Der in Moskau geborene Este German Lilleväli hinterfragt traditionelle Anlagestrategien mit Hilfe von Algorithmen. Nun will er mit GL Asset Management von der Schweiz aus expandieren.


Herr Lilleväli, Ihre Anlagestrategien beruhen auf Algorithmen. Welchen Vorteil haben solche Konzepte gegenüber herkömmlichen Strategien?

Fundamentalanalysen bewerten ein Unternehmen oder beurteilen dessen potenzielles Wachstum, wenn es unter- oder überbewertet ist. Die klassische Portfoliotheorie ermöglicht zudem eine Definition der optimalen Exposure. Ein auf mathematischen Modellen beruhender Algorithmus hingegen, erlaubt die eindeutige Bestimmung des Punktes und der Ebene der Position und ihres weiteren Managements.

Mit Ihren Algorithmen nutzen Sie Marktanomalien oder sogenannte Fehlbewertungen. Was ist das?

Es kommt häufig vor, dass Anleger auf Ereignisse oder Nachrichten überreagieren und auf diese Weise spekulative Marktschwankungen verursachen. Unser Hauptziel ist es, solche Marktanomalien zu erkennen. Statistiktools helfen uns, diese Bewegungen aufzuspüren.

«Alle unsere Positionen sind marktneutral»

Ein weiterer Filter ist die genaue Fundamentalanalyse des Unternehmens, dank derer wir in der Lage sind, eine vorübergehende Korrektur von einem sich neu entwickelnden Trend zu unterscheiden. Es gibt jedoch eine ganze Reihe von Trading-Strategien, die unter diese Definition fallen.

Was uns unterscheidet, ist ein nachhaltiges Zero-Beta-Marktportfolio. Anders gesagt: Wir versuchen Portfolios zu bilden, die sich neutral gegenüber den Marktbewegungen verhalten.

Heisst das, dass makroökonomische Faktoren für Sie irrelevant sind?

Ja, und darüber hinaus sind alle unsere Positionen marktneutral, dass heisst, Short- und Long-Positionen halten sich die Waage. Durch diesen Ansatz verleihen wir unserem Portfolio zusätzliche Immunität gegenüber ungünstigen makroökonomischen Faktoren, bewahren uns aber gleichzeitig die Möglichkeit, an den Preisbewegungen innerhalb eines Paars zu verdienen.

«Nein, das Unternehmen ist kein Hedgefonds im eigentlichen Sinne»

Ein Paar, also eine Kombination aus Aktien zweier Unternehmen mit praktisch identischen Geschäftsmodellen, bildet die Grundlage unserer Strategie. Selbstverständlich gibt es dabei zahlreiche Feinheiten und Nuancen, beispielsweise bei der Implementierung des Risikomanagements, um unsere Führungsposition zu sichern, dennoch bildet das Pair-Trading die Grundlage unserer Trading-Strategie, die wir auch auf den GL Algomatica Fonds anwenden.

Ist Ihr in Zürich ansässiges Unternehmen GL Asset Management ein Hedgefonds?

Nein, das Unternehmen ist kein Hedgefonds im eigentlichen Sinne, auch wenn einige seiner Parameter denen eines Hedgefonds ähneln. Die wichtigsten Merkmale, die uns von einem Hedgefonds unterscheiden, sind: Sämtliche unserer Fonds sind regulierte Luxemburg-Fonds, wohingegen klassische Hedgefonds unreguliert sind. Zudem legen wir wöchentlich einen Bericht vor, und Anleger haben, ebenfalls wöchentlich, die Möglichkeit sich auszahlen zu lassen.

Wer ist Ihre Zielgruppe?

Unsere Produkte sind auf qualifizierte Anleger, vermögende Privatkunden (High-Net-Worth-Individuals, HNWI), sehr vermögende Privatkunden (Ultra-High-Net-Worth-Individuals, UHNWI), Verwalter von Familienvermögen, Fremdvermögen und institutionelle Anleger ausgerichtet. Wir arbeiten nicht im Retailbereich.

«Neben der Zentrale in Zürich haben wir Filialen in Genf, London, Limassol und München»

Wir haben die Genehmigung mit Anlagevermögen ab 125'000 Euro zu arbeiten aber unserer Erfahrung nach investieren die meisten unserer Kunden ab einem Anlagebetrag von 500'000 Euro.

Wie sieht die Personal- und Organisationsstruktur Ihres Unternehmens aus?

Wir verfügen über 17 hochqualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von denen die meisten auf mehr als 20 Jahre Erfahrung im Investmentbereich zurückblicken. Neben unserer Zentrale von GL Asset Management in Zürich haben wir Zweigstellen in Genf, London, Limassol und München.

Welche Entwicklungspläne haben Sie?

Wir bleiben unserer Philosophie treu und werden Anlegern weiterhin marktneutrale Anlageinstrumente anbieten. Zu diesem Zweck stellte GL Asset Management unlängst ausgewählten Marktteilnehmern und qualifizierten Investoren in Genf und Zürich statistische Arbitragemodelle vor.

«Durch eine Erweiterung des Teams wollen wir unsere Erfahrung und Expertise ausbauen»

Wir haben unseren Investmentansatz veranschaulicht und dabei unsere Instrumente wie GL Statistical Arbitrage und die GL Equity Long/Short-Strategie erklärt. Das Feedback von Vertretern der Investment-Community war sehr gut.

Durch eine Erweiterung unseres Teams wollen wir auch unsere Erfahrung und Expertise ausbauen. Wir sind ständig auf der Suche nach einzigartigen Experten, die eine laufende Verbesserung unserer Anlagemodelle gewährleisten. Darüber hinaus möchten wir international weiter expandieren. Die Nähe zu potenziellen Kunden ist ein Leitgedanke für das Wachstum unseres Unternehmens.

Angeblich gehört es zu Ihren Lebensprinzipien, traditionelle Denkweisen in Frage zu stellen. Was heisst das konkret?

Unabhängig vom Tätigkeitsbereich gilt: Einen Durchbruch erzielt man nur dann, wenn man eingefahrene Denk- und Verhaltensweisen kritisch prüft. Mit den marktneutralen Strategien ist ein solcher Durchbruch gelungen.

«Innovatives Denken half uns auf der Suche nach einem anderen Weg»

Diese basieren auf einem radikal neuen Ansatz, in dem Methoden der statistischen, technischen und Fundamentalanalyse mit komplexen Algorithmen kombiniert werden und dies auf der Grundlage neuester Entwicklungen im Bereich künstlicher Intelligenz und der integrierten Verarbeitung von Marktdaten.

Viele Investmentgesellschaften bieten standardmässige Vermögensverwaltungsmodelle an. Uns waren die Stärken und Schwächen dieser Modelle von Anfang an klar und wir wussten, dass wir unserer Strategie folgen mussten, um das Kapital unserer Kunden zu bewahren und zu vermehren.

Bei Markteintritt war uns bewusst, dass Investoren in erster Linie an Stabilität und Sicherheit gelegen ist. Innovatives Denken half uns auf der Suche nach einem anderen Weg als dem der herkömmlichen Aktieninvestments, und wir konnten uns auf die Entwicklung des marktneutralen Ansatzes konzentrieren, der unseren Kunden eine stabile Rendite bei geringem Risiko beschert.


German Lilleväli ist deutsch-estnischer Abstammung und wurde in Moskau geboren. Sein Vater stammt aus einer deutschen Familie namens Blumfeldt. Der Familienname Blumfeldt wurde in den 1920er-Jahren in Lilleväli übersetzt. Der 53-jährige Lilleväli hat seine Geschäftstätigkeit in den 1990er-Jahren aufgenommen und war auch auf den europäischen Märkten tätig.

Im Jahr 1996 konzentrierte er sich auf die Investmentbranche, als er eine Zusammenarbeit mit seinem europäischen Verwandten Werner Blumfeldt im Rahmen eines Familienunternehmens einging. Im Jahr 2013 übernahm Lilleväli die Geschäftsleitung und führte die Vermögenswerte mit denjenigen der GL Financial Group zusammen. GL Asset Management mit Sitz in Zürich ist Teil der heutigen Gruppe und auf marktneutrale Investmentstrategien spezialisiert.

 

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
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  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.19%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
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  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
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  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
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  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
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