Die Schweizer Banken seien an einem Wendepunkt angelangt. Sie seien nicht mehr die Besten, während die grossen Technologiekonzerne immer mehr bestimmen würden, was Banking sei, sagt Finanzexperte Rino Borini im Interview auf finews.tv

Rino Borini versteht sich nicht als notorischer Kritiker der Banken, selbst wenn er regelmässig hart mit ihnen ins Gericht geht. «Ich möchte sie vielmehr wachrütteln, denn sie sind nicht (mehr) die Besten» sagt er im Interview mit finews.tv.

Die Kundenvermögen der Banken hätten in den vergangenen Jahren dank der Börsenhausse zwar weiter zugenommen, doch gleichzeitig seien die Erträge aus dem Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft eingebrochen, betont der Finanzspezialist und Medienunternehmer, der auch die grösste Fintech-Messe der Schweiz, die Finance 2.0, organisiert.

«Mit harter Arbeit hat das nichts mehr zu tun. Die Wertschöpfung hat eindeutig abgenommen», erklärt Borini und bedauert dies, denn die DNA der Schweiz sei das Banking: «So gesehen sollten wir in den Top-3 der Champions League spielen. Aber das tun wir nicht.»

Geschäftsmodelle überdenken

Die Ursache für diesen Niedergang sieht Borini in der Tatsache, dass es den Banken nach wie vor zu gut gehe. Ausserdem würden sie sich hinter dem Regulator verstecken und über die Negativzinsen klagen. «Dabei wissen wir seit mittlerweile fünf Jahren, dass es Negativzins gibt und es wohl noch eine ganze Weile so weitergehen wird», so der Fachmann.

Insofern wäre es für die Banken höchste Zeit, an ihren Geschäftsmodellen zu arbeiten. «Die Bank von morgen ist nicht die Bank von heute, und morgen ist schon da», schlägt Borini Alarm und wünschte sich, dass die Schweizer Geldhäuser vermehrt über den Tellerrand hinausschauen würden – nach Asien, in die USA, nach Russland oder Holland.

«Mindset» fehlt

Es werde (hierzulande) zwar bereits viel getan, aber nicht mit der vollen Konsequenz, «wie wir dies als Anspruch haben sollten», sagt Unternehmer. In Sachen Digitalisierung fehle in vielen Banken das «Mindset».

«Man versteht den Unterschied nicht, zwischen Digitalisierung als Pflicht und dem digitalen Wandel im Sinne einer tiefgreifenden Transformation. «Es fehlt die Vorstellungskraft, was Technologie in Zukunft alles bewegen wird».

Banking soll den Menschen helfen

Um das zu veranschaulichen, nennt Borini das Beispiel Alipay. Das sei keine Bank, sondern eine Lifestyle-App. «Dahin müssen wir kommen. Banking soll den Menschen helfen, ihr Vermögen besser zu verwalten und bessere Anlageentscheide zu fällen.

Alibaba-Gründer Jack Ma habe einmal gesagt: «Wenn sich die Banken nicht ändern, werden wir sie ändern.» «Wir sind genau an diesem Punkt angelangt. Die Big Techs bestimmen mehr und mehr das Banking», sagt Borini und rät den hiesigen Finanzinstituten, sich gründlich zu überlegen, mit welchen Elementen der Wertschöpfungskette sie noch einen Mehrwert liefern könnten.

«Zu glauben, dass die knapp 250 noch existierenden Schweizer Banken alle überleben werden, ist völlig illusorisch», so Borini.

 

 

 

 

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