Gegenüber der Öffentlichkeit war von alledem nicht die Rede. Die Auflösung Signacs ging klammheimlich über die Bühne, die Arbeit wurde von Palantir fortgesetzt – teilweise von denselben Leuten, wie die E-Mails in Grahams Gerichtsunterlagen zeigen.

Erst ein Jahr später, äusserte sich die Bank wieder öffentlich darüber. Gegenüber finews.ch sagte eine Sprecherin, Signac gebe es nicht mehr. Im Dezember desselben Jahres zeigte Thiam vor Investoren eine Folie, wonach die CS erst seit 2017 an der holistischen Überwachung der Händler arbeitete.

Produkt ausgemustert

Dabei erwähnte der CS-Chef nur Palantir – «einige der gescheitesten Köpfe im Silicon Valley» – während Signac nicht mehr vorkam. Bei der Bank heisst es heute, sie habe die Software mit Palantir von Grund auf entwickelt und dafür keinerlei geistiges Eigentum von Signac verwendet.

Angesichts der veröffentlichten E-Mails scheint aber unwahrscheinlich, dass sie das teure «Minimum Viable Product» (MVP) des Gemeinschaftsunternehmens einfach entsorgte. Neben der vorgeworfenen Drangsalierung durch die CS ist der Wert dieses Produkts ein weiterer Streitpunkt zwischen Graham und den Firmen.

Extrem wertvoll

Die Signac-Chefin will sie für ihren Anteil an einer Tech-Firma entschädigt werden, die für das fertige Produkt von der CS über mehrere Jahre insgesamt 100 Millionen Dollar erhalten hätte – und dieses dann an weitere Banken lizenzieren wollte. Palantir-Chef Alex Karp habe einst von einer Bewertung von bis zu 4 Milliarden Dollar für Signac gesprochen, heisst es aus Grahams Lager.

«Das Signac-Produkt, inklusive der holistischen Trader-Überwachung, war und ist extrem wertvoll», sagt die glücklose Startup-Chefin selbst. «Ich dachte immer, dass es wertvoll war. Alle dachten das.»

Energischer Widerstand

Dass ihr Anteil nie bewertet wurde, ist Teil der Vorwürfe, die derzeit vor einem US-Gericht hängig sind. Sie hat sich damit bereits zum zweiten Mal auf den Gerichtsweg begeben, wogegen die CS energisch Widerstand leistet.

«Die Credit Suisse hat gründliche und umfassende interne Untersuchungen zu jeder von Frau Grahams Behauptungen durchgeführt und diese haben sich als völlig haltlos herausgestellt», schrieb eine Sprecherin auf Anfrage. «Wir werden uns in dieser Sache weiterhin energisch verteidigen und diese Vorwürfe vor jeder Instanz widerlegen.»

Extrem unglücklich

Transparenz über die wahren Gründe der Auflösung schafft die Bank allerdings bis heute nicht. Die Signac-Lösung wird in den veröffentlichten Mails einmal als «grossartig» bezeichnet, andernorts heisst es, Warner sei «extrem unglücklich».

Während man bei Signac daran arbeitete, auf den Termin im Mai mit dem MVP fertig zu werden, trieben Palantir- und CS-Angestellte im Frühling 2017 hinter dem Rücken Grahams die Auflösung von Signac voran. Zugleich suchte die CS nach Wegen, weniger Kapital für operative Risiken halten zu müssen — wobei auch funktionierende Überwachungs-Software geholfen hätte.

Enge Verbundenheit

Diese wurde allerdings nie bei der CS eingeführt. Stattdessen wurde Signac gegen den Widerstand Grahams geschlossen, ein grosser Teil der Angestellten wechselte zu CS und Palantir, wo sie dieselben Ziele weiterverfolgten.

Warner und Thiam blieben Palantir und Karp trotz der Unzufriedenheit mit dem Joint Venture eng verbunden – heute verdanken sie der Firma die «Single Client View». Zudem dürfte die ehemalige Investmentbankerin wohl einen Teil des Erfolgs für sich beanspruchen, falls die CS dereinst bei einem Palantir-Börsengang mittun darf.

Angekratztes Image

Ihre Verwicklung in die Widersprüche um Signac kratzen allerdings am Image der erfolgreichen Managerin und engen Beraterin von Thiam. Hinzu kommt der Vorwurf, sie sei an der Überwachung einer aufmüpfigen Ex-Mitarbeiterin beteiligt gewesen.

Die CS verneint zwar, damit etwas zu tun zu haben. Trotzdem gewann Grahams Behauptung durch die Entlassung von Operativchef Pierre-Olivier Bouée für die Beschattung von Iqbal Khan und Peter Goerke an Glaubwürdigkeit.

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