Während das Pfund und britische Staatsanleihen abstürzen, erweist sich der Dollar zunehmend als «the only game in town». Doch die Dollar-Stärke verursacht auch wirtschaftliche Turbulenzen.

Die Bank of England (BoE) «beobachtet die Entwicklungen an den Finanzmärkten angesichts der erheblichen Neubewertung von Finanzanlagen sehr genau.» Inmitten eines historischen Ausverkaufs von Staatsanleihen und eines Rekordtiefs für das britische Pfund hat Grossbritanniens Notenbank-Gouverneur Andrew Bailey zu Wochenbeginn eine wenig überzeugende Rede abgegeben.

Er meldete sich zu Wort, ohne jedoch die in einem Finanzsturm notwendige Überzeugung zu zeigen. Offenbar war selbst der oberste britische Währungshüter etwas ratlos.

Grosses Versäumnis

Obwohl die Erklärung eine dringende Zinserhöhung nicht eindeutig ausschloss, schien sie darauf hinzudeuten, dass die BoE einen solchen Schritt für unwahrscheinlich hält. Die Märkte indes hatten eine gewisse Chance auf eine Zinserhöhung bereits am Montag eingepreist.

Bailey kündigte nun an, dass sich die Zentralbank erst auf ihrer nächsten plangemässen Sitzung vom 3. November mit dem Kursrutsch der Landeswährung beschäftigen werde. Das könnte sein grösstes Versäumnis gewesen sein, um für Beruhigung an den Märkten zu sorgen.

Ausverkauf in historischem Ausmass

Die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen ist allein im September um rund 140 Basispunkte in die Region von 4,1 Prozent gestiegen, was den grössten monatlichen Anstieg seit 1979 darstellt. Der grösste Teil des Staatsanleihen-Ausverkaufs fand in den letzten beiden Börsensitzungen statt, nachdem Grossbritanniens Finanzminister Kwasi Kwarteng am vergangenen Freitag das grösste Steuersenkungs-Paket seit den Siebzigerjahren vorstellte, zusammen mit weithin erwarteten Energiesubventionen.

Für Druck hatte zudem die Ankündigung gesorgt, dass die BoE mit dem Verkauf von Staatsanleihen beginnen wird, die sie im Rahmen früherer Programme zur quantitativen Lockerung erworben hatte. So erklärte die Notenbank, sie plane, den Umfang ihrer Bestände in den nächsten zwölf Monaten um 80 Milliarden auf 758 Milliarden Pfund zu reduzieren.

Stresstest wird zur Realität

Angesichts dieser Marktturbulenzen in Grossbritannien erscheint nun auch das diesjährige Stresstest-Szenario für die Banken, das die BoE am Montag vorstellte, zusehends plausibler zu werden. Es sieht unter anderem vor, dass der britische Leitzins Anfang 2023 rasch auf 6 Prozent steigt, bevor er allmählich wieder auf unter 3,5 Prozent fällt. Dieses Niveau wurde zwar als theoretischer Test festgelegt, ist inzwischen aber nicht mehr so weit hergeholt.

Weiter ist im Szenario vorgesehen, dass das britische BIP um 5 Prozent schrumpft, sich die Arbeitslosigkeit auf 8,5 Prozent mehr als verdoppelt und die Preise für Wohnimmobilien um 31 Prozent fallen.

Ungeahnter Höhenflug

Während das Pfund am Montag einbrach und China sich ein weiteres Mal bemühte, die Abwertung der Landeswährung Yuan zu verlangsamen, setzte der Dollar seinen Höhenflug fort. Der sogenannte Dollar-Index ist unterwegs zu seinem vierten monatlichen Anstieg in Folge. Seit Jahresbeginn ist er rund 19 Prozent gestiegen und verkehrt jetzt auf einem Mehrjahrzehnthoch.

Der Index misst die relative Stärke des «Greenbacks» gegenüber einem Korb von Fremdwährungen, der sich aus sechs verschiedenen Währungen zusammensetzt: Euro, Yen, britisches Pfund, kanadischer Dollar, schwedische Krone und Schweizer Franken. Im Jahr 2022 gab er bislang nur in einem Monat nach. Doch was gut für die USA ist, erweist sich als schlecht für die Weltwirtschaft.

Am Rand der Zahlungsunfähigkeit

Im Zuge der Finanzmarktturbulenzen hat der «Greenback» dieses Jahr erheblich von seinem Status als sicherer Hafen profitiert, da die Risikoprämien weltweit gestiegen sind. Zudem treibt die Entschlossenheit der US-Notenbank, die Inflation durch Zinsanhebungen energisch zu bekämpfen, die US-Währung in die Höhe. Die erstaunliche Dollar-Stärke stellt aber zusehends ein Problem für die Weltwirtschaft dar und verursacht rund um den Erdball Turbulenzen.

Schuldengeplagte Länder beispielsweise, die in der Tiefzinsphase Dollar-Kredite aufgenommen hatten, bringt der feste Dollar nun an den Rand der Zahlungsunfähigkeit. Er droht, ausländische Investitionen in Schwellenländern zu bremsen. Über hohe Preise für Energie und Rohstoffe, die meistens in Dollar abgerechnet werden, wird aufgrund steigender Importpreise auch in den reichen Industriestaaten Inflation «importiert».

Die US-Valuta ist Weltreservewährung und Leitwährung für einen Grossteil des Welthandels und der Handelstransaktionen. Einer Studie des Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge werden etwa 40 Prozent der weltweiten Transaktionen in Dollar abgewickelt, unabhängig davon, ob die USA daran beteiligt sind oder nicht.

Sicherer Hafen

In seinem Ausmass erscheint der Dollar-Anstieg übertrieben stark und überdehnt zu sein. Früher oder später wird eine Gegenbewegung einsetzen und die derzeitige Dollar-Stärke wohl in Tränen enden. Aber in einem von zahlreichen Unsicherheiten geprägten Wirtschaftsumfeld steht der Greenback für viele Anleger nach wie vor für Sicherheit und Stabilität.

Je unsicherer die weltweiten Markt- und Konjunkturaussichten sind, desto schwieriger ist es, den Dollar von seiner Stärke abzubringen.

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