Woran das Asset Management wirklich krankt
Die Anziehungskraft des Finanzplatzes Schweiz ist nach wie vor hoch: Fast monatlich drängen neue Asset Manager auf den Markt – alle wollen sich ein Stück des helvetischen Kuchens sichern. Das verschärft den Wettbewerb zusätzlich in einem Geschäft, in dem Margendruck ohnehin hoch ist.
Asset Management-Spezialist Christian Haas. (Bild: zVg)
«Es ist zu viel Stress im System. Einiges liesse sich vermeiden, und die tiefen Margen sind nicht das Kernproblem der Branche», sagt Christian Haas, Mitgründer von Eleway, einer auf Asset Management spezialisierten Beratungsfirma für Board & Executive Search sowie Organizational Development. Sie unterhält Büros in Zürich, St. Moritz, Frankfurt und London. Mit von der Partie ist unter anderem auch Arnaud Tesson, der frühere US-Leiter Asset Management bei Egon Zehnder.
Haas kennt die Branche von innen: Bevor er vor neun Jahren ins Headhunting einstieg, war er im Vertrieb bei Credit Suisse (Head of Institutional Business Development) und M&G Investments tätig.
Der gebürtige Engadiner identifiziert fünf strukturelle Schwächen, die Asset Managern das Leben schwer machen.
1. Die Branche ist für Talente kaum mehr attraktiv
Das Asset Management hat ein Reputationsproblem. «Es wird zunehmend schwieriger, wirkliche Talente zu gewinnen», sagt Haas. Heute zieht es viele High Potentials in den Private-Market-Bereich – dort locken schnellere Karriereschritte und höhere Gehälter. Ganz unschuldig an dieser Entwicklung sei die Branche nicht, wie der zweite Punkt zeige.
2. Es krankt an der Firmenkultur
«Leute zu entlassen erscheint vielen Asset Managern nach wie vor einfacher, als an der Firmenkultur zu arbeiten», so Haas. Das deckt sich mit den Einschätzungen anderer Headhunter wie Jonas Neff (BiermannNeff), der jüngst im finews.ch-Podcast betonte: «Die Finanzbranche hat die Talentförderung verschlafen.»
Haas ergänzt: «In den Betrieben ist viel die Rede von Purpose. Doch oft handelt es sich um eine leere Worthülse. Ein klarer Kompass ist aber entscheidend, um gerade auch schwierige Zeiten zu überstehen.»
3. Follower- statt Leadership
Die Wechselbereitschaft in der Branche ist hoch – und durch den Wegfall der Credit Suisse noch gestiegen. «So schnell die Leute weg sind, so rasch suchen sie bei Headhuntern auch wieder nach Rat», sagt Haas. Die Unzufriedenheit sei gross, die Ungeduld noch grösser. «Wir haben eine Follower- statt Leadership. Wer sich für ein neues Unternehmen entscheidet, sollte auch als Mitarbeiter eine Due Diligence seines künftigen Arbeitgebers machen.»
4. Noch zu viele fischen im selben Teich
Internationale Asset Manager wie Blackrock, Vanguard, Fidelity, J.P. Morgan Asset Management oder Capital Group dominieren den Markt. Mit ihrer Grösse können sie ganz andere Preisniveaus durchsetzen.
Kleinere Häuser haben nur Chancen, wenn sie sich spezialisieren oder über Übernahmen wachsen. «Der Konsolidierungsprozess ist in vollem Gange und noch lange nicht abgeschlossen», kommentiert Haas.
In der Schweiz verschärft sich die Lage zusätzlich: Viele Anbieter kommen bei UBS und Julius Bär derzeit nicht weiter. «Beide Institute sind mitten im Umbauprozess und agieren entsprechend zurückhaltend», erklärt Haas.
5. Private Markets werden nicht alle Probleme lösen
Private Markets gelten als Hoffnungsträger der Branche – doch Haas warnt vor überzogenen Erwartungen: «Natürlich sind die Fees höher als im Public-Bereich. Doch längst nicht alle werden davon satt.»
Wer jetzt erst aufspringe, riskiere, den Anschluss gleich wieder zu verpassen. «Das Geschäft ist komplex, viele Anlagen sind illiquide und damit für zahlreiche Investoren unattraktiv», hält er fest.