Die Credit Suisse hat sich bis vor Bundesgericht gegen den Prüfer gewehrt, den die Finanzaufsicht nach dem Spitzel-Skandal einsetzte. Nun legt die Behörde die Verschleierungs-Taktiken der Grossbank schonungslos offen.

Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) geht im abgeschlossenen Enforcement-Verfahren hart ins Gericht mit der Credit Suisse (CS): In der Beschattungsaffäre rund um den ehemaligen Top-Manager Iqbal Khan stellte sie am Dienstagabend gravierende Mängel, ja gar Verschleierungs-Taktiken fest – und zeigt auf, dass die Bespitzelungen bei der Grossbank noch umfassender waren als bekannt.

Wie auch finews.ch vermeldete, hat die Finma nun im Nachgang des «Spygate» bei der CS neue Enforcement-Verfahren gegen drei Personen eröffnet. Die Personalien bleiben geheim. Der Finma-Bericht zum Verfahren zeigt jedoch, dass die Behörde den ehemaligen Führungszirkel bei der Bank in der Verantwortung sieht: «Die Observationen, insbesondere die Art und Weise wie sie durchgeführt, geheim gehalten und teils verschleiert wurden, zeugen von einer unangemessenen Unternehmenskultur bei Teilen der damaligen operativen Führung», hielt die Behörde fest.

Abgänge zuhauf

Nach Bekanntwerden der Beschattung von Khan und des ehemaligen CS-Personalchefs Peter Goerke musste der damalige operationelle Chef der Bank Pierre-Olivier Bouée Ende 2019 seinen Posten räumen, der als Urheber der Bespitzelungen ausgemacht worden war. Zuvor war schon der Sicherheitschef des Instituts entlassen worden. Vor dem Hintergrund der Beschattungsaffäre nahm schliesslich auch der damalige CEO Tidjane Thiam im Februar 2020 den Hut.

Urs Rohner, unter dessen Ägide sich die Vorgänge abspielten, schied vergangenen April als Präsident der Bank aus. Die Finma hat im Verfahren nun zwei weitere Personen gerügt.

Vor Bundesgericht abgeblitzt

Die Schelte der Finma an die Adresse der (Ex)-Führung der Bank steht im Kontrast zum gewagten Kurs, den die CS im behördlichen Verfahren angestrengt hatte: Thomas Werlen von der Anwaltskanzlei Quinn Emanuel, den die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) bei der Bank zur Aufarbeitung der «Spygate»-Affäre eingesetzt hatte und der die Vorarbeit zum Enforcement-Verfahren leistete, war Präsident Rohner nicht genehm. Die CS war gegen Werlen als Prüfungsbeauftragten, weil er in einem anderen Fall Gläubiger der Bank vertreten hatte – und zog mit dem Einwand bis vors Bundesgericht.

Sich in einer sowohl operativ wie auch für den Ruf des Unternehmens dermassen heiklen Angelegenheit offen gegen den Regulator zu stellen, nimmt sich wie ein Hasardspiel aus, dass in anderen Jurisdiktionen wohl keine Bank wagen würde. Tatsächlich ging der Plan für das Institut nicht auf. Vergangenen Februar blitzte die CS bei der obersten gerichtlichen Instanz im Land ab. Das Bundesgericht hielt lakonisch fest, die Finma sei als Aufsichtsbehörde in diesem Fall nicht völlig unparteiisch, also müsse dies ihr Prüfungsbeauftragter Werlen auch nicht sein.

Kosten kaschiert

Schon fast mit Gusto zeigt nun der Enforcement-Bericht der Finma das ganze Ausmass der Bespitzelungen bei der CS auf. Die Untersuchungen legen offen, dass die Bank nicht nur Khan und Goerke beschattete, sondern im Zeitraum zwischen 2016 und 2019 insgesamt sieben Observationen plante und grösstenteils auch durchführte. Observiert wurden in zwei Fällen Geschäftsleitungs-Mitglieder in der Schweiz und sowie damalige Mitarbeitende und Drittpersonen im Ausland.

Nun wird klar, dass bei den Beschattungen nicht nur nicht kontrolliert, sondern aktiv verschleiert wurde. Entgegen den bankinternen Weisungen wurden etwa Text-Messaging-Dienste eingesetzt, in einem Fall wurde eine Rechnung nachträglich abgeändert, um die Kosten für eine Observation zu kaschieren. Umgekehrt hatte die damalige Geschäftsleitung durchaus Kenntnisse von Beschattungen. So seien mehrere Mitglieder des Managements über die Planung einer Observation einer angestellten Person in Asien im August 2019 informiert gewesen, hält der Finma-Bericht fest.

Geläuterte CS?

Ebenfalls wird nicht verschwiegen, dass die damalige CS-Spitze selber externe Messaging-Dienste, die sich den Kontrollen der Bank entzogen, nutzte. «Dies stand im Widerspruch zu internen Weisungen und zu der von Führungskräften erwarteten Vorbildfunktion», findet die Aufsicht.

In ihrer Reaktion auf den Bericht zeigte sich die CS unter aktueller Führung geläutert. «Die Credit Suisse verurteilt alle ungerechtfertigten Observationen und hat eine Reihe von Massnahmen getroffen, wobei Observationen untersagt sind, sofern sie nicht aus zwingenden Gründen, wie eine Gefährdung der physischen Sicherheit von Mitarbeitenden, erforderlich sind», erklärte sie am Mittwoch.

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