Der Finanzplatz Liechtenstein wird dank Nachhaltigkeit im Standortwettbewerb Plätze gut machen, ist der Geschäftsführer des Bankenverbands Simon Tribelhorn überzeugt. Regulierung sei dafür notwendig.


Herr Tribelhorn, der Liechtensteiner Finanzplatzes strebt in Richtung Nachhaltigkeit. Die EU arbeitet an einem Aktionsplan den Bereich nachhaltige Anlagen zu regulieren. Wie weit ist das Land, die kommenden Bestimmungen zu erfüllen?

Nachhaltigkeit ist keine Modeerscheinung, sondern primär eine Frage der Werte. Der Liechtensteinische Bankenverband (LBV) hat deshalb bereits 2011 ein Strategiepapier verabschiedet, in dem die Nachhaltigkeit als einer der drei Kernwerte definiert worden ist. Seither bearbeiten wir das Thema kontinuierlich und ebenso konsequent.

Nachhaltige Geldanlagen respektive «sustainable finance» haben in der Finanzbranche erst nach der Verabschiedung der Pariser Klimaziele sowie den nachhaltigen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen (SDGs) im Jahr 2015 so richtig Fahrt aufgenommen. Im Zuge dessen haben wir auf Ebene Verband im vergangenen Jahr in diesem Bereich einige Meilensteine erreicht – aber natürlich haben wir wie die gesamte Finanzindustrie noch einen langen Weg vor uns.

Was waren dies für Meilensteine?

Wir haben uns dem Financial Centre for Sustainability angeschlossen, einem internationalen Netzwerk für nachhaltige Geldanlagen. Zudem haben wir im Verband eine Nachhaltigkeits-Expertengruppe bestehend aus allen Mitgliedsbanken eingesetzt und damit die Voraussetzungen geschaffen, das Thema «sustainable finance» durch Erfahrungsaustausch oder «best practices» sowie durch Aus- und Weiterbildung auf dem Finanzplatz Liechtenstein fest zu verankern.

«Nachhaltigkeit ist eine Vertrauensfrage»

Schliesslich haben wir im vergangenen Jahr eine grosse, internationale Konferenz zu nachhaltigem Investieren durchgeführt und damit eine Plattform geschaffen, um Lösungen zur Finanzierung der Pariser Klimaziele sowie der SDGs zu diskutieren.

Die Bankbranche beklagt die Überregulierung – nun soll auch noch der Bereich Nachhaltigkeit reguliert werden. Ist das wirklich notwendig?

Es braucht eine Regulierung, wenn man sich die Dringlichkeit und Wichtigkeit der gesetzten Ziele von Paris und der Uno vor Augen hält. Die Regulierung bietet hierfür den nötigen Orientierungsrahmen und Rechtssicherheit. Nachhaltigkeit ist eine Vertrauensfrage. Wo Nachhaltigkeit draufsteht, muss auch Nachhaltigkeit drin sein.

«Wer nachhaltige Finanzprodukte vertreibt, sollte Nachhaltigkeit auch selber vorleben»

Es gibt schlicht keinen Platz für «green washing». Folglich braucht es Transparenz. Kurz: Im Bereich «sustainable finance» muss sich die Spreu vom Weizen trennen.

Und der EU-Aktionsplan sieht dies vor?

Ja, vorgesehen sind unter anderem Offenlegungspflichten sowie eine sogenannte Taxonomie...

... dabei handelt es sich um ein einheitliches Klassifikationssystem...

...für den gesamten europäischen Binnenmarkt mit entsprechenden Nachhaltigkeitskriterien.

Zahlreiche Banken und Asset Manager sind auf den Nachhaltigkeitszug aufgesprungen. Haben solche Anbieter nicht ein Glaubwürdigkeitsproblem, wenn sie als Unternehmen Nachhaltigkeit nicht so ernst nehmen, wie ihr nachhaltiges Produkteangebot?

Davon bin ich überzeugt. Wer nachhaltige Finanzprodukte vertreibt, sollte Nachhaltigkeit auch selber vorleben.

«Nachhaltigkeit wird ein Faktor im Standortwettbewerb»

Dabei ist Leadership wichtig. Sie muss von oben vorgelebt werden und sich über die gesamte Wertschöpfungskette im Unternehmen erstrecken.

Wie stark verfolgen die Liechtensteiner Banken diese Strategie?

Die Mitgliederbanken haben die Verbandsstrategie gemeinsam verabschiedet; sie ist also breit und gut abgestützt. In der Ausprägung und in der Geschwindigkeit der Umsetzung gibt es natürlich Unterschiede. Die LGT darf man dabei sicherlich als Vorreiterin – national und auch international – bezeichnen.

Hat der Verband an die Mitgliederbanken Vorgaben gemacht?

Nein, das sehen wir momentan nicht als unsere Aufgabe. Vielmehr möchten wir die Banken im Hinblick auf die kommende EU-Regulierung bei der Erfüllung der Vorgaben unterstützen. Ziel in diesem Jahr ist es zudem, mit allen Banken eine Art Bestandesaufnahme im Nachhaltigkeitsbereich zu machen.

Besteht auch die Absicht, mittels Nachhaltigkeit den Finanzplatz Liechtenstein insgesamt wettbewerbsfähiger zu machen?

Ich bin überzeugt, dass Nachhaltigkeit und nachhaltige Geldanlagen relevante Faktoren im Standortwettbewerb sind und einen grossen Einfluss auf die Zukunftsfähigkeit des Finanzplatzes und der einzelnen Institute haben werden.

Nachhaltiges Investieren bedingt auch Know-how. Wie kommt der Finanzplatz Liechtenstein an Talente?

Wir profitieren vom Bildungssystem und der -landschaft der Schweiz, in die Liechtenstein sehr gut eingebettet ist. Liechtenstein verfügt aber auch über eine Universität, wo Nachhaltigkeit ebenfalls ein grosses Thema ist.

«Von Konsolidierung würde ich nicht sprechen»

Entsprechend konnten wir beobachten, dass die einzelnen Institute in den Bereich Nachhaltigkeit deutlich mehr Ressourcen investieren – auch in die Ausbildung von Personal.

Wie hat sich der LBV in der laufenden Konsolidierung bezüglich Mitgliederzahl entwickelt?

Wir haben aktuell 13 Mitglieder, in den vergangenen drei Jahren also zwei Mitglieder verloren...

Welche sind das?

Die Centrum Bank ist von der VP Bank übernommen worden, und Vontobel Liechtenstein ging an die Kaiser Partner Privatbank. Von Konsolidierung würde ich aber nicht sprechen. Denn wichtiger als die Mitgliederzahl als Gradmesser für die Entwicklung eines Finanzplatzes ist für uns die Anzahl Mitarbeiter und jene der verwalteten Vermögen.

Wie haben sich diese entwickelt?

Sehr positiv, der letzte Stand der verwalteten Vermögen lag bei knapp 300 Milliarden Franken. Vor dem EWR-Beitritt im Jahr 1995 lag er bei rund 50 Milliarden Franken. Und auch der Personalbestand konnte in den vergangenen Jahren sehr stabil bei rund 2'000 Mitarbeitenden gehalten werden.

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