed im Retail-Segment.

Das bedeutet nicht, dass alte Muster dauerhaft verschwinden. Zyklen neigen dazu, zurückzukehren, sobald sich eine neue Marktstruktur etabliert hat. Sobald die institutionelle Adoption gesättigt ist, könnte auch der Retail-Sektor mit voller Kraft zurückkehren.

Die erwarteten Wohlstandseffekte sind womöglich nicht ausgeblieben, sondern verzägern sich einfach. Stimmungsgetriebene Rotationen könnten erneut auftreten, sobald Kapitalflüsse in den Alltag der Märkte übergehen. Für diesen Zyklus jedoch war klar: Institutioneller Rückenwind wog stärker als Retail-Euphorie.