Lombard Odiers Tech-Offensive

Lombard Odier verfolgt bei der Weiterentwicklung ihrer IT-Systeme einen bewusst differenzierten Ansatz: Eigenentwicklungen dort, wo sie einen strategischen Vorteil bringen, Marktlösungen, wo es keinen spezifischen Mehrwert gibt. 

Diese Philosophie wurzelt tief in der Tradition der Genfer Privatbank, wie Geoffroy De Ridder, Head of Technology & Operations und Teilhaber bei Lombard Odier sagt: «Unsere Partner waren visionär. Sie haben früh entschieden, Technologie als strategischen Pfeiler im Haus zu behalten», sagt er beim Treffen mit finews.ch.

Geoffroy De Ridder. (Bild: zVg)

Vor fünf Jahren, hat Lombard Odier die Modernisierung seines Kernsystems G2 im Rahmen eines auf sieben Jahre ausgelegten Programms namens GX begonnen. Nun ist die schwierigste Phase abgeschlossen: Legacy-Systeme wurden abgelöst, Kernprozesse im Backoffice modernisiert und neue Front-End-Plattformen für Berater stehen vor dem Roll-out. 

Ernüchternde Erkenntnis mit marktgängigen Lösungen

Für Bereiche wie Zahlungsverkehr oder Stammdaten-Management setzt Lombard Odier bewusst auf marktgängige Lösungen. Die Erfahrung mit diesen «Best-of-Breed»-Systemen ist ambivalent. «Was der Markt bietet, kann durchaus weniger beeindruckend sein als erwartet. Unsere eigene IT ist extrem stark. Das spüren wir gerade im direkten Vergleich», sagt De Ridder. 

Der Grund: Viele IT-Spezialisten sind seit Jahren im Unternehmen und kennen die Geschäftsprozesse der Bank bis ins Detail. «Unsere IT-Leute verstehen das Bankgeschäft so gut wie die Banker selbst», sagt De Ridder. Diese Nähe zum Business, kombiniert mit hoher technischer Kompetenz und kurzen Entscheidungswegen, schaffe ein einzigartiges Setup. 

Kurze Erneuerungszyklen 

Technologisch steht die gesamte Branche vor der Herausforderung, ihre IT-Architektur so zu gestalten, dass sie extrem kurzen Obsoleszenzzyklen standhält. «Früher arbeitete man bis zu 20 Jahre mit der gleichen IT bzw. Technologie-Lösung. Heute können wir schon froh sein, wenn sie vier Jahre hält», sagt De Ridder. 

Die Lösung: Eine modulare Architektur mit standardisierten Grundbausteinen, auf denen sich flexible und anpassungsfähige Komponenten entwickeln lassen – inklusive KI-Funktionen.

Lombard Odier investiert viel in Schulung

Künstliche Intelligenz spielt bei Lombard Odier eine zunehmend wichtige Rolle. Drei Bereiche bieten interessante Anwendungsmöglichkeiten: Effizienzsteigerung bei der Kundenberatung durch KI-unterstützte Kommunikation und Assistenten, Integration von KI in bestehende Softwarelösungen (z. B. Microsoft, GitHub Copilot), sowie gezielte Innovationen im Tech-Bereich. So wurde Lombard Odier etwa von MongoDB als einer von zwei Partner weltweit für eine komplexe KI-gestützte Migrationsapplikation ausgewählt. De Ridder sieht in der Kooperation einen Beleg für den technologischen Reifegrad von Lombard Odier.

KI muss gemanagt werden. Die Verantwortung für den Output bleibe letztlich immer beim Menschen.

Stets mindestens einen Schritt voraus sein

Die Fähigkeit, technologische Trends früh zu antizipieren, sieht Lombard Odier als Pflicht. Insbesondere für IT-Führungskräfte sei es heute unerlässlich, ein bis zwei Schritte voraus zu sein – auch im Vergleich zu anderen Privatbanken.

Dabei profitiert Lombard Odier davon, dass die Privatbank ihre Plattform auch anderen Banken anbietet – darunter Bordier oder Quintet. Diese sogenannte BPO-Struktur bedeutet, dass IT und Operations nicht nur für die eigene Bank, sondern auch für Drittbanken betrieben werden. Die daraus resultierende Komplexität ist enorm und erfordert ein hochqualifiziertes Team, wird aber durch Skalierungseffekte mehr als kompensiert. «Wir investieren nicht nur in Technologie, sondern auch in Menschen und geben ihnen den Freiraum, den sie brauchen», sagt er.  

Das Resultat: ein Tech-Umfeld, das äusserst attraktiv für Talente ist. De Ridder: «Wer spannende Aufgaben und ein entwicklerfreundliches Umfeld sucht, ist bei uns genau richtig».